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Theologin kritisiert Vatikan-Aussagen zu Transmenschen

Gestern stimmte der Bundestag in Deutschland zu, dass Trans- und intergeschlechtliche Menschen ihren Geschlechtseintrag einfacher ändern können. Eine Erklärung bei einem Standesamt soll künftig reichen. Der Vatikan tut sich mit dem Thema dagegen noch sehr schwer, kritisiert eine Theologin.

Die katholische Theologin Ursula Wollasch kritisiert das neue Vatikan-Papier zur Menschenwürde. Gerade beim Thema Transidentität widerspreche «Dignitas infinita» der Menschenwürde, schreibt sie in einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.de (Freitag): «Die Menschenwürde ist in Gefahr, wenn man Menschen verweigert, über ihre geschlechtliche Identität selbst zu entscheiden. Dieser Akt der Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht, über das sich die katholische Kirche einmal mehr hinwegsetzt.»

Sie fühlen sich einem anderen Geschlecht zugehörig

Transmenschen sind Personen, die sich nicht ihrem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig fühlen. Am häufigsten sind es Männer oder Frauen, die sich mit dem jeweils anderen Geschlecht identifizieren. Nichtbinäre Transpersonen fühlen sich nicht ausschliesslich als männlich oder weiblich. Bei intergeschlechtlichen Personen sind die körperlichen Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig als weiblich oder männlich einzuordnen.

Theologin Ursula Wollasch
Theologin Ursula Wollasch

Transidentität noch unvereinbar mit katholischem Menschenbild

Wollasch kritisiert, dass der Vatikan Transidentität weiterhin als unvereinbar bezeichne mit dem katholischen Menschenbild, das nur Mann und Frau kenne. Konkret bedeute das etwa, dass aus katholischer Sicht Hormonbehandlungen und geschlechtsangleichende Operationen, aber auch Beratungsleistungen und Psychotherapie zu unterlassen seien.

«Nicht geschlechtsangleichende Massnahmen widersprechen der Menschenwürde, sondern der Zwang, in einem Körper zu leben, in dem ein Mensch nun einmal nicht leben kann.»

Ursula Wollasch, Theologin

Aber, so die Theologin: «Nicht geschlechtsangleichende Massnahmen widersprechen der Menschenwürde, sondern der Zwang, in einem Körper zu leben, in dem ein Mensch nun einmal nicht leben kann.»

«Spirituelle Überhöhung der menschlichen Sexualität und Fertilität»

Auch die neue Erklärung leide an einer «spirituellen Überhöhung der menschlichen Sexualität und Fertilität, die nur eine strikte Trennung von Mann und Frau kennt und der sich die Frage nach geschlechtlicher Identität erst gar nicht stellt», fügte sie hinzu.

Papst Franziskus spricht bei einem Gottesdienst am 8. März 2024 in der Kirche San Pio V. in Rom (Italien).
Papst Franziskus spricht bei einem Gottesdienst am 8. März 2024 in der Kirche San Pio V. in Rom (Italien).

Der Papst habe immer wieder Transmenschen empfangen und erklärt, dass sie zur Kirche gehörten und auch selbstverständlich eine Taufpatenschaft übernehmen könnten, ergänzte Wollasch.

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Aber offenbar habe er nicht wirklich dazugelernt: «War ihm nicht klar, dass Transmenschen eine gesellschaftliche Gruppe bilden, die am meisten von Ausgrenzung und Diskriminierung, von Hass und Gewalt betroffen ist? Dass sie häufig von ihren Familien und Freunden verstossen werden, überproportional unter Depressionen leiden und mehr als andere suizidgefährdet sind?»

Buch «Trans und katholisch»

Die Theologin und Sozialethikerin war Ansprechpartnerin für transgeschlechtliche Menschen im Bistum Rottenburg-Stuttgart und hat das Buch «trans und katholisch. Für eine Kirche in der trans Menschen dazugehören» geschrieben. (kna)


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13. April 2024 | 06:00
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