Gottfried Locher und seine Frau Barbara Locher 2018 in Schaffhausen.
Schweiz

Barbara Locher: Warum ich 2018 aus der reformierten Kirche ausgetreten bin

Gottfried Locher ist aus der reformierten Kirche ausgetreten. Seine Frau Barbara Locher tat diesen Schritt bereits 2018. Sie ruft zum Kirchenaustritt auf: «Was hier getan wurde, hinterhältig und mit der Absicht jemanden zu zerstören, widerspricht allem, was die Kirche verkündigt.»

Raphael Rauch

«Eigentlich gibt es zum Austritt meines Mannes aus dem Verein der evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Bern nichts zu sagen», schreibt Barbara Locher in einer E-Mail an kath.ch. «Wir haben das als private Angelegenheit betrachtet und sind erstaunt und irritiert, dass die Information von der lokalen Behörde der Kirchgemeinde an die Medien weitergegeben wurde. Mein Mann ist keine öffentliche Person mehr und hat daher ein Recht auf die Wahrung seiner Privatsphäre.»

Die Landeskirche schweigt

Wurde gegen das Dienstgeheimnis verstossen? Die reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn wollten auf Anfrage von kath.ch nicht Stellung zu dem Vorwurf nehmen.

Gottfried Locher (rechts) 2018 bei seiner Wiederwahl in Schaffhausen.
Gottfried Locher (rechts) 2018 bei seiner Wiederwahl in Schaffhausen.

Barbara Locher teilt kath.ch mit, sie selbst sei bereits am 7. Juni 2018 aus dem «Verein der evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Bern ausgetreten». Im Juni 2018 trat die jetzige Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS), Rita Famos, gegen Gottfried Locher an – unterlag ihm allerdings. Schon damals standen «MeToo»-Vorwürfe gegen Gottfried Locher im Raum.

Er war das Gesicht der Schweizer Reformierten

Barbara Locher teilt kath.ch mit, ihr sei damals bewusst geworden, «mit welch niederträchtigen Methoden» die Wiederwahl ihres Mannes «verhindert werden sollte. Was hier getan wurde, hinterhältig und mit der Absicht jemanden zu zerstören, widerspricht allem, was die Kirche verkündigt. Ich bereue meinen Schritt nicht und kann ihn nur allen empfehlen, die noch zögern.»

Papst Franziskus im Gespräch mit Gottfried Locher und Kurienkardinal Kurt Koch. Links im Hintergrund steht Georg Gänswein.
Papst Franziskus im Gespräch mit Gottfried Locher und Kurienkardinal Kurt Koch. Links im Hintergrund steht Georg Gänswein.

Der Pfarrer und Theologe Gottfried Locher war lange Zeit das Gesicht der Schweizer Reformierten. Er war Mitglied der Kirchgemeinde Muri-Gümligen in der Nähe von Bern. Der «Tagesanzeiger» hatte am Dienstag über seinen Kirchenaustritt berichtet.

«Inquisition wie im Mittelalter»

Hintergrund des Zerwürfnisses sind Grenzverletzungen, die Gottfried Locher vorgeworfen werden. Laut einer Untersuchungskommission hat Gottfried Locher eine ehemalige Angestellte des damaligen Kirchenbundes «in ihrer sexuellen, psychischen und spirituellen Integrität verletzt» und der Kirchenbund hat es als Institution versäumt, «sie gegen diesen Machtmissbrauch zu schützen».

Rita Famos und Gottfried Locher 2018 in Schaffhausen.
Rita Famos und Gottfried Locher 2018 in Schaffhausen.

Barbara Locher hatte sich bereits im September 2021 in einem Brief an die Mitglieder der EKS gewandt. Darin schrieb sie: «Ausgerechnet die Reformierten veranstalten eine Inquisition wie im Mittelalter.» Ihr Mann sei nicht fehlerfrei, «aber authentisch. Das unterscheidet ihn wohltuend von den vielen heuchlerischen Geistlichen.»

Gottfried Locher verweigert Zusammenarbeit mit Untersuchungskommission

Über die ehemalige Mitarbeiterin ihres Mannes schrieb Barbara Locher damals: «Mit Mitleid schaue ich auf die frühere Mitarbeiterin, die zu dieser Intrige Hand bot. Eine Frau, die jahrelang um meinen Mann geworben hatte. Was sie an ihm bewunderte, blieb ihr unerreichbar. Nun hat sie sich für fremde Zwecke benutzen lassen.»

Die Untersuchungskommission zeigte das Gegenteil. Am 4. August 2021 hatte die EKS erstmals eingeräumt, «dass die Anschuldigungen gegen Locher zutreffen», wie ref.ch in einer Chronologie zeigt. Die Vorwürfe der ehemaligen Mitarbeiterin seien glaubhaft. Auch kritisierte die EKS, dass Gottfried Locher während der Untersuchung jegliche Zusammenarbeit verweigert hatte.

01.04.2022, 8.30 Uhr: Wir haben den Artikel um den letzten Abschnitt ergänzt und den letzten Zwischentitel entsprechend angepasst.


Gottfried Locher und seine Frau Barbara Locher 2018 in Schaffhausen. | © Keystone/kath.ch
31. März 2022 | 18:14
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