Das Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra.
International

Streit um Kiewer Höhlenkloster droht zu eskalieren

Auch mit Ablauf der Frist an diesem Mittwoch weigern sich Dutzende Mönche der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK), das berühmte Kiewer Höhlenkloster zu räumen. Sie widersetzen sich damit einer Anordnung der ukrainischen Regierung. Als politisches Motiv für den Rauswurf der Kirche aus ihrem Hauptheiligtum sehen Beobachter mutmassliche Fälle von Kollaboration mit Russland.

Oliver Hinz

Auf der Kloster-Website teilten die Ordensmänner am Mittwoch mit, dass sie nicht beabsichtigen, das bedeutendste orthodoxe Heiligtum der Ukraine «ohne ein entsprechendes Gerichtsurteil» und ohne grundlegende Dokumente für die Kündigung des Pachtvertrags zu verlassen. Eine Zwangsräumung durch Staatsorgane verstiesse gegen ukrainische Gesetze und die Verfassung, erklärten sie.

Hunderte versammeln sich

Auf dem Gelände des Klosters versammelten sich unterdessen Hunderte Anhänger der Kirche, um laut örtlichen Medienberichten gegen den von der Regierung verfügten Verweis der UOK-Geistlichen aus der Abtei zu protestieren. Sie folgten einem Aufruf der Kirchenführung, zu beten und «mit allen legalen Mitteln unser kostbarstes Heiligtum, das Kiewer Höhlenkloster, zu schützen».

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In dem Kloster lebten bislang rund 200 Mönche; die Leitung der Kirche hat hier ihren Sitz. Das Kulturministerium hatte am 10. März angeordnet, dass die UOK das Kloster bis zu diesem Mittwoch verlassen müsse. Es gehört wie viele andere ukrainische Gotteshäuser dem Staat.

Mutmassliche Kollaboration mit Russland

Die Kündigung des 2013 geschlossenen Pachtvertrags mit der Kirche begründete das Ministerium mit Verstössen gegen die Nutzungsbestimmungen. Auf dem Klostergelände seien mehrere Gebäude ohne Genehmigung errichtet worden.

Als politisches Motiv für den Rauswurf der Kirche aus ihrem Hauptheiligtum sehen Beobachter mutmassliche Fälle von Kollaboration mit Russland. Klosterabt Metropolit Pawlo wies derartige Vorwürfe zurück und betonte, die Mönche seien «keine Kollaborateure». Die Kirche reichte bereits vor einigen Tagen eine Klage gegen die Kündigung ihres Pachtvertrags bei einem Kiewer Gericht ein.

Nicht zur Räumung verpflichtet

Solange es kein rechtskräftiges Urteil für eine Annullierung des Vertrags gebe, sei die Kirche nicht zur Räumung des Klosters verpflichtet, so Pawlo in einer Videobotschaft. Komme es ohne Urteil zu Zwangsmassnahmen, würden die Vereinten Nationen und andere internationale Institutionen «sehr negativ» reagieren, warnte der Abt.

Der Moskauer Patriarch Kyrill im November 2022.
Der Moskauer Patriarch Kyrill im November 2022.

Rechtsexperten widersprechen Pawlos Darstellung. Der Jurist Dmytro Wowk sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), nur ein einstweiliger Gerichtsbeschluss könne der staatlichen Museumsverwaltung, die für das Kloster zuständig ist, bis zu einem endgültigen Urteil den Rauswurf der Mönche untersagen. Den gebe es aber bislang nicht.

Lange unter Moskauer Patriarch Kyrill I.

Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche unterstand lange dem Moskauer Patriarchen Kyrill I., der Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine unterstützt. Erst im Mai 2022 sagte sie sich von ihm los und erklärte sich für unabhängig. Dieser Schritt wird aber von der ukrainischen Regierung angezweifelt.

In der Ukraine gibt es zwei konkurrierende orthodoxe Kirchen. Die Regierung unterstützt die 2018 mit Hilfe des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und orthodoxen Ehrenoberhaupts Bartholomaios I. gegründete Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Sie ging aus zwei Konfessionen hervor, die sich bereits vor mehr als 30 Jahren vom Moskauer Patriarchat getrennt hatten.

Wiege der ostslawischen Orthodoxie

Das Höhlenkloster aus dem 11. Jahrhundert gilt als die Wiege der ostslawischen Orthodoxie. Noch zu Sowjetzeiten zog die russisch-orthodoxe Kirche 1988 in das Heiligtum ein, aus dem sie das Moskauer Regime in den 60er Jahren geworfen hatte. 2013 schloss die UOK unter dem damaligen Staatspräsident Viktor Janukowitsch einen unbefristeten Vertrag zur kostenlosen Nutzung des Höhlenklosters.

Dieses ist ein Wahrzeichen Kiews und umfasst rund 140 Gebäude. Es trägt den Ehrentitel «Lawra», wie insgesamt nur drei Abteien in der Ukraine und zwei weitere in Russland. Die Unesco nahm das Kloster 1990 in ihre Welterbe-Liste auf. (kna)


Das Kiewer Höhlenkloster Petscherska Lawra. | © pixabay/JamesHills, Pixabay License
29. März 2023 | 16:52
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