"Public Eye" macht auf Verbindungen von Patriarch Kyrill zur Schweiz aufmerksam.
Rauchzeichen

Oligarchen-Quartett, Churer Priesterkreis, Weltwirtschaftsforum: Was diese Woche wichtig wird

«Public Eye» macht mit einem Kartenspiel auf die Verbindungen von Patriarch Kyrill zur Schweiz aufmerksam. Bonnemain-Kritiker Franz Imhof wird Spiritual eines Klosters. Der Gebetstag für China erhält durch die Verhaftung von Kardinal Zen Brisanz. Und Wladimir Klitschko und Kardinal Turkson kommen nach Davos.

Raphael Rauch

Mit einem «Oligarchen-Quartettspiel» macht die NGO «Public Eye» auf die Verbindungen zwischen Putins Verbündeten und der Schweiz aufmerksam. Hierzu gehört auch der Moskauer Patriarch Kyrill I., der Putins Feldzug gegen die Ukraine metaphysisch legitimiert.

Kyrills Neffe soll am Genfersee arbeiten

«Nach unseren Informationen liebt Patriarch Kyrill die Schweiz», schreibt «Public Eye» auf der Website. «Vor dem Krieg in der Ukraine reiste er regelmässig inkognito in die Schweiz. In Genf war in den letzten Jahren eine russisch-italienische Familie – eine Mutter und ihre beiden Söhne – sein Hauptaufenthaltsort, die Arzttermine in Privatkliniken organisierte oder ihn zum Skifahren mitnahm – ein Lieblingshobby.» 

Der russische Patriarch Kyrill in der Osternacht.
Der russische Patriarch Kyrill in der Osternacht.

Patriarch Kyrill soll in der Schweiz ein Chalet besitzen. Und einer seiner Neffen soll am Genfersee in der Stiftung «Fondation du Forum Chrétien Mondial» tätig sein.

Setzt die EU Kyrill auf die Sanktionsliste?

Selbst wenn Patriarch Kyrill bald auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden sollte, ist die Hoffnung gering, dass ihm daraus ernsthafte Konsequenzen entstehen.

Tete-à-tete: Der russische Staatspräsident Wladimir Putin und der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I.
Tete-à-tete: Der russische Staatspräsident Wladimir Putin und der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I.

Der Anti-Korruptions-Experte Mark Pieth sagt zu kath.ch: «Vielfach bedienen sich solche Personen Strohleuten. So etwa der Oligarch, der den Luzerner Anwalt Studhalter gebeten hatte, seine Transaktionen diskret vorzunehmen. Studhalter engagierte einen Tattookünstler, um 200 Millionen Franken zu verschieben.» Das «Oligarchen-Quartett» kann hier kostenlos bestellt werden.

Rückenwind für Bischof Joseph Bonnemain

Die Diskussion über den Verhaltenskodex im Bistum Chur geht weiter. Bischof Joseph Bonnemain erhält implizit Rückendeckung aus Rom. Bei einem Kongress haben Theologinnen und Theologen eine Weiterentwicklung der katholischen Sexualmoral gefordert. Statt starrer Normen sollten Gewissensentscheidungen und der «Glaubenssinn des Gottesvolkes» im Vordergrund stehen.

Walter Kardinal Brandmüller, 2017
Walter Kardinal Brandmüller, 2017

Erinnern wir uns daran, wie Papst Franziskus mit der Kritik an «Amoris Laetitia» umgegangen ist. Ist er eingeknickt und hat seine Unterschrift zurückgezogen? Haben Kardinal Burke, Kardinal Brandmüller, Kardinal Meisner und Kardinal Caffara gewonnen?

Es kommt auf den «sensus fidelium» an

Das Gegenteil ist der Fall. Meisner und Caffara sind seit 2017 tot. Kardinal Brandmüller und Kardinal Burke melden sich zwar noch regelmässig zu Wort – vor allem, wenn es um die Alte Messe geht. Aber sie werden nur noch in rechtskatholischen Selbsthilfegruppen ernst genommen.

Kardinal Mario Grech
Kardinal Mario Grech

Kurienkardinal Mario Grech betonte letzte Woche die zentrale Bedeutung einer «Kultur des Dialogs» unter den Gläubigen. Aus dieser «Kultur des Dialogs» heraus sei «Amoris Laetitia» entsprungen. Ausgangspunkt der Theologie müsse der «Glaubenssinn des Gottesvolkes» sein, der «sensus fidelium». 

Klerikale Insubordination

Ein Blick in den Schlussbericht des synodalen Prozesses im Bistum Chur zeigt: Die Gläubigen wünschen sich «eine der heutigen Zeit adäquate Sexualmoral». In anderen Worten: Der Churer Priesterkreis macht sich nicht nur der Insubordination verdächtig, sondern verstösst auch gegen den «sensus fidelium». 

Sie gehören dem "Churer Priesterkreis" an und kritisieren den Verhaltenskodex: die Domherren Roland Graf (l.) und Franz Imhof.
Sie gehören dem "Churer Priesterkreis" an und kritisieren den Verhaltenskodex: die Domherren Roland Graf (l.) und Franz Imhof.

Mich überrascht, wie viele Medien unkritisch das Narrativ übernehmen, wonach sich 40 Priester gegen den Verhaltenskodex auflehnen. Bestätigt ist die klerikale Insubordination bislang nur von zwei Personen: den Domherren Roland Graf und Franz Imhof.

Verwechselt Franz Imhof ein Kloster mit «Benedetta»?

Schaut man sich die berufliche Zukunft von Franz Imhof an, merkt man schnell, dass seine Dubia am Verhaltenskodex vor allem theoretischer Natur sind. Laut dem lokalen Gemeindeblatt wird Franz Imhof mit seiner jetzigen Haushälterin in sein ehemaliges Elternhaus nach Bürglen ziehen und dann im Benediktinerinnenkloster Seedorf als Spiritual wirken. 

Franz Imhof gehört dem Churer Priesterkreis an.
Franz Imhof gehört dem Churer Priesterkreis an.

Vielleicht bin ich zu phantasielos. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Spiritual eines Nonnenklosters Ehevorbereitungsgespräche führt und auch sonst ständig mit Fragen zur Sexualität zu tun hat, scheint mir doch etwas gering zu sein. Vielleicht stellt sich Franz Imhof ein Benediktinerinnen-Kloster zu sehr nach «Benedetta» vor, dem Cannes-Gewinner vom letzten Jahr. Hier geht es um Geld, Macht, Sex, rohe Gewalt – und lesbische Nonnen, die eine Marien-Holzfigur nicht zur Anbetung nutzen.

Bartolomea (links) und Benedetta mit der zweckentfremdeten Madonnen-Figur im Film "Benedetta".
Bartolomea (links) und Benedetta mit der zweckentfremdeten Madonnen-Figur im Film "Benedetta".

Medienanfragen lässt Franz Imhof im Übrigen ebenso unbeantwortet wie Roland Graf. Nicht das Bistum Chur hat sich verrannt, wie ein Kommentator am Samstag behauptete, sondern einzelne Priester provozieren bewusst.

Versammlung in Gebenstorf-Turgi

Eine weitere «never ending story» ist der Konflikt in Gebenstorf-Turgi. Hier kommt die Kirchgemeinde am Dienstagabend zu einer Versammlung zusammen. Daniel Rics Tage als Kirchgemeindepräsident sind gezählt. Er dürfte die Versammlung nochmals für Grundsätzliches nutzen: für eine Abrechnung mit dem kirchlichen Establishment, mit seiner Lieblingsdiagnose, wonach die Volkskirche tot sei, und mit einem Plädoyer für neue Wege einer sakramental verfassten Kirche.

Umstrittener Kirchgemeindepräsident: Daniel Ric.
Umstrittener Kirchgemeindepräsident: Daniel Ric.

Am Mittwoch lädt die deutschsprachige Region des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg in den Pfarreisaal von St. Paul in Freiburg ein, um Ergebnisse des synodalen Prozesses zu diskutieren. Der deutschsprachige Teil des Bistums hat schon länger das Problem, kulturell und theologisch in einer anderen Zeitzone als die Bistumsleitung unterwegs zu sein. In Deutschfreiburg gibt es seit Jahrzehnten Praktiken, die in der klerikaleren Romandie lange Zeit undenkbar schienen.

Jerusalem-Ritter in Lugano, China-Tag in Einsiedeln

Am Freitag treffen sich die Jerusalem-Ritter in Lugano. Geplant ist eine Vigilfeier am Freitagabend, am Samstag die Investitur und am Sonntag ein Pfarreigottesdienst.

Kardinal Joseph Zen aus Hongkong.
Kardinal Joseph Zen aus Hongkong.

Am Samstag ist China-Tag in Einsiedeln. Durch die Verhaftung des Hongkonger Kardinals Zen erhält das Treffen eine zusätzliche Brisanz. Der Vorsitzende der Föderation der Asiatischen Bischofskonferenzen, Kardinal Charles Bo, hat am Wochenende das Regime in Hongkong scharf kritisiert: «Hongkong war einst eine der freiesten und offensten Städte Asiens. Heute hat es sich in einen Polizeistaat verwandelt», schreibt der Erzbischof von Yangon. 

Daniel Salzgeber kritisiert Stephan Rothlin

Wir bringen diese Woche ein Interview mit dem Oberwalliser Augustiner-Chorherrn Daniel Salzgeber, der Chinas Politik deutlich kritischer bewertet als der Schweizer Jesuit Stephan Rothlin.

Chorherr Daniel Salzgeber
Chorherr Daniel Salzgeber

Am Sonntag sind in Lyon die Feierlichkeiten zur Seligsprechung von Pauline-Marie Jaricot (1799-1862), der Gründerin des Hilfswerks «Missio». Den Gottesdienst feiert ein Mann, der auch als künftiger Papst gehandelt wird: der philippinische Kardinal Luis Antonio Tagle, Präfekt der vatikanischen Missionsbehörde. In Lyon mit dabei ist Erwin Tanner, der seit Januar «Missio Schweiz» leitet.

Peter Turkson kommt nach Davos

Ebenfalls am Sonntag beginnt das Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. Coronabedingt wurde das WEF von Januar auf Mai verschoben. Wettertechnisch ist inzwischen Sommer, geopolitisch hingegen erleben wir eine neue Eiszeit. Der Bürgermeister von Kiew, Ex-Boxer Wladimir Klitschko, wird persönlich nach Davos reisen, um für Waffenlieferungen zu werben. Und um sich für stärkere Sanktionen gegen Russland stark zu machen. Wer vom Heiligen Stuhl am WEF teilnehmen wird, ist unklar. Nach Informationen von kath.ch wird Kardinal Peter Turkson in Davos erwartet.

Kardinal Peter Kodwo Appiah Turkson.
Kardinal Peter Kodwo Appiah Turkson.

Turkson hatte in den letzten Jahren die wichtige vatikanische Entwicklungsbehörde geleitet. Nach internen Querelen berief Papst Franziskus kürzlich seinen Vertrauten Michael Czerny an die Spitze der Entwicklungsbehörde. Als Trostpflaster erhielt Peter Turkson den Posten des Kanzlers der Päpstlichen Wissenschaftsakademien.

Was wird nächste Woche wichtig? Ich freue mich über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Einen guten Start in die Woche wünscht Ihnen

Ihr

Raphael Rauch


«Public Eye» macht auf Verbindungen von Patriarch Kyrill zur Schweiz aufmerksam. | © kath.ch
16. Mai 2022 | 05:00
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