Cartoon-Priester starrt auf Geld
Schweiz

Mit Täterfalle überführt: Wädenswiler Priester wegen Diebstahls freigestellt

Es klingt wie aus einem Krimi: In der Kollekte fehlt Geld. Die Kirchgemeinde schaltet die Polizei ein. Diese überführt dank Täterfalle eine Person, die niemand in Verdacht hatte: den Priester. Genauso ist es diese Woche in Wädenswil ZH passiert.

Annalena Müller

«Seit April ist uns eine Differenz in der Kollekte aufgefallen. Es war regelmässig weniger Geld drin als im Jahr davor. Wir haben schliesslich die Polizei eingeschaltet», sagt ein Mitglied der Kirchgemeinde Wädenswil ZH. Die Polizei nimmt den Vorfall ernst. Sie stellt dem Täter eine Falle und präpariert Geldscheine mit einer Chemikalie, die sich auf der Haut nachweisen lässt. Am 13. November überprüft sie alle Personen, die Zugang zur Kollekte haben. Die Chemikalie befindet sich nur an den Händen von Albert A. – dem Priester von Wädenswil.

Der Priester ein Dieb?

Damit hat in der Wädenswiler Kirchgemeinde niemand gerechnet. «Wir hatten jemanden in Verdacht», sagt das Kirchenmitglied, «aber nicht den Priester.» Danach geht alles ganz schnell. Am Montag wird Albert A. verhaftet. Die Nacht auf Dienstag verbringt er in Untersuchungshaft. Am Mittwoch wird das Bistum informiert und seit Donnerstag ist der Priester offiziell von allen Aufgaben entbunden.

Katholische Kirche und Pfarreizentrum Etzel in Wädenswil
Katholische Kirche und Pfarreizentrum Etzel in Wädenswil

Die Freistellung wird am Wochenende auch auf der Webseite der Katholischen Kirche Wädenswil bekanntgeben. Als Grund werden dort «finanzielle Unregelmässigkeiten» angegeben. Wie kath.ch erfahren hat, steht Albert A. im Verdacht, mehrere Tausend Franken entwendet zu haben. «Die genaue Summe kennen wir noch nicht», sagt eine Person, welche die Vorgänge aus nächster Nähe verfolgt hat. Es gehe um mindestens vier Couverts mit Geld, die gefunden wurden. Weitere könnten dazukommen.

Abruptes Karriereende

Erst im März 2023 hat Albert A. seine Stelle in Wädenswil angetreten. Laut Webseite der Kirchgemeinde studierte der aus dem Libanon stammende Priester Philosophie, Theologie sowie Kirchen- und Zivilrecht in Rom. Vor seinem Stellenantritt in Wädenswil sei er als Seelsorger, Kirchenrichter und Professor tätig gewesen, heisst es weiter.

Bischof Joseph Bonnemain
Bischof Joseph Bonnemain

Die Laufbahn des Priesters dürfte zumindest in der Schweiz zu Ende sein. Nicole Büchel, Kommunikationsbeauftragte des Bistums Chur bestätigt am Sonntag: Generalvikar Luis Varandas habe Bischof Joseph Maria Bonnemain am Mittwoch (15.11.) unterrichtet. Auch der Inkardinationsbischof von Albert A. sei über die Vorwürfe informiert worden. Albert A. sei sofort die Missio entzogen worden.

Unklares Motiv

Aktuell unklar sind sowohl das Motiv des Priesters als auch die genaue Höhe der entwendeten Summe. Der Priester selbst gebe lediglich zu, die 300 Franken genommen zu haben, deren chemischen Spuren an seinen Händen nachgewiesen wurden. Vorgeworfen wird ihm Veruntreuung in mindestens vier Fällen und in einer Höhe von mindestens 3000 Franken.

Innenansicht der katholischen Kirche Wädenswil
Innenansicht der katholischen Kirche Wädenswil

Beide Summen erscheinen bei dem Jahresgehalt eines Vikars von gut 100’000 Franken gering. Er habe mehr mit dem Herz als mit dem Kopf gedacht, soll Albert A. bei der Befragung gesagt haben. Das Geld habe er nicht für sich verwendet, sondern einer bedürftigen Familie gegeben. Eine Quittung für die gute Tat scheint er nicht vorlegen zu können. Es gilt die Unschuldsvermutung.


Cartoon-Priester starrt auf Geld | © kath.ch
19. November 2023 | 16:22
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