Birgit Kelle in einer Aufnahme aus dem Jahr 2014
Schweiz

Allianz verurteilt Huonders Bischofswort als «fundamentalistische Polemik»

Zürich, 1.12.17 (kath.ch) Die Allianz «Es reicht» protestiert gegen das Wort von Bischof Huonder zum Menschenrechtstag. Es sei «üble Polemik gegen die Menschenrechte». Der Zusammenschluss reformorientierter Katholiken ruft demgegenüber zur Würdigung der Menschenrechte auf, wie einer Mitteilung vom Freitag zu entnehmen ist.

Sylvia Stam

In seinem diesjährigen Wort zum Menschenrechtstag vom 10. Dezember lässt der Churer Bischof Vitus Huonder die deutsche Autorin Birgit Kelle zu Wort kommen. Diese wirft der Gender-Forschung vor, das Kindeswohl zu einem Instrument der Indoktrination von Kindern umzudeuten. In Schulen würde Kindern erklärt, sie hätten «ein eigenes Recht auf Sexualität, auch gegen den Willen ihrer Eltern», ein Recht auf Wissen um diverse sexuelle Orientierungen bis hin zu Sexualpraktiken. Eltern hätten die Pflicht, ihre Kinder vor solchen Einflüssen zu schützen.

Kelles Worte gegen das «Gender-Mainstreaming» sind laut der Allianz eine «üble Polemik gegen die Menschenrechte und gegen Toleranz». In «bester fundamentalistischer Manier» werde gegen Kinderrechte und die Gleichstellung der Geschlechter angeschrieben. Homosexuellen werde zudem eine Neigung zu Kinderhandel unterstellt.

Kinderrechte unnötig?

Auf Nachfrage von kath.ch präzisiert Markus Heil, Mitglied der Allianz und Präsident der Pfarrei-Initiative: Mit der Aussage, «als wären Kinder nicht auch Menschen, und somit durch die universalen Menschenrechte bereits hinreichend geschützt», stelle Kelle die Kinderrechte in Frage. In der Argumentation von Kelle wüssten die Eltern, was gut für ihr Kind sei, entsprechend brauche es keine Kinderrechte, interpretiert Heil die Äusserungen Kelles. Die Autorin schreibe zwar nicht gegen eine Gleichstellung der Geschlechter an sich an, jedoch diffamiere sie die Gender-Forschung als Ganze. Diese liefere jedoch die Grundlagen für eine differenzierte Wahrnehmung und Weiterentwicklung der Gleichstellung der Geschlechter.

Menschenrechte würdigen

Homosexuellen werde in Kelles Äusserungen zur Leihmutterschaft eine Neigung zu Kinderhandel unterstellt. Kelle schreibt, dabei werde der Bauch der Mutter als Brutstätte ausgenutzt «und das Kind danach an Fremde verkauft». Dies sei ein «perfider Service, der gerne vor allem durch homosexuelle Paare genutzt wird.»

Die Allianz, zu der derzeit 13 reformorientierte Verbände gehören, ruft alle Seelsorgerinnen und Seelsorger im Bistum Chur dazu auf, die Menschenrechte zu würdigen und «dieses fundamentalistische Schreiben» im Gottesdienst nicht zu erwähnen. Sie verweist stattdessen auf andere Schreiben, welche die Menschenrechte würdigen, wie etwa jenes der drei Landeskirchen zum Tag der Menschenrechte, die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen», die Broschüre «Let’s talk about Gender» oder die Informationskampagne «schutzfaktor-m.ch».

Wort des Bischofs ist für Seelsorgende bestimmt

Laut Aussage von Martin Kopp, Generalvikar für die Urschweiz, ging das Wort des Bischofs zum Menschenrechtstag an die Seelsorgenden im Bistum Chur. Damit sei weder die Auflage noch der Wunsch verbunden, dass es im Gottesdienst verlesen werde. Das Bistum selber gab dazu keine Auskunft.

«Wir nehmen den Bischof ernster als er sich selber.»

Schon 2013 hatte Bischof Vitus Huonder ein Wort zum Menschenrechtstag zum Thema «Genderismus» verfasst. Damals hatte Bistumssprecher Giuseppe Gracia darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um einen Hirtenbrief handle, der von der Kanzel verlesen werden müsse, sondern um einen Brief des Bischofs zum Tag der Menschenrechte, der an die Mitarbeitenden des Bistums versandt worden sei, wie er gegenüber der Presseagentur Kipa sagte.

Auf diesen Unterschied angesprochen, sagt Markus Heil selbstkritisch: «Wir nehmen den Bischof ernster als er sich selber». Die Allianz habe somit etwas gelernt, «und lernen ist uns wichtig!»

 

Birgit Kelle in einer Aufnahme aus dem Jahr 2014 | © kna
1. Dezember 2017 | 15:10
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