Was die Schweizergardisten mit Bruder Klaus verbindet

Flüeli-Ranft OW, 2.7.17 (kath.ch) Ehemalige und aktuelle Schweizergardisten fanden sich am Samstag in Flüeli-Ranft zu einer Messe mit Alain de Raemy ein. Der Weihbischof von Lausanne, Genf, Freiburg und ehemalige Gardekaplan stellte erstaunliche Bezüge zwischen dem Eremiten und den Gardisten her.

Sylvia Stam

«Sie kennen Stunden, in denen nichts geschieht. Stunden des Dienstes», sagte Weihbischof Alain de Raemy, ehemaliger Gardekaplan, in der Messe zu den aktiven und ehemaligen Schweizergardisten. Diese Stille sei ihr grösstes Privileg – nebst jenem der weltschönsten Uniform natürlich. «In diesen stillen Stunden arbeitet Gott in euch». Innere Unruhe sei nicht nur schlecht, sondern ein Zeichen dafür, «dass Gott sich in uns bewegt». Auch Niklaus von Flüe habe eine innere Unruhe gekannt, ehe er Eremit wurde.

Weihbischof Alain de Raemy | © Oliver Sittel

De Raemy verknüpfte so in seiner Predigt elegant die stillen Stunden der Schweizergardisten mit dem Leben des Eremiten Niklaus von Flüe, anlässlich dessen Jubiläum sich am Samstag vierzig aktuelle und viele ehemalige Schweizergardisten in Flüeli-Ranft eingefunden hatten.

Niklaus von Flüe war auch Soldat

Dass solche Parallelen zwischen dem Eremiten aus dem 15. Jahrhundert und heutigen 20- bis 25-jährigen Männern tatsächlich bestehen, bestätigen die Worte von Romano Pelosi, aktueller Schweizergardist aus Rheinfelden AG: «Das Leben als Eremit bedeutet Besinnung, bei sich selber zu sein. Das erleben wir auch», sagt er auf die Frage von kath.ch, was die Schweizergarde mit ihrem Patron Niklaus von Flüe verbinde. «Beim Nachtdienst etwa haben wir sehr viel Zeit, um über unseren Glauben und unsere Arbeit nachzudenken.» Der junge Mann ist wie viele der aktuellen Schweizergardisten zum ersten Mal im Ranft. Das erste Drittel der Garde besuchte die Wirkungsstätte des Heiligen am Freitag und Samstag, zwei weitere Gruppen folgen kommende Woche.

Obwaldner Regierung und Schweizergardisten vor dem Wohnhaus von Niklaus von Flüe | © Oliver Sittel

Für Pelosi ebenso wie für seinen Kollegen Lukas Eggenschwiler aus dem Baselbiet ist es wichtig, dass auch Niklaus von Flüe einst Soldat war. «Das verbindet uns», sagt Eggenschwiler gegenüber kath.ch. Dennoch oder gerade deshalb ist für ihn die friedensstiftende Mission des Eremiten von Bedeutung. Seinen Dienst im Vatikan erlebt er eher als Kontrast zum Eremitendasein: «Wir sind selten isoliert, sondern stehen im Alltag mit sehr vielen Menschen in Kontakt.»

Doppelt geschützt

Ähnlich erfährt das Philipp Bischof aus dem Kanton St. Gallen: «Die Ruhe, die man im Ranft empfindet», antwortet er sogleich lachend auf die Frage, woran er bei Niklaus von Flüe zuerst denkt. «Ich freue mich auf diese Ruhe und darauf, den Moment zu geniessen!»

Zu geniessen scheint auch Alain de Raemy, welcher der Messe auf dem Platz unter der Kaplanei als Hauptzelebrant vorsteht. Er strahlt, lacht verschmitzt, wechselt mühelos von Deutsch über Italienisch zu Französisch. Wartet geduldig, bis der Regenschauer, der exakt zu Beginn seiner Predigt einsetzt und die Gottesdienstbesucher nässt, wieder aufhört, um dann scherzhaft zu bemerken: «Also, ich fasse zusammen…»

Während der Predigt von Alain de Raemy regnet es | © Oliver Sittel

De Raemy hat gut lachen, ist er doch am Altar gleichsam doppelt geschützt: Er steht unter dem Zeltdach, über dem ein überdimensionaler Niklaus von Flüe schützend seine Hand erhebt. Flankiert wird der Altar ausserdem von Schwerter tragenden ehemaligen Schweizergardisten in Uniform.

Messe unter freiem Himmel | © Oliver Sittel

Segnung des Rollstuhls

Am Ende der Messe wird ein elektrischer Rollstuhl vorgefahren, der es künftig behinderten Menschen ermöglichen soll, über die für gängige Rollstühle zu gefährliche steile Strasse in den Ranft zu gelangen. Einer der Initianten dieses Projekts ist ehemaliger Schweizergardist. De Raemy segnet das Gefährt, ehe er mit den Reliquien des Heiligen die Gläubigen segnet.

Weihbischof Alain de Raemy segnet das Ranft-Mobil | © Oliver Sittel

Nach der Messe mischt sich der Weihbischof im Messgewand unter das Volk, begrüsst bekannte Gesichter und ist begehrtes Fotosujet, meist zusammen mit uniformierten Gardisten. «Das gibt mir das Gefühl, wieder bei der Garde zu sein, wie ich es siebeneinhalb Jahre erlebt habe», sagt er gegenüber kath.ch auf die Frage, was es für ihn bedeutet, die Messe mit Schweizergardisten zu feiern. Er erinnert sich vor allem daran, welche Herausforderung es für die jungen Männer ist, sich in jungem Alter in einem neuen Kontext mit Kameraden aus allen vier Landesteilen wiederzufinden. In der Stille, die sie erfahren und die er in seiner Predigt erwähnte, kämen mitunter Erlebnisse aus der Kindheit hoch. «Das muss man als Kaplan begleiten, indem man einfach da ist.»

Medienbischof Alain de Raemy im Interview mit kath.ch | © Oliver Sittel

An Bruder Klaus fasziniert ihn, dass dieser zwar mit vielen Menschen gesprochen habe, aber kaum Worte von ihm überliefert sind. «Bruder Klaus hat nur Impulse gegeben, jeder Ratsuchende musste seinen Weg selber gehen, musste vor Gott letztlich selber entscheiden. Dieser Respekt vor Gott und dem Gewissen des Einzelnen beeindruckt mich sehr!», erklärt de Raemy, ehe er sich wieder unter die Menschen mischt und mit ihnen zum Apéro anstösst.

Einzug ehemaliger Schweizergardisten, Flüeli-Ranft | © Oliver Sittel
2. Juli 2017 | 09:48
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