Der aufgebahrte Altbischof Vitus Huonder in Sancta Maria in Wangs SG
Schweiz

«Viele Schüler und Mitarbeiter haben Bischof Vitus als Beichtvater geschätzt»

Altbischof Vitus Huonder lebte im Institut Sancta Maria Wangs der Piusbruderschaft vom 20. Mai 2019 bis zu seinem Tod am 3. April. In der dortigen Kirche wurde er auch bis vor kurzem aufgebahrt, damit sich Gläubige von ihm verabschieden können. In einem Interview erklärt Pater Pirmin Suter, warum sich Huonder bei den Piusbrüdern so wohl fühlte und warum er sich in Ecône im Wallis und nicht am Bischofssitz in Chur beerdigen lässt.

Wolfgang Holz

Wie viele Besucherinnen und Besucher haben bislang Abschied genommen von Altbischof Vitus Huonder? Sind viele gekommen?

Ab 11. bis 15. April ist Altbischof Huonder in der Kirche St. Karl Borromäus in Oberriet aufgebahrt. Bild: Aufbahrung in der Kapelle des Instituts Sancta Maria in Wangs SG.
Ab 11. bis 15. April ist Altbischof Huonder in der Kirche St. Karl Borromäus in Oberriet aufgebahrt. Bild: Aufbahrung in der Kapelle des Instituts Sancta Maria in Wangs SG.

Pater Pirmin Suter*: Es kommen Familien mit Kindern, Jugendliche, auch ältere Personen, alles Menschen, die Bischof Vitus im Leben schätzen gelernt haben. Täglich waren zwischen 50 und 100 Personen hier, wobei wir keine Statistik führen. Manche wollen diskret Abschied von Bischof Vitus nehmen.

«Bischof Vitus wollte auch in seinem Alter als Seelenhirte wirken können, das war hier am Institut möglich.»

Sind vor allem Gläubige gekommen, oder kommen auch Priester und andere kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – so weit sich das sagen lässt?

Suter: Ja, es waren auch einige Priester der Diözese hier.

Pater Pirmin Suter, Rektor der Piusbruderschaft in Wangs
Pater Pirmin Suter, Rektor der Piusbruderschaft in Wangs

Altbischof Huonder hat fünf Jahre lang bei der Piusbruderschaft in Wangs gelebt. Warum hat er sich bei Ihnen so wohlgefühlt?

Suter: Wir haben uns von Anfang an darüber gefreut, dass er seinen Alterswohnsitz bei uns gewählt hat. Das hat Bischof Vitus gespürt. Bischof Vitus wollte auch in seinem Alter als Seelenhirte wirken können, das war hier am Institut möglich. Selbstverständlich haben wir ihn auf Ausflüge und sogar Wanderungen mitgenommen, soweit das für sein Alter möglich war. Er wollte uns nie zur Last fallen, wir haben aber unsere Ausflüge manchmal extra für ihn angepasst. Der Hauptgrund ist aber wohl folgender.

Altbischof Huonder bei einer Herbstwanderung mit Schülern
Altbischof Huonder bei einer Herbstwanderung mit Schülern

Nämlich?

Suter: Bei uns hat Bischof Vitus das gefunden, was er als Bischof gerne an vielen Orten verwirklicht gesehen hätte, wie er es auch schriftlich dargelegt hat: «Sehen zu dürfen, wie junge Menschen in den Glauben eingeführt und auf dem Weg des Glaubens so gut und vorbildlich begleitet werden, das ist für einen Hirten, der ein Bischof sein soll und sein will, wohl eine der grössten Freuden.»

«Seinen letzten Segen hat er mit grosser Anstrengung am 2. April abends um 21 Uhr einem frischvermählten Brautpaar gespendet.»

Wie hat er in diesen fünf Jahren am Leben der Priesterbruderschaft Pius X. teilgenommen? Hat er regelmässig Gottesdienste gefeiert? Hat er Beichten abgenommen?

Suter: Bischof Vitus hat täglich die heilige Messe im überlieferten Ritus gefeiert. Er hat auch regelmässig Schülermessen mit Predigten gehalten. Viele Schüler und Mitarbeiter haben ihn als Beichtvater geschätzt. An Sonntagen hat er oft anderswo die heilige Messe gefeiert. Er wollte die verschiedenen Häuser der Priesterbruderschaft St. Pius X. kennenlernen, zum Beispiel das Priesterseminar in Zaitzkofen oder die Priorate in Wien, Stuttgart, Rheinhausen oder Luzern.

Altbischof Vitus Huonder mit Schülern
Altbischof Vitus Huonder mit Schülern

Besonders gern war er in der neuen Kirche in Oberriet, die er am 18. November 2023 feierlich geweiht hat. Er hat immer wieder gerührt darüber berichtet, dass bei uns so viele Familien, Kinder und Jugendliche in die Kirche kommen. Bischof Vitus war auch immer pünktlich zu den Gebetszeiten. Aus diesem Grund haben wir in seinen letzten Tagen unser Breviergebet und den Rosenkranz bei ihm am Krankenlager gebetet. Seinen letzten Segen hat er mit grosser Anstrengung am 2. April abends um 21 Uhr einem frischvermählten Brautpaar gespendet. Das hat ihn sichtlich gefreut, noch einem jungen Brautpaar den Segen spenden zu dürfen.

"Ganzhingabe an Maria", Andacht mit Altbischof Vitus Huonder.
"Ganzhingabe an Maria", Andacht mit Altbischof Vitus Huonder.

Was hat die Priesterbruderschaft an der Gemeinschaft und am Zusammenleben mit Altbischof Huonder geschätzt? War es ein herzliches Zusammensein?

Suter: Wir haben besonders die grosse Lebenserfahrung und die bescheidene Art von Bischof Vitus geschätzt. Er war ein väterlicher Freund, der immer ein offenes Ohr für uns hatte. Er war diskret und hat nie schlecht über andere geredet. Zufrieden, dankbar und humorvoll hat er sich in unseren Alltag eingefügt, als ob er schon immer hier gelebt hätte. Er hat sich für die verschiedenen Werke der Priesterbruderschaft interessiert und hat sich mit uns auch gerne über kirchenpolitische Angelegenheiten unterhalten.

Gottesdienst in der Fatimakapelle Wangs
Gottesdienst in der Fatimakapelle Wangs

Als Bischof Vitus am 19. März ins Krankenhaus gebracht wurde, haben die Schüler ihm sicher 80 Brieflein geschrieben. Er hat sich beim Lesen sichtlich gefreut über diese Aufmerksamkeit. Als Schüler ihn im Krankenhaus besucht haben, hat er ihnen offen von seinem Bauchspeicheldrüsenkrebs erzählt und gemeint: «Schaut Euch einen sterbenden Bischof an. Auch ein Bischof muss einmal vor Gott treten und Rechenschaft ablegen.» Bischof Vitus wollte uns bis zuletzt auf das Wesentliche im Leben hinweisen, nämlich auf Gott und das Leben nach dem Tod.

«Bischof Vitus will damit bewusst ein Zeichen für die Tradition der Kirche setzen.»

Es wird kritisiert, dass Altbischof Huonder sich in Ecône beerdigen lässt und nicht am Bischofssitz in Chur. Können Sie diese Kritik nachvollziehen beziehungsweise verstehen. Oder wie sehen Sie das?

Suter: Bischof Vitus hat am Ostermontag gegenüber Bischof Bonnemain bei vollem Bewusstsein geäussert: «Ich möchte bei jenem Bischof beerdigt werden, der so viel für die Kirche gelitten hat!» Kurz darauf hat Bischof Vitus verdeutlicht, dass er damit das Grab von Erzbischof Marcel Lefebvre in Ecône meint, und dass wir viel für die Kirche beten müssen.

Spaziergang am Chapfensee mit Altbischof Vitus Huonder und Pater Kretz (links) und Pater Suter
Spaziergang am Chapfensee mit Altbischof Vitus Huonder und Pater Kretz (links) und Pater Suter

Bischof Vitus will damit bewusst ein Zeichen für die Tradition der Kirche setzen, wie er mir gegenüber wiederholt geäussert hat. Bischof Vitus will damit verdeutlichen, dass wir die Probleme der Kirche nur lösen können, wenn wir der Tradition wieder den gebührenden Platz in der Kirche geben. Dass er damit nicht nur auf Verständnis stösst, ist für mich nachvollziehbar.

«Die Priesterbruderschaft St. Pius will einfach römisch katholisch sein, nichts anderes.»

Altbischof Huonder wollte die Piusbruderschaft besser kennenlernen, wie er in einem Video sagte. Können Sie verstehen, dass die Piusbruderschaft wegen Ihrer konservativen traditionellen Glaubenspraxis in der Kritik steht?

Suter: Die Priesterbruderschaft St. Pius will einfach römisch katholisch sein, nichts anderes. Wir wollen den überlieferten Glauben bewahren, die Sakramente, das heilige Messopfer. Im Grunde genommen geht es um ein katholisches Profil, das gerade auch jungen Menschen Orientierung und Halt im Leben gibt.

Altbischof Vitus Huonder
Altbischof Vitus Huonder

Mich schmerzt es zu sehen, wie viele Katholiken – selbst Geistliche – dieses katholische Profil aufgeben und oft nicht mehr wissen, was eigentlich ein Leben aus dem katholischen Glauben heraus bedeutet. Bischof Vitus hat uns daher am Abend des Ostermontags einen letzten Rat gegeben: «Bleibt dem Herrn immer treu!»

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*Pater Pirmin Suter ist seit 2013 Rektor am Institut Sancta Maria der Priesterbruderschaft Pius X. in Wangs SG. Das Interview wurde schriftlich geführt.


Der aufgebahrte Altbischof Vitus Huonder in Sancta Maria in Wangs SG | © zVg
10. April 2024 | 17:00
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