Frater Paul Schneider im Kollegium Sarnen
Porträt

Mönch und Grossvater: Frater Paul Schneider weist Geldforderungen von Ex-Benediktiner zurück

Frater Paul Schneider lebt im Kollegium Sarnen OW und ist Ökonom des Klosters Muri-Gries. Der spät berufene Ordensmann wehrt sich gegen die finanziellen Ansprüche eines Ex-Benediktiners und baut eine neue Hausgemeinschaft auf. Er war früher Kadermann bei der Schweizerischen Kreditanstalt und erwartet nun sein zweites Enkelkind.

Regula Pfeifer

Frater Paul Schneider* führt mit grossen Schritten durch den langen, altehrwürdigen Klostergang. Der grossgewachsene Mann in schwarzer Mönchsbekleidung ist eine eindrückliche Gestalt. Ein Mann, der anpackt. Und der weiss, was er will.

Zuhause ist Paul im Benediktiner-Kollegium in Sarnen. An jenem Ort, von dem aus die Benediktinerpatres fast 150 Jahre lang die Kantonsschule nebenan führten.

Das klösterliche Gebäude ist auf der Eingangsseite unscheinbar und älter. Die übrigen Seiten sehen eindrücklich, langgezogen und frisch aus. Neben dem Konvent steht eine geschwungen-moderne Kirche. Darin finden regelmässig das Stundengebet und Gottesdienste statt.

Moderne Kollegiumskirche St. Martin: Hier leitet Frater Paul Schneider Gottesdienste
Moderne Kollegiumskirche St. Martin: Hier leitet Frater Paul Schneider Gottesdienste

Das Kloster Sarnen gehört kirchenrechtlich zum Kloster Muri-Gries, das im Südtiroler Bozen liegt. Frater Paul Schneider ist Ökonom beider Klöster. In Sarnen lebt er mit einem Mitbruder, Pater Benedikt Staubli, der sich aber im Moment nicht zeigt. Und mit ein paar anderen Menschen, wie sich später herausstellt.

Die beiden Mönche sind erst seit 2020 in Sarnen wohnhaft. «Wir haben aber beide in Sarnen die Kantonsschule besucht», sagt Frater Paul. Zuvor lebten sie im Kloster Muri-Gries in Bozen, also im Mutterhaus.  

Die Todesfalle

Von Muri-Gries nach Sarnen geschickt wurden sie, weil das Priorat auszusterben drohte. 2019 wohnten noch fünf Patres in diesen historischen Gemäuern. Doch alle waren fortgeschrittenen Alters. Und teilweise krank. Wie die Patres damals lebten, weiss Frater Paul nicht wirklich. «Ich denke aber, sie befanden sich in einer Resignationsphase.»

Frater Paul Schneider
Frater Paul Schneider

Dann kam die» Todesfalle», wie Frater Paul sagt. Das war in den Jahren 2020 und 2021. Damals starben einige Mitbrüder. Andere mussten ins Altersheim übersiedeln. Dort lebt aktuell noch ein Mitbruder der Sarner Benediktinergemeinschaft.

Neue Gemeinschaft im Aufbau

Frater Paul baut inzwischen an einer neuen Hausgemeinschaft. Und zwar an einer, die in der aktuellen Zeit angekommen ist. «Wir bieten Interessierten die Gelegenheit, mit uns zu leben», sagt er. Die Suche nach Gott sei weiterhin aktuell, ist der Benediktiner überzeugt. Diesbezüglich habe der Heilige Benedikt noch immer einiges zu sagen. Angestrebt werden soll die Möglichkeit, den beruflichen Erfolg mit dem spirituellen Leben zu verbinden.

«Das Haus wird sukzessive bespielt», sagt Frater Paul. «Der Fokus liegt auf Theologie und Spiritualität.» Rund sechs bis acht Personen wohnen laut dem Benediktiner «mehr oder weniger permanent hier». Darunter auch Frauen. Die Vorstellung, sich vor Frauen in Acht nehmen zu müssen, sei veraltet, sagt der Mönch. 

Option studentisches Wohnheim

Heutzutage wollen sich die Menschen nicht sofort binden, ist Frater Paul überzeugt. Deshalb will er eine Brücke bauen für Menschen, die das benediktinische Gemeinschaftsleben erst mal kennenlernen möchten. Zwei dieser Interessenten seien bereit, zwischenzeitlich ins Postulat in Muri-Gries einzutreten. Sie machen also einen weiteren Schritt in Richtung Ordensleben.

Das Benediktiner-Kollegium Sarnen
Das Benediktiner-Kollegium Sarnen

«Wir investieren auch einiges in die Infrastruktur», sagt Frater Paul. So könnte es später auch als studentisches Wohnheim verwendet werden. «Wir wollen primär selbst aufblühen», betont der Initiant der Wiederbelebung. «Schliesslich wird die Abtei Muri in vier Jahren 1000 Jahre alt.» Dies soll gebührend gefeiert werden.

Umorientierung nach Tod der Ehefrau

Frater Paul selbst ist mit seinen 68 Jahren ein junger Mönch. Erst 2018 ist er ins Kloster Muri-Gries eingetreten. Damals war er 63 und hatte sich frühpensionieren lassen. Fünf Jahre zuvor hatte er seine Frau an Krebs verloren.

2014 hatte er in Luzern ein Fernstudium Theologie angefangen – und so habe sich die Idee, ins Kloster einzutreten, langsam entwickelt, erzählt er.

Universität Luzern
Universität Luzern

Karriere in Wirtschaft und Militär

Theologie zu studieren sei für ihn bereits nach der Matura eine Option gewesen. Doch mit 20 entschied er sich für ein Wirtschaftsstudium. Zugleich machte er Karriere im Militär. Und er gründete eine Familie. Sein Sohn und seine Schwiegertochter erwarteten das zweite Kind, sagt der Mönch und strahlt.

Nach dem Studium arbeitete er bei einer Bank und einer Versicherung. Bei der Schweizerischen Kreditanstalt, der Vorgängerin der kürzlich übernommenen Credit Suisse, brachte er es in den 1980er- und 1990er-Jahren bis zum Regionalchef. Zu führen liegt ihm heute noch. Er tritt freundlich, aber bestimmt auf.

Crédit Suisse
Crédit Suisse

Damals sei die Bank noch bodenständig gewesen, sagt Frater Paul. Die spätere Suche nach dem raschen Geld sieht er als Hauptursache für den Niedergang der Traditionsbank am Zürcher Paradeplatz.

50 Personen auf Lohnliste des Klosters Muri-Gries

Mit Finanzen hat Frater Paul auch als Benediktiner zu tun. Er ist Ökonom des Klosters Muri-Gries – und reist deshalb immer wieder ins Südtirol. Er betont: «Die Klöster müssen sich selbst finanzieren. Sie müssen nach ähnlichen Gesichtspunkten geführt werden wie jedes andere Unternehmen.» Es gehe darum, Einkommen zu generieren – und dieses gezielt einzusetzen. Das Kloster Muri-Gries führe 50 Personen auf der Lohnliste.

Gerald Hochschild vor dem Kollegium und dem Konvent der Benediktiner in Sarnen OW
Gerald Hochschild vor dem Kollegium und dem Konvent der Benediktiner in Sarnen OW

Frater Paul ist auch mit einem finanziellen Streitfall beschäftigt. Der Ex-Benediktiner Gerald Hochschild fordert vom Kloster Muri mehrere hunderttausend Franken Entschädigung und hat dies vor dem Obwaldner Kantonsgericht deponiert. Dies für entgangene Lohneinnahmen, die das Kloster gemäss Hochschild verursacht hat.

Streitfall mit Ex-Benediktiner

Der Klosterökonom winkt ab. Die Forderung ist seiner Meinung nach unbegründet, weil Hochschild in seiner Zeit als Mitbruder permanent in Ausbildung gewesen sei. «Er muss nicht zahlen für das Erhaltene, erhält nun aber nichts mehr weiter.»

Zudem sei die Klage gegen das Kloster Muri-Gries nicht rechtens, weil das der falsche Adressat sei. Gemäss Frater Paul ist das Kloster Muri im 19. Jahrhundert vom Kanton Aargau aufgehoben und später zivilrechtlich nicht wieder eingerichtet worden. Nur kirchenrechtlich befinde sich der Sitz der ursprünglichen Abtei Muri in Gries, sagt Frater Paul. Beim Kloster Muri-Gries handle es sich zivilrechtlich um eine Neugründung von 1845 in Bozen. Daraus ergibt sich gemäss Frater Paul: «Zivil- und kirchenrechtlich müsste daher eine Klage gegen das Kloster Muri-Gries in Italien, respektive beim Heiligen Stuhl eingereicht werden.»

«Wir vom Priorat sind rechtlich unabhängig vom Kloster in Bozen», fügt der Frater an. Insofern sei auch das Kollegium Sarnen kein Adressat für solche Forderungen. Der Ökonom bleibt ruhig. Er kann sich nicht vorstellen, dass die Geldforderung gerichtlich durchkommt.

*Paul Schneider hat als Theologe doktoriert. Da seine ewige Profess noch ansteht, ist er noch kein Kleriker. Deshalb die Bezeichnung «Frater», statt «Pater».


Frater Paul Schneider im Kollegium Sarnen | © Regula Pfeifer
25. April 2023 | 05:00
Lesezeit: ca. 4 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!