Bischof Michael Gerber, spricht auf dem ökumenischen Gottesdienst zum 75-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes, 23. Mai 2024 in der Sankt Marienkirche in Berlin.
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Bischof Gerber über Geburtsstunde der Bundesrepublik: «unverdienter Neuanfang»

Auch ein ökumenischer Gottesdienst gehört zu den Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen des Grundgesetzes. Die Bischöfe sprechen von Vertrauensvorschuss und einem wichtigen Halt für die Deutschen.

Birgit Wilke

Der stellvertretende Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Bischof Michael Gerber, hat die Geburtsstunde der Bundesrepublik als «unverdienten Neuanfang» bezeichnet. Angesichts des unsagbaren Grauens, das Deutsche unmittelbar zuvor verübt hätten, sei dies alles andere als selbstverständlich gewesen, sagte der Bischof von Fulda am Donnerstag in Berlin.

Vertrauensvorschuss

Die Regierungen der Völker in Westeuropa hätten den Deutschen einen «immensen Vertrauensvorschuss» geschenkt. Gerber äusserte sich bei einem ökumenischen Gottesdienst anlässlich des 75. Jahrestags der Verkündung des Grundgesetzes.

Zugleich mahnte der Bischof weiter einen kritischen Blick auf die eigene Geschichte an. Dieser Blick sei hart erkämpft worden. Wenn er jetzt manipuliert werde, habe dies fatale Konsequenzen, so Gerber weiter. Dies zeige etwa die Art und Weise, wie im Russland Wladimir Putins Geschichte umgeschrieben werde und dunkle Episoden sowie eigene Verbrechen negiert würden.

Fehrs: Grundgesetz kam leise daher

Nach den Worten der Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischöfin Kirsten Fehrs, gab das Grundgesetz den Menschen zunächst Halt nach der Katastrophe von nationalsozialistischer Gewaltherrschaft. Es habe helfen sollen aufzustehen «aus Zerstörung, Menschenverachtung und Amoralität». Das Grundgesetz sei damals «eher leise und im besten Sinne demütig daher gekommen».

Die evangelische deutsche Bischöfin Kirsten Fehrs
Die evangelische deutsche Bischöfin Kirsten Fehrs

Die Grundgesetz-Artikel entsprächen in ihrer Prägnanz den knapp gehaltenen zehn Geboten, die in Judentum, Christentum, Islam vorkämen, so Fehrs weiter. Auch «die Religionen stehen für einen Dialog, der mit extremistischen Verirrungen, die alle Religionen leider auch kennen, nicht vereinbar ist», so Fehrs. Religionsfreiheit meine auch «die Freiheit der Andersglaubenden und des Gewissens  – sie berechtigt und verpflichtet zugleich zu Toleranz. Respekt. Vielsprachigkeit».

Kirche beim Demokratiefest dabei

Zu dem Gottesdienst waren viele politische Spitzenvertreter gekommen. Dazu gehörten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig. Zudem nahmen verschiedene Minister wie Bundesgesundheitsminister Hubertus Heil und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) an dem Gottesdienst teil.

Die Deutsche Bischofskonferenz ist nach eigenen Angaben zusammen mit dem Deutschen Caritasverband und dem Hilfswerk missio Aachen in Vertretung für alle kirchlichen Hilfswerke mit einer eigenen Präsentation beim Demokratiefest der Bundesregierung in Berlin vertreten. Rund um das Bundeskanzleramt und dem Bundestag wird sich die katholische Kirche demnach mit ihrer Arbeit vorstellen und zwei Podien für eine öffentliche Debatte anbieten.

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Das Demokratiefest findet von Freitag bis Sonntag statt. Unter anderem ist dazu ein Gespräch mit dem Berliner Erzbischof Heiner Koch, Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa sowie dem Leiter der Auslandsabteilung von missio Aachen, Frank Kraus, über das Thema «Frieden im Lichte des Grundgesetzes» geplant. (kna)


Bischof Michael Gerber, spricht auf dem ökumenischen Gottesdienst zum 75-jährigen Jubiläum des Grundgesetzes, 23. Mai 2024 in der Sankt Marienkirche in Berlin. | © KNA
23. Mai 2024 | 14:29
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