Der Anschlag ereignete sich am Montagabend in der Brüsseler Innenstadt.
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Terror in Brüssel: Mutmasslicher islamistischer Anschlag mit zwei Todesopfern

Am Montagabend schoss ein Mann auf offener Strasse auf Passanten, zwei davon starben. Dabei handelte es sich um schwedische Fussballfans. Der Täter wurde inzwischen von der Polizei erschossen. Ein Racheakt aufgrund mehrfacher Koran-Verbrennungen in Schweden wird derzeit nicht ausgeschlossen. Eines der Opfer hat sogar einen Bezug zur Schweiz.

Sarah Stutte

Es ist Montagabend, kurz nach 19 Uhr in der Nähe des Place Sainctelette im Norden der belgischen Hauptstadt Brüssel. Ein bewaffneter Mann steigt von einem Roller und feuert plötzlich auf die Passanten, die sich zu dieser Zeit in der Innenstadt aufhalten. Panik bricht aus. Mehrere Menschen flüchten sich in einen Hauseingang. Doch der Täter verfolgt sie und schiesst weiter. Zwei schwedische Staatsbürger, die wegen des EM-Qualifikationsspiels gegen Belgien in der Stadt waren, sterben im Kugelhagel. Ein Taxifahrer wird ebenfalls angeschossen, befindet sich aber laut Staatsanwaltschaft inzwischen ausser Lebensgefahr.

Höchste Terrorwarnstufe wird ausgerufen

Verschiedene Zeugen berichten danach, dass der Angreifer während seiner Verfolgungsjagd «Allahu akbar!» (arabisch für: Gott ist gross) gerufen haben soll, was für eine islamistisch motivierte Tat spricht. Da der Täter anschliessend flüchten konnte, rief das nationale Krisenzentrum kurz danach die höchste Terrorwarnstufe 4 für Brüssel aus. Für den Rest des Landes galt ebenfalls eine Warnstufe. Das Fussballspiel wurde in der Halbzeitpause abgebrochen. Die Zuschauerinnen und Zuschauer mussten jedoch noch bis Mitternacht warten, ehe sie das Stadion verlassen konnten.

Im Kugelhagel starben zwei Menschen, ein weiterer Mann wurde schwer verletzt, ist aber ausser Lebensgefahr.
Im Kugelhagel starben zwei Menschen, ein weiterer Mann wurde schwer verletzt, ist aber ausser Lebensgefahr.

Der flüchtende Täter wurde von der Polizei identifiziert und am Dienstagmorgen in einem Café niedergeschossen. Kurz darauf erlag der 45-jährige Tunesier, der sich illegal in Belgien aufhielt, auf dem Weg zum Spital seinen Verletzungen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Bei dem Mann handelt es sich um einen 45-jährigen Tunesier.

In einer Pressekonferenz am Dienstag berichtete die Staatsanwaltschaft, dass eines der beiden Opfer möglicherweise auch Schweizer Doppelbürger sein könnte. Ein entsprechender Ausweis sei bei dem Mann gefunden worden. Die Abklärungen dazu laufen derzeit beim Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes gab das EDA aber bisher keine weiteren Informationen bekannt.

Gezielter Anschlag auf Schweden?

Wie die NZZ berichtete, war bereits kurz nach der Tat ein Video mit dem angeblichen Bekenntnis des Angreifers in den sozialen Netzwerken aufgetaucht. Der Mann soll sich darin als Anhänger der Terrormiliz IS zu erkennen gegeben und die schwedische Staatsangehörigkeit der Opfer als Motiv für seine Tat genannt haben.

Sowohl in Schweden als auch im Nachbarland Dänemark hatte es in diesem Jahr mehrfach Protestaktionen gegeben, bei denen Korane angezündet oder die heilige Schrift der Muslime mit Fusstritten geschändet worden war. Bereits im Januar hatte ein schwedischer Rechtsextremer eine Koran-Ausgabe angezündet. Im Juni verbrannte ein Iraker vor der Grossen Moschee Stockholms einige Seiten aus dem Koran.

Kurz nach dem Anschlag wurde die höchste Terrorwarnstufe für Brüssel ausgerufen.
Kurz nach dem Anschlag wurde die höchste Terrorwarnstufe für Brüssel ausgerufen.

Mitte Juli wiederum trampelte derselbe Mann vor der irakischen Botschaft auf einem Exemplar des Koran herum. Auch in Dänemark kam es zu mehreren solcher Zwischenfälle. Zuletzt verbrannten Nationalisten, ebenfalls im Juli, öffentlich einen Koran vor der ägyptischen Botschaft in Kopenhagen.

Die Protestaktionen führten zu heftigen Spannungen zwischen den beiden nordischen Staaten und islamisch geprägten Ländern. In Bagdad kam es daraufhin zu Demonstrationen, bei denen die Teilnehmenden die schwedische Botschaft stürmten und dort sogar Feuer legten.

Verdächtiger war den Sicherheitskräften bekannt

Ein Racheakt islamischer Fundamentalisten kann im Fall des Amokschützen von Brüssel derzeit nicht ausgeschlossen werden. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson bat deshalb seine Landsleute in Belgien, vorsichtig zu sein. Schweden selbst hatte die Terrorwarnstufe bereits vor einigen Wochen angehoben.

Am Dienstag gab der belgische Innenminister Vincent van Quickenborne weitere Hintergründe zum Terrorverdächtigen bekannt: Demnach habe eine ausländische Polizeibehörde schon im Juli 2016 unbestätigte Informationen übermittelt, wonach der Tunesier ein radikalisiertes Profil habe und in ein Konfliktgebiet in den Jihad ziehen wolle. Diese Informationen wurden überprüft, jedoch ohne Ergebnis.

Bestätigt ist dafür, dass der Mann im Oktober 2020 einen negativen Asylbescheid erhalten hatte und daraufhin verschwunden sei. Im Februar 2021 wurde er offiziell aus dem Register gestrichen. Die Schweizer Islamismuskritikerin Saïda Keller-Messahli schrieb dazu auf «X», dass dieser den Sicherheitskräften in Belgien als Gefahr bekannt gewesen sei. «In Tunesien stand er wegen Terrorismus vor Gericht».


Der Anschlag ereignete sich am Montagabend in der Brüsseler Innenstadt. | © YouTube
17. Oktober 2023 | 16:00
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