Pfarrer Wendelin Bucheli im Gespräch mit SRF und den beiden Frauen in Bürglen
Schweiz

Pfarrer Wendelin Bucheli würde wieder Schwule und Lesben segnen

Die Segnung eines lesbischen Paares im Bistum Chur sorgte 2014 für Schlagzeilen. Damals musste Pfarrer Wendelin Bucheli Bischof Vitus Huonder versprechen, dass dies nicht wieder vorkomme. Nun sagt Bucheli im SRF-Fernsehen: «Wenn eine Anfrage kommt, dann sage ich zu.»

Raphael Rauch

Zwei von vier Adventskerzen brennen auf dem Tisch, an dem ein Pfarrer, zwei Frauen und ein SRF-Reporter sitzen. Der «Tagesschau»-Beitrag, ausgestrahlt am 25. Dezember, handelt von dem lesbischen Paar, das schweizweit zu reden gab: Elisabeth Stirnemann und Marthi Kempf. 2014 hatten die beiden den Segen von Pfarrer Wendelin Bucheli in der Kirche in Bürglen UR erhalten.

Liebe im Fokus

«Wie fühlen Sie sich als Paar?», fragt der SRF-Reporter. «Gut», antworten die zwei Frauen und schauen sich verliebt an. Elisabeth Stirnemann sagt: «Wir bereuen keine Sekunde, was wir gemacht haben.» Marthi Kempf ergänzt: «Den Tag mit allen zu erleben, ist sehr schön gewesen. Wir denken öfter dran.» Die Liebe stehe im Fokus: «Zusammen durchs Leben gehen, das soll im Vordergrund stehen, nicht die sexuelle Orientierung.» 

Dem Medientrubel kann Elisabeth Stirnemann mittlerweile auch etwas Positives abgewinnen: «In ganz vielen Familien ist über das Thema gesprochen worden. Vielleicht haben die Eltern ihren Kindern erklären müssen, warum das ein Problem mit der Kirche gewesen ist. Das ist ein grosser Vorteil, dass das Thema in vielen Familien auf den Tisch gekommen ist.»

«Die Kirche ist die Alphütte Gottes»

Pfarrer Wendelin Bucheli sagt im SRF-Beitrag: «Wenn eine Anfrage kommt, dann sage ich zu. Denn die Kirche ist die Alphütte Gottes. Wenn Gott der Hirte ist, und ich in seinem Auftrag, dann werden alle gehirtet.» Er spricht von einem «grossen Geschenk» und von einer «grossen inneren Freiheit und Freude». Er fühle sich «völlig von Gott getragen».

Pfarrkirche von Bürglen UR
Pfarrkirche von Bürglen UR

In der Segensfeier 2014 hatte Bucheli Elemente einer Trauung übernommen: Er hatte Ringe gesegnet, Trauzeugen zugelassen und dafür gesorgt, dass das Pfarrblatt darüber berichtete. 

Huonder setzt sich nicht durch

Als der Bischof von Chur, Vitus Huonder, vom Segen in Bürglen erfuhr, wollte er Bucheli strafversetzen. Das ging aber gar nicht so einfach: Der damalige Generalvikar Martin Kopp stellte sich hinter Wendelin Bucheli. Und Bischof Charles Morerod wollte die Situation ebenfalls nicht eskalieren lassen – Bucheli ist im Bistum Lausanne, Genf und Freiburg inkardiniert. 

Vitus Huonder im Jahr 2017.
Vitus Huonder im Jahr 2017.

Während der Auseinandersetzung hiess es: Gegen die Freiheitskämpfer in Uri könne man auch als Bischof nur verlieren. Bucheli durfte so in der Gemeinde bleiben.

Bonnemain predigt «Liebe und Geduld»

Der abtrünnige Pfarrer musste Bischof Vitus Huonder allerdings versprechen, keine Schwulen und Lesben mehr zu segnen. Daran halte er sich, sagte Bucheli später in Interviews – verwies aber auch darauf, dass sein Versprechen lediglich Vitus Huonder gelte.

"Liebe gewinnt": Der schwule Seelsorger Meinrad Furrer segnete am 10. Mai 2021 alle Liebenden - auch schwule, lesbische und bisexuelle Paare.
"Liebe gewinnt": Der schwule Seelsorger Meinrad Furrer segnete am 10. Mai 2021 alle Liebenden - auch schwule, lesbische und bisexuelle Paare.

Seit 2019 ist Vitus Huonder nicht mehr Bischof von Chur, sondern lebt als Altbischof in einem Knaben-Internat der Piusbrüder. Mit Bischof Joseph Bonnemain hat Chur seit dem 19. März 2021 einen Bischof, der wenig von öffentlichen Rüffeln hält.

Auf die Frage von kath.ch im März, was passiere, wenn «aufgeschlossene Seelsorger wie Monika Schmid oder Wendelin Bucheli ein schwules oder lesbisches Paar» segneten, antwortete Bonnemain: «Dann würde ich mit ihnen sprechen und sie fragen, ob sie ihre Entscheidung gut abgewogen haben».

Bischof Joseph Maria Bonnemain
Bischof Joseph Maria Bonnemain

Mit Rüffeln erreiche man nichts, betonte Bonnemain im März: «Es geht mir darum, zu motivieren, zu integrieren, zu begleiten.» Niemand müsse Angst haben, seine Missio zu verlieren: «Wir haben mit einem Gott zu tun, der uns liebt, der uns gern hat, der uns glücklich sehen will, der eine ewige, glückliche Beheimatung für uns vorbereitet hat. Wenn wir diese Botschaft verkünden wollen – wo ist die Angst?»

Die Zeiten ändern sich

Als der schwule Seelsorger Meinrad Furrer dieses Jahr schwule und lesbische Paare auf dem Zürcher Platzspitz segnete, sprach Bonnemain von einer «Provokation» – allerdings sei das Nein zu Homo-Segensfeiern durch die Glaubenskongregation ebenfalls eine Provokation gewesen. Meinrad Furrer konnte die Segensfeier jedenfalls unbeschadet durchführen.


Pfarrer Wendelin Bucheli im Gespräch mit SRF und den beiden Frauen in Bürglen | © Screenshot SRF
26. Dezember 2021 | 00:01
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