Shia LaBeouf spielt Padre Pio im Film von Abel Ferrara.
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Nach den Dreharbeiten wurde der «Padre Pio»-Schauspieler katholisch

Padre Pio zählt zu den beliebtesten Heiligen Italiens. Derzeit feiert das Filmfestival in Venedig den Kapuziner mit dem Film «Padre Pio». Der Hauptdarsteller Shia LaBeouf wurde nach den Dreharbeiten katholisch.

Felicitas Kleiner

Anhängerinnen und Anhänger des 2002 heiliggesprochenen italienischen Kapuzinermönchs Pio von Pietrelcina könnten es als jüngstes Wunder verbuchen: Ausgerechnet der US-Schauspieler Shia LaBeouf, der zuletzt eher durch Skandale als durch Filme von sich reden machte, hat im Zuge seiner Vorbereitungen auf die Titelrolle in Abel Ferraras «Padre Pio» zum Glauben gefunden und ist zum Katholizismus konvertiert, wie er in einem Interview kundtat.

Stigmata selbst zugefügt?

Die Perspektive des Films auf den italienischen Volksheiligen ist allerdings nicht darauf ausgelegt, die Ungläubigen zu bekehren. Eigentlich lautet die Gretchenfrage an den Kapuziner, der 1887 als Francesco Forgione geborenen wurde: War er wirklich mit den Stigmata, den Kreuzigungsmalen Christi, gezeichnet – oder hat er sich die Wunden in betrügerischer Absicht selbst beigebracht? Die Wunden zeigten sich ab 1918 an seinen Händen, Füssen und am Brustkorb. Doch auch dafür scheint sich der Film nicht zu interessieren.

Abt Federer und Padre Pio mit seinen Wundmalen
Abt Federer und Padre Pio mit seinen Wundmalen

Was den Regisseur vielmehr fasziniert, ist dessen «Spiritualität des Kreuzes», eine Versenkung in und eine Identifikation mit den Leiden Christi, und der glühende Wunsch nach Sühne und Erlösung. Mindestens ebenso sehr geht es ihm um die zeitgeschichtliche Phase nach dem Ersten Weltkrieg, den «Biennio Rosso» 1919/1920, als Italien von heftigen politischen Unruhen geschüttelt wurde.

Die Versuche der Sozialisten, die teils noch feudalen Zustände zugunsten der Bauern und Arbeiter zu verbessern, kollidierten gewaltsam mit dem Anspruch der alten Machteliten und dem neu entstehenden Faschismus.

Anhänger der sozialistischen Partei erschossen

Einer dieser Zusammenstösse fand direkt vor Padre Pios Haustür statt. Im Oktober 1920 erschossen Polizeimilizen mehrere Anhänger der sozialistischen Partei, nachdem diese eine Lokalwahl gewonnen hatten und das Rathaus übernehmen wollten.

Die Handlung setzt damit ein, dass Padre Pio im Kapuzinerkloster Santa Maria delle Grazie im süditalienischen Gargano-Vorgebirge ankommt, wo er den Rest seines Lebens verbrachte, und springt dann ins Jahr 1918.

Die Männer von San Giovanni Rotondo kehren aus dem Krieg zurück. Die Wiedersehensfreude mischt sich mit der Trauer um jene, die gefallen oder vermisst sind, und dem Leid der Versehrten. In der Bevölkerung, die sich quasi als Leibeigene eines lokalen Grossgrundbesitzers durchs Leben schlägt, wächst der Wunsch nach Veränderung.

Erinnert an Filme von Pasolini

In szenischen Vignetten mit Porträts der von den Härten des Alltags gezeichneten Landarbeiter und Landarbeiterinnen, die an die Filme von Pier Paolo Pasolini erinnern, erzählt Ferrara davon, wie aus diesem Wunsch politisches Handeln wird.

Ein junger Mann, der in Bologna studiert hat, mobilisiert seine Mitbürger. Sie entscheiden sich, nicht wie kurz zuvor in Russland auf eine gewaltsame Revolution, sondern auf Wahlen und Mehrheiten zu setzen. Der Grossgrundbesitzer und seine Büttel beobachten diese Entwicklung mit Besorgnis. Sie sind ihrerseits durchaus bereit, auch die Waffen sprechen zu lassen. Und zwar mit geistlichem Segen!

Dass Padre Pio die erstarkende faschistische Bewegung in Italien offen unterstützt haben soll, wie der Historiker Sergio Luzzatto schon 2007 behauptete, greift Ferrara zwar nicht auf, lässt dafür aber einen anderen Priester auftreten, der vor dem Massaker von San Giovanni Rotondo die Waffen segnet.

Politische Unruhen

Und Padre Pio? Die Erzählung wechselt von den politischen Unruhen im Ort immer wieder ins Kloster, wo Pio in Zwiegesprächen mit Gott, den Mitbrüdern und Beichtenden, aber auch mit dubiosen Gestalten um seinen Glauben und seine Berufung ringt. LaBeouf spielt Pio als schmerzgebeutelten Mann, den die Erschütterungen der Zeit unter Strom setzen und der verzweifelt versucht, sie durch ein Einswerden mit den Leiden Christi zu etwas Heiligem zu transzendieren.

Am Ende kollidieren Einstellungen des betenden Padre Pio mit jenen, auf denen die Toten vor dem Rathaus von San Giovanni Rotondo zu sehen sind. Sie sind die wirklich Stigmatisierten, gegen deren Vergessen «Padre Pio» antritt. Ferrara hat den Film den Opfern dieses Massakers sowie den Menschen in der Ukraine gewidmet. (kna)


Shia LaBeouf spielt Padre Pio im Film von Abel Ferrara. | © Capstone Global
8. September 2022 | 11:12
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