Bischof Joseph Bonnemain betet mit Bruder-Klaus-Brustkreuz für den Frieden
Die Schweizer Ökumene hat im Berner Münster für den Frieden in der Ukraine gebetet. Bischof Joseph Bonnemain erschien mit Bruder-Klaus-Brustkreuz – eine Erinnerung an den Schweizer Friedensfürsten. Die oberste Reformierte Rita Famos bat um «Frieden und Gerechtigkeit für die Ukraine, die Unterdrückten in Russland und für die ganze Welt».
Raphael Rauch
Die Welt ist voller Ungleichzeitigkeiten. Während Frühlingsgefühle die Berner Altstadt durchströmen, sterben Menschen in der Ukraine. Vor dem Berner Münster tobt die Fasnacht. Es geht um Konfetti und nicht um Kanonen.
Mit dabei: Bischof Jean-Marie Lovey und Abt Urban Federer
Die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz (AGCK.CH) hat ins Berner Münster eingeladen. Die Vertreterinnen und Vertreter der Schweizer Ökumene müssen sich durch einen Fasnachtsumzug kämpfen, um zum Hauptportal zu gelangen.
Bischof Joseph Bonnemain vertritt als Ökumene-Verantwortlicher die Schweizer Bischofskonferenz. Die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Rita Famos, ist ebenso dabei wie der christkatholische Bischof Harald Rein und weitere Vertreterinnen und Vertreter. Von der Schweizer Bischofskonferenz sind auch der Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey, der Einsiedler Abt Urban Federer, Generalsekretär Davide Pesenti und Migratio-Direktorin Isabel Vazquez anwesend.
Eine Reliquie des Schweizer Friedensfürsten Bruder Klaus
Bischof Joseph Bonnemain erscheint mit dem Brustkreuz, das ihm der emeritierte Weihbischof Peter Henrici geschenkt hatte. Es enthält eine Reliquie des Schweizer Friedensfürsten Bruder Klaus.
Die inoffizielle Hauptrolle haben an diesem Nachmittag jedoch die Menschen aus der Ukraine. Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind und Teile der Liturgie übernehmen. Oder der Priester Nazar Zatorskyy. Der Ukrainer ist Mitglied der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche.
Nazar Zatorskyy überragt selbst den obersten Schweizer Martin Candinas
Gegenüber kath.ch hatte Nazar Zatorskyy berichtet, dass er seit einem Jahr Seelsorger im Ausnahmezustand sei: «Ich fühle mich kurz vor einem Burnout.» Davon ist am Freitagnachmittag nichts anzumerken. Mit seinen zwei Metern überragt er auch den aktuell obersten Schweizer: Nationalratspräsident Martin Candinas.
Der Bündner Katholik erinnert an die Genfer Konventionen und an die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. «Sie sind Ausdruck und Folge unserer jüdisch-christlich-abendländischen Wertetradition, welche die Würde des Menschen ins Zentrum stellt», sagt Martin Candinas. «Diese Dokumente stehen für die Zivilisation und sind Schriftstücke gegen die Barbarei.»
Rita Famos äussert sich politischer
Martin Candinas belässt es bei diplomatischen Worten. Auf die Kritik des Auslands, die Schweiz bremse zu sehr bei Rüstungsexporten, geht er nicht ein. Stattdessen sagt er: «Kollektives Handeln beginnt immer mit individuellen Taten. Kleine Flüsse werden zu grossen Strömen.» Der Gottesdienst sei «ein erster Schritt, damit sich unsere Hoffnung verwirklichen möge: Dass der Krieg in der Ukraine bald zu Ende geht.»
Die oberste Reformierte Rita Famos äussert sich politischer: «Wir halten gemeinsam an beidem fest: an unserer Sehnsucht nach Gerechtigkeit und an der biblischen Vision des Friedens. Beides gehört zusammen.»
Ratschläge können überheblich sein
Rita Famos betont: «Gebet führt ins Handeln. Wir nehmen Menschen auf, die bedroht sind. Wir lernen, dass es echte Menschlichkeit nicht ohne Positionierung geben kann.»
Zugleich warnt sie vor einer Eskalierung der Debatte: «Auf dem Weg zum Frieden haben wir auch zu lernen, wann wir schweigen sollten, wann unsere Ratschläge Überheblichkeit sind und unsere Meinungsbeiträge in sozialen Medien Gräben aufreissen, in denen nichts als Leere ist.»
Russisch-orthodoxer Priester: Gott ist «Vater und Mutter»
Die Fürbitten halten eine Überraschung bereit. Ausgerechnet der Priester der russisch-orthodoxen Kirche trägt eine Fürbitte vor, in der von Gott als «Vater und Mutter» die Rede ist. Dabei stört sich Patriarch Kyrill sonst an gendergerechter Sprache. Die Gräben, von denen Rita Famos zuvor gesprochen hatte, scheinen sich bereits in den Fürbitten ein wenig zu schliessen.
Nach Vaterunser und Segen entzünden die Menschen im Berner Münster eine Kerze und stecken diese in ein grosses Holzkreuz. Der Dominikaner Peter Spichtig hatte das Kreuz einst für eine Tagung des Liturgischen Instituts entworfen und gezimmert. Nun kommt es wieder zum Einsatz.
Von der Erde zu Ostern
Das mit Erde befülltes Kreuz verweist auf das Grab, die Kerzen stehen für die Auferstehung. Die Menschen können einen Olivenzweig mit nach Hause nehmen und ihn dort teilen. Auf dass die Hoffnung wachse für eine friedliche Welt.
In der vordersten Reihe sitzt die neue Botschafterin der Ukraine in Bern, Venediktova Iryna. Aufmerksam feiert sie den Gottesdienst mit. Gegenüber kath.ch stellt sie klar, dass sie nichts von einem naiven christlichen Pazifismus hält: «Beten wir für den Sieg der Ukraine. Wir alle brauchen Frieden. Aber Frieden für die Ukraine ist nur mit einem Sieg der Ukraine möglich.»
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