Die Päpste der Geschichte
Porträt

Sixtus IV. – Rovere, Medici, Borgia: Willkommen in der Renaissance

Er versorgt seine Familie mit einflussreichen Ämtern, erbaut die Sixtinische Kapelle und gibt vermutlich einen Mord in Auftrag: Sixtus IV. Aber er ist auch Theologe und treibt Kloster-Reformen voran. Sixtus IV. gilt als der erste Renaissance-Papst.

Annalena Müller

Vetternwirtschaft und Machtspiele sind keine Erfindung des Renaissance-Papsttums. Aber die Päpste der Renaissance erreichen mit diesen traditionsreichen Lastern neue Sphären. Der erste in dieser Riege war Francesco della Rovere, der als Sixtus IV. (1471-1484) Nepotismus, also Vetternwirtschaft, zur Staatskunst erhebt.

Theologe und Machtmensch

Selbst seine Wähler dürfte diese Wandlung überrascht haben: Der Theologe und Franziskaner Francesco della Rovere entpuppt sich schnell als machthungrig. Für den Ausbau seiner Familienmacht schreckt der Papst auch vor Anschlägen nicht zurück.

In 13 Jahren Pontifikat macht Sixtus IV. sechs seiner nächsten Verwandten zu Kardinälen. Anderen verschafft er lukrative weltliche Posten und vorteilhafte Ehen, für die er sogar Gebiete aus dem Kirchenstaat herauslöst und diese als Mitgift vergibt. Die Feste und den Prunk, den die Neffen des Papstes und Jung-Kardinäle Pietro Riaro und Giuliano della Rovere entfalten, ernten in Diplomatenkreisen ungläubiges Staunen und Kritik.

Mordanschlag und Krieg

Auch in seiner Aussenpolitik hat Sixtus IV. vor allem die Interessen seiner Familie im Blick. In Florenz versucht er die Medici zu entmachten. Als er deren Konkurrenz, die Pazzi zu stärken versucht, zieht der Papst den Zorn des mächtigen Lorenzo de’ Medici auf sich. Ob der Papst den Anschlag auf Lorenzos Leben selbst in Auftrag gibt, ist nicht sicher. Aber er weiss sicher frühzeitig davon.

In Florenz fordert Sixtus IV. die Medici heraus und plant sogar einen Mordanschlag.
In Florenz fordert Sixtus IV. die Medici heraus und plant sogar einen Mordanschlag.

Der Anschlag misslingt. Wohl auch, weil die angeheuerten Mörder sich weigern ihn auszuführen, als sie merken, dass der Mord in einer Kirche stattfinden soll. Zwei Geistliche springen für die ursprünglichen Attentäter ein. Sie töten am 26. April 1478 aber nur Lorenzos jüngeren Bruder, Giuliano.

Weil die Priester gefasst und für den Mord hingerichtet werden, verhängt Sixtus das Interdikt über Florenz. Daraufhin kommt es zum Krieg zwischen Florenz und dem Papst. Die Kämpfe dauern zweieinhalb Jahre.

Reformer und Kunstmäzen

Aber Sixtus IV. hat auch eine andere Seite. Während seines Pontifikats werden in Europa Klosterreformen vorangetrieben – mit aktiver päpstlicher Unterstützung. Seine Kanzlei approbiert zahlreiche Reformregeln alter Klöster in Frankreich, so zum Beispiel diejenigen von Fontevraud. Hier scheint der Theologe und Franziskaner Francesco della Rovere durch.

Auch als Kunstmäzen macht sich Sixtus einen bleibenden Namen: Die Sixtinische Kapelle im Vatikan trägt bis heute seinen Namen. Gleiches gilt für die «Ponte Sisto». Die Brücke verbindet Trastevere und die dicht besiedelten Quartiere um das Kapitol. Sie erleichtert die Bewegung innerhalb der Stadt.

Trägt noch heute seinen Namen: die Sixtinische Kapelle
Trägt noch heute seinen Namen: die Sixtinische Kapelle

Wie viele Renaissance Päpste ist Sixtus IV. eine zwiespältige Persönlichkeit. Er ist ein Kirchenfürst seiner Zeit: Als solcher strebt er unverhohlen nach Macht, die er durch Komplotte und extensiven Nepotismus ausbaut. Dass er dabei die fragilen Machtbalancen auf der italienischen Halbinsel nachhaltig stört, ist für ihn nachrangig.

Seine politische Rücksichtslosigkeit und sein familiärer Egoismus mögen 1471 für einen Papst neu gewesen sein. Aber seine Nachfolger standen ihm in nichts nach. Bis heute dienen die Machenschaften der Renaissance-Päpste als Inspiration für historische Romane und TV-Serien. Und das nicht ohne Grund.

Lesen Sie am 8. August das Porträt des Renaissance-Papstes schlechthin: Alexander VI. Er macht seinen Sohn erst zum Kardinal, dann zum Feldherren. Seine Tochter verheiratet er gleich drei Mal. Mit Alexander VI. erreicht das Papsttum einen moralischen Tiefststand.


Die Päpste der Geschichte | © kath.ch
3. August 2023 | 14:00
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