Bischof Benno Elbs leitet als Apostolischer Administrator das Erzbistum Vaduz vorübergehend.
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Bischof Benno Elbs: «Bisher habe ich keine Baustelle im Erzbistum Vaduz entdeckt»

Nach dem Rücktritt von Erzbischof Wolfgang Haas wurde der Feldkircher Bischof Benno Elbs als Apostolischer Administrator eingesetzt. Er hätte es lieber gesehen, wenn ein Schweizer Bischof diese Aufgabe übernommen hätte. Nun will er Brücken bauen – und ein «gutes Miteinander» schaffen.

Jacqueline Straub

In einem früheren Interview mit kath.ch sagten Sie, dass Sie sich nicht vorstellen können Erzbischof von Vaduz zu werden. Nun wurden Sie von Papst Franziskus als Apostolischer Administrator eingesetzt. Was sagen Sie heute dazu?

Bischof Benno Elbs*: Es war damals ausserhalb meines Denkhorizontes, dort eingesetzt zu werden. Papst Franziskus hat mich nun aber gebeten für eine Zeit des Übergangs mitzuhelfen. Ich habe im Gespräch andere Möglichkeiten eingebracht.

«Es hat wenig Gründe gegeben, zu sagen, dass ich es nicht mache.»

Welche?

Elbs: Wenn man einen Apostolischen Administrator sucht, ist es naheliegend, dass ein Nachbarbistum diese Aufgabe übernimmt. Mein erster Gedanke war deshalb, dass das ein Schweizer Bischof übernehmen wird.

Sie haben der neuen Aufgabe aber dann doch zugesagt. Warum?

Elbs: In erster Linie aus Solidarität mit Papst Franziskus. Und natürlich gibt es eine örtliche Nähe nach Liechtenstein. Viele aus Feldkirch arbeiten in Liechtenstein. Es hat wenig Gründe gegeben, zu sagen, dass ich es nicht mache.

Papst Franziskus am 25. September 2022 bei einer Messe im Stadion von Matera (Italien).
Papst Franziskus am 25. September 2022 bei einer Messe im Stadion von Matera (Italien).

Was waren die wenigen Gründe?

Elbs: Eine weitere Diözese zu betreuen ist ein grosser zeitlicher Aufwand. Ich habe bereits mit meiner Diözese Feldkirch viel zu tun und habe in der Österreichischen Bischofskonferenz einige grössere Aufgaben. Dort bin ich für die Caritas zuständig. Darum habe ich im ersten Moment auch versucht, diese Ernennung von mir abzuwenden und einen anderen Bischof damit zu beglücken.

Wie wollen Sie als Apostolischer Administrator vom Erzbistum Vaduz auftreten?

Elbs: Seit meiner Ernennung war ich schon oft in Liechtenstein. Mein Ansatz ist: Möglichst viele Menschen treffen und Gespräche führen. Ich will die Menschen ernstnehmen und ihnen zuhören.

«Ich möchte Brücken bauen.»

Wie waren die Reaktionen?

Elbs: Die Begegnungen waren allesamt sehr freundlich. Die Gespräche haben mich ermutigt.

Der ehemalige Erzbischof Wolfgang Haas hat viele Männer zu Priestern geweiht, die in anderen Bistümern abgelehnt wurden. Ihnen wird eine reaktionäre Haltung nachgesagt. Wie werden Sie mit diesen umgehen?

Elbs: Ich werde mit allen Priestern gleich umgehen, wie ich mit jedem Menschen umgehe. Nämlich respektvoll und wertschätzend. Ich versuche Vertrauen aufzubauen. Ich möchte Brücken bauen. Ich versuche von meiner Seite her die Brücke zu den Priestern aufzubauen und vertraue darauf, dass auch sie eine Brücke zu mir bauen.

Werden Sie die Priester genauer überprüfen?

Elbs: Ich sehe das nicht als die Aufgabe eines Administrators. Aber wenn mir etwas zu Ohren kommt, also wenn sich jemand beklagt, dann werde ich dem nachgehen. Ich sehe mich aber nicht als Detektiv.

Der Priester Thomas Jäger soll in Ruggell eine Ministrantin sexuell belästigt haben. Er stand auch wegen des Besitzes von Kinderpornografie vor Gericht. Was sagen Sie dazu?

Elbs: Über Einzelpersonen kann ich nichts sagen. Allgemein kann ich sagen: Alle Vorkommnisse werden und wurden in Rom gemeldet. Wichtig ist, dass solch ein Fall von staatlicher Seite geprüft wird.

«Ich werde nur ein paar Monate den Übergang im Erzbistum Vaduz vorbereiten.»

Sollte er wegen «versuchten sexuellen Missbrauch von Unmündigen» schuldig gesprochen werden, werden Sie dann seine Laisierung in Rom anstreben?

Elbs: Allgemein ist es so, wenn jemand schuldig geworden ist, entscheidet Rom über das weitere Vorgehen.

Schon im Vorfeld zur Veröffentlichung der Pilotstudie zu sexuellem Missbrauch in der Schweiz, gab es Stimmen aus Liechtenstein, die ebenfalls solch eine unabhängige Studie forderten. Werden Sie ein Missbrauchsgutachten für das Erzbistum Vaduz in Auftrag geben?

Elbs: Das wird Aufgabe des neuen Erzbischofs sein. Ich werde ja nur ein paar Monate den Übergang im Erzbistum Vaduz vorbereiten.

Wolfgang Haas, ehemaliger Bischof von Chur und Erzbischof von Vaduz, hat viele Priester geweiht.
Wolfgang Haas, ehemaliger Bischof von Chur und Erzbischof von Vaduz, hat viele Priester geweiht.

Und werden Sie den Historikerinnen und Historikern der Universität Zürich die Archive öffnen?

Elbs: Es ist eine Studie der Schweizer Bischofskonferenz – und Liechtenstein gehört da nicht dazu.

Erzbischof Wolfgang Haas hat in einer «Nacht und Nebel Aktion» Dokumente aus dem Bestand des Geheimarchives des Bistums Chur mit nach Vaduz genommen, schreiben die Wissenschaftlerinnen in der Pilotstudie. In Liechtenstein liegen also Dokumente, die durchaus für die Historikerinnen relevant sind. Werden Sie diese Bestände den Forscherinnen zu Verfügung stellen?

Elbs: Ich kenne die Sachlage zu wenig, um diese Frage zu  beantworten. Ich möchte aber immer beide Seiten hören. Nur so kann man der Ernsthaftigkeit des Themas gerecht werden. Wenn es aber notwenige Informationen betrifft, dann kann man auf mich zugehen. Dann schaue ich, was man tun kann und darf.

«Was mir Sorge macht, ist die eigene Zeitkapazität.»

Wie wollen Sie die Reformkatholikinnen und -katholiken im Erzbistum Vaduz stärken?

Elbs: Ich rede mit allen. Es gibt auch schon eine Terminsuche mit der liechtensteiner Reformgruppe Verein für eine offene Kirche. Dabei soll es auch darum gehen, wie das Miteinander gestärkt werden kann. Ich sehe es als meinen Auftrag, ein gutes Miteinander im Erzbistum Vaduz zu schaffen.

Was macht Ihnen Sorgen mit Blick auf Ihre neuen Aufgaben und das Erzbistum Vaduz?

Elbs: Was mir Sorge macht, ist die eigene Zeitkapazität. Weil solch ein Prozess braucht viel Gespräch und Zeit. Das war auch der grösste innere Widerstand, diese Aufgabe anzunehmen. Aber ich werde es so gut ich kann, machen.

Kathedrale St. Florin, Vaduz.
Kathedrale St. Florin, Vaduz.

Wo sehen Sie die grössten Baustellen im Erzbistum Vaduz?

Elbs: Ich möchte ohne Vorurteile den Menschen im Bistum begegnen. Es gibt Bilder, die gemalt wurden über die Situation. Ich mache mir aber mein eigenes Bild darüber. Nach den bisherigen Gesprächen kann ich sagen: Bisher habe ich keine Baustelle entdeckt. Aber ich habe noch nicht mit allen gesprochen.

«Das ist die grosse Reform.»

Die Kirche befindet sich derzeit im synodalen Prozess. Welche Reformen können Sie sich vorstellen?

Elbs: Der synodale Umgang ist die kirchliche Kommunikationsform. Es gibt dabei zwei Ebenen: Aufeinander hören mit Respekt und Wertschätzung. Und gemeinsam auf den Geist Gottes schauen und auf Jesus Christus hören. Wenn man diese Haltung lebt, dann wird man das tun, was der Kirche an dem Ort wichtig ist. Das ist die grosse Reform.

Und was heisst das konkret?

Elbs: Ein erster konkreter Schritt ist, Vertrauen zueinander aufzubauen. Was konkrete Reformanliegen betrifft, will ich der laufenden Synode keine Ratschläge aus der Ferne ausrichten.

*Bischof Benno Elbs ist seit 2013 Bischof von Feldkirch. In der Österreichischen Bischofskonferenz ist er für die Caritas zuständig. Am 20. September 2023 hat Papst Franziskus Bischof Benno Elbs zum Apostolischen Administrator für das Erzbistum Vaduz berufen.


Bischof Benno Elbs leitet als Apostolischer Administrator das Erzbistum Vaduz vorübergehend. | © Diözese Feldkirch
11. Oktober 2023 | 06:00
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