Spendung des Aschenkreuzes
Schweiz

Liebende streuen sich am diesjährigen 14. Februar Asche aufs Haupt

Freiburg, 5.2.18 (kath.ch) Der Aschermittwoch und der Valentinstag fallen dieses Jahr auf den gleichen Tag. Der Aschermittwoch geht im Volksmund mit strengem Fasten und Enthaltsamkeit einher. Der Valentinstag will das Gegenteil, nämlich Konsum. Genuss und Verzicht müssen sich nicht ausschliessen, sagt der Freiburger Moraltheologe Daniel Bogner.

Georges Scherrer

Der Aschermittwoch entspricht heute im Volkswissen nicht mehr dem, was er sein soll, hält der Freiburger Ethiker fest. Der Tag steht für den Beginn der 40-tägigen Vorbereitungszeit oder Busszeit auf Ostern hin, und zwar für eine «Umkehr». Der Katechismus der katholischen Kirche bestimmt, dass die Gläubigen an dem Tag spürbar ihren Konsum einschränken und insbesondere auf Fleischgerichte verzichten sollen. Die landläufige Bedeutung verbindet sich aber mit Vorstellungen von «Entsagung» und Schuldbewusstsein. In der Redewendung «sich Asche aufs Haupt streuen» spiegelt sich diese Auffassung.

Der Valentinstag hingegen schreibt ein ganz anderes Programm vor: Kerzenlicht, zu zweit ausgehen und gutes Essen. Also alles andere als Kasteiung. Der Blick auf das Valentinsmenü eines Restaurants bietet folgende Eckpunkte: Das «erotisierende» Festmenü bietet Speisen, «die unter die Haut gehen», «wild machen» und das «Blut in Wallung» bringen. Am Ende steht die «geballte Fleischeslust», also alles andere als Selbstkasteiung.

Tradition versus Blumenhandel

«Am diesjährigen 14. Februar fallen zwei völlig unterschiedliche Anlässe zusammen», sagt der Theologe Daniel Bogner. Der Aschermittwoch stehe in einer langen religiösen Tradition, er gehöre zum «genetischen Erbe» der christlichen Glaubenspraxis. Den Valentinstag gibt es hingegen erst seit wenigen Jahrzehnten als Kunstprodukt des Blumen- und Praliné-Handels. Dieses neue Fest der Liebenden wird jeweils am 14. Februar in klingende Münze umgesetzt.

«Am Aschermittwoch steht also die Qualität einer Beziehung im Zentrum.»

Die beiden Feste schliessen sich jedoch nicht aus, betont der Theologe. Der Aschermittwoch markiert als Beginn der österlichen Busszeit eine Zeit der Umkehr. «Es ist eine Erinnerung: Schau wer du bist, du bist von Gott geschaffen als ein königlicher Mensch, wie es die Psalmen sagen. Du hast die Berufung, als Geschöpf diesem Gott ein Ebenbild zu sein.»

Die Qualität der Liebe

Umkehr bedeute deshalb: Der Mensch besinnt sich auf die Beziehung, die ihm von Gott angeboten ist. Er erkennt, wo er dieser Beziehung nicht gerecht geworden ist im eigenen Leben und im Zusammenleben mit dem Anderen. Dann bemüht er sich darum, diese Beziehung wiederherzustellen.

«Am Aschermittwoch steht also die Qualität einer Beziehung im Zentrum. Das Fest der Liebenden bietet auf dem Hintergrund, dass es mit dem Aschermittwoch zusammenfällt, eine ganz besondere Chance, um über die Qualität der Beziehung, in der man steht, nachzudenken und diese zu verbessern», betont Bogner.

Ein guter Kompromiss

Wer sich am kommenden 14. Februar als strenggläubiger Katholik oder Reformierter von den Freuden des Valentinstags ausnehmen will, für den gibt es verschiedene Möglichkeiten, trotzdem beide Feste zu begehen, erklärte der Freiburger Moraltheologe und Ethiker.

«Das gemeinsame besinnliche Festmahl kann am folgenden Sonntag nachgeholt werden.»

Er rät, eine besondere Praxis auszuprobieren: «Am Aschermittwoch gibt es kein Fleisch und übermässiges Essen. Das gemeinsame besinnliche Festmahl zu zweit kann dieses Jahr am folgenden Sonntag nachgeholt oder auf einen Tag vor der Fastenzeit vorgezogen werden und am 14. gibt es Blumen. Das ist doch ein guter Kompromiss.»

@Metoo-Debatte und der Valentinstag

Die aktuell laufende @Metoo-Debatte  bezeichnet Daniel Bogner als einen Augenöffner, wenn es darum geht, die eigene Beziehungsqualität zu überprüfen. Manch ein Mann könne sich vielleicht Asche aufs Haupt streuen, meint er.

Möglicherweise könne man sich bewusst werden, dass sich in «unserer Kultur im Verhältnis zwischen den Geschlechtern Verhaltensweisen etabliert haben, die nicht der Botschaft eines Glaubens entsprechen, der den Menschen hilft, sich frei zu entfalten». Und somit «auch nicht der Botschaft, für welche der Valentinstag steht». Der Valentinstag rege dazu an, zu überlegen: «Was verstehen wir unter Liebe? Das ist eine anspruchsvolle Frage.»

Aschermittwoch schliesst Sex am 14. nicht aus

Daniel Bogner tritt im theologischen Internetportal «feinschwarz» als «Der Moralist» auf. Ihm sei darum die Frage gesteckt, was es am Aschermittwoch angesichts des Gebots der Zurückhaltung beim fleischlichen Konsum bezüglich des Genusses der geschlechtlichen Fleischlust auf sich hat.

Der «Moralist» betont, dass der Aschermittwoch keine moralische Botschaft verbreitet, sondern eine Frage nach der christlichen Identität stellt, also wie man leben will auf dieser Welt als Christ und als Mann und Frau. Dieses Jahr treffe diese Beziehungs-Thematik wunderbar mit dem Beginn der österlichen Busszeit zusammen. «Deren Sinn ist es, einmal innezuhalten, seine Lebensgewohnheiten zu überprüfen und im Blick auf Gott, den Schöpfer und Erhalter des Lebens neu auszurichten. Da kann man keine Einzeltaten ge- oder verbieten. Wenn körperliche Begegnung ein Zeichen für eine erneuerte und vertiefte Beziehung zu meinem Partner oder meiner Partnerin ist, gibt es keinen Grund, ihn am Aschermittwoch von vornherein auszuschliessen. Das wäre absurd.»

 

Spendung des Aschenkreuzes | © KNA
5. Februar 2018 | 12:36
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