Soziologe: «Der Holocaust war ein Verbrechen gegen Juden – also etwas Partikulares»

«Schon der Apostel Paulus hat gesagt, es gibt keine Juden und keine Griechen, wir sind alle gleich unter dem Banner des Messias. Nur haben Juden immer darauf beharrt, Juden bleiben zu wollen, und wenn sie es taten, hatten sie ein Problem. So ist es noch immer. Nehmen Sie einen Juden wie mich. Wir reden wie Nichtjuden, wir ziehen uns an wie Nichtjuden, wir sind nicht mehr orthodox, viele von uns halten sich nicht an irgendwelche jüdischen Regeln, aber wir verstehen uns weiterhin irgendwie als Juden. Der politische Universalismus will diesen Unterschied auflösen. Früher sollte das im Namen von Jesus geschehen, heute unter dem Banner der weltweiten Gleichheit. (…) Der Holocaust war – aus jüdischer Perspektive – ein Verbrechen gegen Juden. Also ­etwas Partikulares. Die Kritiker ­Israels, von denen wir hier sprechen, versuchen die Vernichtung der europäischen Juden zu universalisieren. Sie zu einem Verbrechen zu machen, das in einer langen Reihe anderer – Verbrechen steht, zum Beispiel des Kolonialismus. Aber nicht nur in ­Israel besteht man auf der Beson­derheit.»

Der israelische Soziologe Natan Sznaider erklärt im Interview mit dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» vom 23. Juli, was Antisemitismus und Universalismus miteinander zu tun haben. (bal)


Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. | © Pixabay/cberens/Pixabay/cberens, Pixabay Licence
24. Juli 2022 | 14:37
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