Panorthodoxes Konzil von Istanbul nach Kreta verlegt

Genf/Moskau, 25.1.16 (kath.ch) Angesichts der Spannungen zwischen Russland und der Türkei haben die Oberhäupter der orthodoxen Kirchen ihr geplantes panorthodoxes Konzil von Istanbul nach Kreta verlegt. Das erste solche Treffen seit 750 Jahren soll nun am orthodoxen Pfingstfest (19./20. Juni) auf der griechischen Insel stattfinden, die kirchlich zum Patriarchat Konstantinopel gehört. Das beschloss die Versammlung (Synaxis) der Patriarchen oder deren Vertreter der 14 Kirchen der griechisch-orthodoxen Kirchenfamilie am Sonntag, 25. Januar, in Chambésy bei Genf.

Die «Heilige und Grosse Synode der Orthodoxie» war vor zwei Jahren vom Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, Bartholomaios I., nach Istanbul einberufen worden. Bereits die vorbereitende Versammlung, die jetzt in Chambésy tagt, sollte ursprünglich am Patriarchatssitz in Istanbul stattfinden. Auf Drängen der russisch-orthodoxen Kirche wurde sie in die Schweiz verlegt.

Auf dem Berg Athos, der Insel Rhodos oder auf Kreta?

Der Moskauer Patriarchen Kyrill I. hatte am Wochenende in Chambésy als Konzilsort die Mönchsrepublik vom Heiligen Berg Athos in Nordgriechenland vorgeschlagen. Als Grund nannte er nach Angaben seines Sprechers die grosse Symbolik dieses Ortes für die Weltorthodoxie. Seit dem Abschuss eines russischen Militärflugzeugs durch die türkische Armee im November warnt die Regierung in Moskau seine Bürger vor Reisen in die Türkei. Kyrill I. lehnt wegen der Spannungen Istanbul als Konzilsort ab.

Bartholomaios I. widersprach dem nicht. Das Ökumenische Patriarchat machte sich zunächst für die griechische Insel Rhodos stark. Dort hatten schon 1961 die gesamtorthodoxen Synodenvorbereitungen begonnen. Ein Konzil auf Rhodos wäre jedoch auf staatliche Zuschüsse angewiesen, die angesichts der Finanzkrise Griechenlands unmöglich geworden sind. So setzte sich das Angebot des Metropoliten von Frankreich, Emmanuel Adamakis, durch, die Grosse Synode in seiner Heimat Kreta abzuhalten. Adamakis gilt als «Finanzminister» von Bartholomaios I. Die unter Konstantinopel «halbautonome» Kirche von Kreta wird als wohlhabend genug eingeschätzt, um sich das Konzil leisten zu können.

Kyrill I. beklagt Übergriffe auf Kirche in Ukraine

Kyrill I. verurteilte bei der Konzilsvorbereitungstreffen Übergriffe gegen seine Kirche in der Ukraine. Schismatiker und Nationalisten hätten ihr mehr als 30 Gotteshäuser weggenommen und würden mindestens zehn weitere bedrohen. Das Patriarchat von Konstantinopel müsse sich deutlicher von den beiden ukrainischen Kirchen distanzieren, die sich vom Moskauer Patriarchat abgespalten haben.

Das vorbereitende Gipfeltreffen soll bis Donnerstag, 28. Januar, dauern. Das panorthodoxe Konzil soll die Einheit der Orthodoxie stärken und ihren künftigen Kurs festlegen. Damit verbunden wären auch Folgen für den Dialog mit Katholiken und Protestanten. (kna)

25. Januar 2016 | 15:28
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Orthodoxe Kirche

Als orthodoxe oder Ostkirche wird die aus dem byzantinischen (oströmischen) Reich hervorgegangene Kirchenfamilie bezeichnet, zu der heute 14 selbstständige (»autokephale») Kirchen zählen. «Orthodox» war dabei zunächst keine eigene Konfessionsbezeichnung, sondern bedeutet «rechtgläubig». Von ihrer Tradition, ihrem Bekenntnis und der Liturgie versteht sich die Orthodoxie ungeachtet ihrer nationalen und politischen Differenzierung als eine Kirche. Ehrenoberhaupt ist der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I.

Die weltweit mehr als 220 Millionen orthodoxen Christen bilden nach Katholiken und Protestanten aller Denominationen die drittgrösste Konfession der Christenheit. Von ihnen gehören die meisten (rund 165 Millionen) zur russischen orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat), zu der auch zahlreiche Bistümer und Gemeinden ausserhalb Russlands zählen.

Bruch mit der Westkirche im Jahr 1054

Mit der westlichen Kirche verbinden die Orthodoxie die sieben «ökumenischen» Konzile des ersten Jahrtausends (das letzte von ihnen fand 787 statt). In den folgenden Jahrhunderten kam es zu einer Entfremdung zwischen Ost und West. Den Bruch markierte das Jahr 1054, als der römische Kardinal Humbert von Silva Candida als Legat des Papstes den Patriarchen von Konstantinopel exkommunizierte, was als Exkommunikation der gesamten griechischen Kirche gedeutet wurde. Patriarch Kerullarios liess daraufhin den Legaten von einer Synode verdammen.

Die gegenseitigen Bannsprüche wurden am 7. Dezember 1965 offiziell aufgehoben. Zu den Haupthindernissen für eine Kirchengemeinschaft zwischen der Orthodoxie und der katholischen Kirche zählt heute der Primat des römischen Papstes.

Unterscheidung von altorientalischen Kirchen

Zu unterscheiden von den griechisch-orthodoxen Kirchen sind die orientalisch-orthodoxen (altorientalischen) Kirchen, etwa die koptische, die syrische und die armenische orthodoxe Kirche, die sich bereits zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert von der Reichskirche trennten. (kna)