Vitus Huonder, emeritierter Bischof von Chur
Schweiz

Darum suchte Altbischof Vitus Huonder die Nähe zur Piusbruderschaft

In seiner Amtszeit hat er polarisiert: Mit Vorstössen zu Sexualität, Kirchenverfassung oder Lebensschutz fungierte der Churer Bischof Vitus Huonder auch schweizweit immer wieder als Exponent des konservativen Kirchenflügels. Deshalb fühlte sich der jüngst im Alter von 81 Jahren Verstorbene bei der Priesterbruderschaft St. Pius X. während seiner letzten Lebensjahre so wohl. Für ihn verkörperte diese Gemeinschaft stets die Treue zum Glauben.

Wolfgang Holz

Huonder war von 2007 bis 2019 Bischof der Schweizer Diözese Chur. Dass er nach seiner Emeritierung in das Institut der Piusbruderschaft in Wangs im Kanton St. Gallen einzog und verstärkt für die vorkonziliare Liturgie eintrat, war kein Wunder. Die Priesterbruderschaft St. Pius X. stellte sich für Huonder schon immer als eine Art geistige, spirituell-kirchliche Heimat dar.

Bischof Vitus Huonder 2019
Bischof Vitus Huonder 2019

Wird in der Nähe von Gründer Lefevbre bestattet

Der Churer Altbischof Vitus Huonder zeigte nämlich grosse Sympathien für die Positionen der Piusbrüder. Nun wird er sogar in der Nähe von deren Gründer Marcel Lefebvre bestattet – wie es seinem Wunsch entspricht.

In einem letzten Video der Priesterbruderschaft erklärte Huonder auch, dass er das «Innenleben der Gemeinschaft besser kennenlernen wollte». Das Abrücken von kirchlich-liturgischen Traditionen sei schweres Unrecht und letzten Endes auch der Ausgangspunkt für die tiefe «Krise der Kirche» unter dem «Pontifikat des Bruchs» von Papst Franziskus.

Erzbischof Marcel Lefebvre, Gründer der Priesterbruderschaft St. Pius X., am 1. Juli 1976 in Econe (Schweiz).
Erzbischof Marcel Lefebvre, Gründer der Priesterbruderschaft St. Pius X., am 1. Juli 1976 in Econe (Schweiz).

Die traditionalistische Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet, einem ehemaligen Missionar und Apostolischen Delegat für das französischsprachige Afrika. 1981 wurde in Basel die Kapelle «St. Theresia vom Kinde Jesu» eingeweiht, 1985 das Priorat eröffnet. Die Gottesdienste in der Kapelle Sancta Theresia stehen allen Personen offen. Getragen wird die Gemeinschaft durch einen Verein.

Keine Kirchensteuern, nur Spenden

Die Priesterbruderschaft erhält keinen Anteil an der Kirchensteuer. Sie lebt von freiwilligen Spenden und Zuwendungen. Für die Verwaltung der Finanzen ist der Trägerverein zuständig. Weltweit zählt die Priesterbruderschaft über 650 Priester.

Vitus Huonder, emeritierter Bischof von Chur, steht vor dem Hochaltar bei einem Pontifikalamt in der Prioratskirche Mariä Himmelfahrt der Priesterbruderschaft St. Pius X. am 16. Oktober 2022 in Stuttgart.
Vitus Huonder, emeritierter Bischof von Chur, steht vor dem Hochaltar bei einem Pontifikalamt in der Prioratskirche Mariä Himmelfahrt der Priesterbruderschaft St. Pius X. am 16. Oktober 2022 in Stuttgart.

Die Piusbruderschaft lehnt viele Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. Streitpunkte sind vor allem Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene. Anfangs kirchlich anerkannt, entzog ihr Rom 1975 die kirchenrechtliche Zulassung. Nach unerlaubten Priesterweihen wurde Lefebvre 1976 die Ausübung seines Bischofsamts verboten. Indem er am 30. Juni 1988 ohne päpstliche Zustimmung vier Priester seiner Bruderschaft zu Bischöfen weihte, zogen sich alle fünf die Exkommunikation zu.

Versuche der Reintegration von Papst Benedikt

Die Weihen, die Lefebvre oder von ihm geweihte Bischöfe vornehmen, sind nach Kirchenrecht zwar nicht erlaubt, aber gültig. Vor allem unter Papst Benedikt XVI. (2005-2013) gab es Versuche, die Piusbruderschaft wieder in die kirchliche Struktur einzugliedern. Diese scheiterten jedoch. In den letzten Jahren ist eine Wiederannäherung der römischen Kurie und der Priesterbruderschaft zu beobachten.

Ein Diakon küsst Vitus Huonders Bischofsring.
Ein Diakon küsst Vitus Huonders Bischofsring.

Das Hauptziel der Priesterbruderschaft St. Pius X. ist laut inforel.ch die Ausbildung von Priestern und die Förderung des katholischen Priestertums. Sie ist organisiert nach den Richtlinien des katholischen Kirchenrechtes für die Gemeinschaften des apostolischen Lebens. An ihrer Spitze steht der Generalobere mit Sitz in Menzingen ZG. Die Schweiz wird durch einen Distriktsoberen geleitet, dem die regionalen Priore unterstehen. Die Niederlassung in Basel wird vom Priorat in Rickenbach/SO betreut.

Schuld für Trennung liegt in Rom

Die Schuld an der Trennung zwischen Rom und der ultrakonservativen Gemeinschaft der Piusbruderschaft hat Altbischof Vitus Huonder stets bei der katholischen Kirche gesehen.

Kirche der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Ecône VS
Kirche der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Ecône VS

Bei einem Gottesdienst vor zwei Jahren in Stuttgart, bei dem nur die Predigt auf Deutsch war, rief Huonder den Menschen zu, sie sollten sich nicht durch Aussagen «täuschen» lassen, die Bruderschaft sei schismatisch oder häretisch. Vielmehr stehe die Gemeinschaft für Glaubenstreue und nicht für Glaubensabfall. Das «Unrecht» der Trennung laste auf der Kirche «wie die Erbsünde auf der Menschheit».

«Beispiel des Gebets und der Liebe zum Heiligtum»

Altbischof Vitus Huonder war in den letzten Jahren seines Lebens der Priesterbruderschaft St. Pius X. und insbesondere dem Institut Sancta Maria in Wangs stets dankbar, wie es auf der Homepage der Piusbruderschaft zu lesen ist. Hier «konnte er seine letzten Jahre in der tiefen Freude verbringen, noch einen schönen Dienst als Seelenhirte zu erfüllen. Er gab ein bewundernswertes Beispiel des Gebets und der Liebe zum Heiligtum.»

Ein letztes Zeugnis von Bischof Huonder für die Priesterbruderschaft

Die Aufbahrung des verstorbenen Altbischofs Vitus Huonder in der Fatima-Kapelle des Instituts Sancta Maria findet bis Dienstag, 9. April, jeweils von 6.30 Uhr bis 21 Uhr statt. Täglich um 18.30 Uhr gibt es einen Rosenkranz für den Verstorbenen.

Die Aufbahrung in der Kirche St. Karl Borromäus in Oberriet findet vom Donnerstag, 11. April, bis Montag, 15. April, jeweils von 6.30 Uhr bis 21 Uhr statt. Die Beerdigung ist am Mittwoch, 17. April, in der Seminarkirche von Ecône: Um 9.30 Uhr Requiem, anschliessend Beisetzung in der Gruft des Seminars.

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Vitus Huonder, emeritierter Bischof von Chur | © Youtube
5. April 2024 | 09:00
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