Papst telefoniert mit letztem katholischen Priester in Gaza
Papst Franziskus hat am Freitagabend abermals mit dem einzigen in Gaza verbliebenen katholischen Priester telefoniert. Das berichtete der Fernsehkanal «TV2000» der Italienischen Bischofskonferenz am Samstag.
Andrea Krogmann
Demnach hat der Papst den in Gaza ausharrenden Vikar Jussef Assad angerufen und sich insbesondere nach den im Kirchengebäude verbliebenen Kindern und Ordensschwestern erkundigt. Der Papst habe versichert, dass er alles in seiner Macht stehende tun wolle, um ihnen zu helfen. Im Gazastreifen lebten vor dem jüngsten Krieg etwa 140 Katholiken und 900 Christen anderer Konfessionen.
Die von Israel angeordnete Evakuierung des nördlichen Gazastreifens sorgt weiter für Kritik. Die UN bezeichnen sie als völkerrechtswidrig und nicht realistisch. Israel hatte die rund 1,1 Millionen Menschen, die in Gaza-Stadt leben, in der Nacht zu Freitag aufgerufen, den nördlichen Teil des Gazastreifens zu verlassen und sich in den Süden zu begeben. Beobachter werteten das als einen weiteren Hinweis auf eine bevorstehende israelische Bodenoffensive in den Gazastreifen.
Christen wollen in Gaza bleiben
Die christliche Gemeinde in Gaza hat sich entschieden, in den kirchlichen Einrichtungen der Stadt zu bleiben. «Es gibt keinen Ort, an den wir gehen können», sagte der katholische Pfarrer von Gaza, Gabriel Romanelli, am Samstag der Katholischen Nachrichten-Agentur. Der argentinische Ordensmann von der Gemeinschaft «Verbo encarnado» (Fleischgewordenes Wort) sitzt seit Kriegsbeginn vor einer Woche in Bethlehem fest.
Würden sich die Menschen wie empfohlen in den Süden des Gazastreifens begeben, träfen sie dort auf eine noch aussichtslosere Versorgungslage, sagt Romanelli. Bereits vor Tagen hatte er vor einem Mangel an Lebensmitteln, Wasser, Strom und Treibstoff in seiner Gemeinde wie im gesamten Gazastreifen gewarnt. In den verschiedenen katholischen Einrichtungen haben viele christliche und muslimische Familien Zuflucht vor den anhaltenden israelischen Luftschlägen gefunden.
Razzien seit Freitagabend
Der für dieses Wochenende erwartete erste Regen der Saison werde die katastrophale Lage zusätzlich verschärfen, so Romanelli. Die oft heftigen ersten Regenfälle sorgen wegen mangelnder Infrastruktur im Gazastreifen häufig für überschwemmte Strassen.
Die israelische Armee informierte die Bevölkerung von Gaza laut jüngsten Medienberichten unterdessen über zwei Fluchtkorridore in den südlichen Gazastreifen. Diese sollen in der Zeit zwischen 10 Uhr und 16 Uhr nicht angegriffen werden. Die Armee hat nach eigenen Angaben von Freitagabend dort mit Razzien begonnen, um «die Bedrohung durch Terroristen und Waffen in dem Gebiet zu beseitigen und Geiseln zu finden».
Mehr als 5000 Raketen
Die Vereinten Nationen hatten mit scharfer Kritik an dem Evakuierungsbefehl reagiert. «Zwangsumsiedlungen stellen ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar, und Kollektivstrafen sind nach dem humanitären Völkerrecht verboten», erklärte Paula Gaviria Betancur, Sonderberichterstatterin für die Menschenrechte von Binnenflüchtlingen, am Freitag.
Seit vergangenen Samstag wurden mehr als 5000 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel geschossen. Mehr als 1500 militante Hamas-Kämpfer drangen laut Berichten in mehr als 30 israelische Orte in Grenznähe ein und töteten Hunderte Israelis. Rund 150 Personen wurden in den Gazastreifen entführt. Die Zahl der israelischen Opfer stieg mittlerweile auf mindestens 1300; 3300 Menschen wurden verletzt.
Opfer auf beiden Seiten
Bei israelischen Luftschlägen auf den Gazastreifen starben laut jüngsten palästinensischen Angaben seit Kriegsbeginn 2200 Palästinenser; 7400 weitere wurden verletzt. Im besetzten Westjordanland wurden 53 Palästinenser in Zusammenstössen mit der Armee oder israelischen Siedlern getötet und weitere 1000 verletzt, berichtet die Zeitung «Haaretz».
Ein Armeesprecher rief die Siedlerinnen und Siedler auf, sich nicht in die Terrorismusbekämpfung einzumischen. Die Verantwortung für die Sicherheit Israels liege allein bei der Armee. Hintergrund sind wiederholte Angriffe israelischer Siedler auf Palästinenser. (kna)
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