Karin Iten
Zitat

«Liturgischer Missbrauch»: Ist der Begriff angemessen, Karin Iten?

«Das Wort Missbrauch sollte gerade in der katholischen Kirche nicht inflationär gebraucht werden. Aus der Perspektive der Prävention sprechen wir von Missbrauch, wenn die Integrität eines Menschen zutiefst verletzt wird, das heisst, wenn der innerste Kern rund um Sexualität und Spiritualität einschneidend tangiert wird, meist mit schwerwiegenden und langfristigen Traumafolgeschäden. 

Im aktuellen katholischen Kontext von Missbrauch zu sprechen, wenn ein liturgischer Ablauf nicht gewahrt wird, hinterlässt deshalb bei mir einen schalen Nachgeschmack. Als Präventionsbeauftragte erachte ich den inflationären Gebrauch des Wortes Missbrauch als höchst problematisch. 

Darüber hinaus wirft die Situation zugleich kritische Fragen auf: Ist der katholischen Kirche der starre Ablauf wichtiger als die beteiligten Menschen? Diese gingen ja sichtbar gestärkt, wertgeschätzt und verbunden aus dieser Abschiedsfeier. Ist ein enggeführter liturgischer Ablauf nicht genau umgekehrt Teileines toxischen Systems, das Menschen ohne Weihe kleinhält und damit in ihrer Würde verletzt? Wo Macht tangiert wird, bäumt sie sich auf.»

Karin Iten ist Präventionsbeauftragte des Bistums Chur. Sie antwortet auf Anfrage von kath.ch, ob Bischof Joseph Bonnemains Wortwahl «liturgischer Missbrauch» angemessen sei. Zuvor hatten Userinnen und User von kath.ch auf Facebook diese Frage gestellt.

Die Seelsorgerin Monika Schmid hat nach eigenen Angaben bei einer Eucharistiefeier konzelebriert. Bischof Joseph Bonnemain wertet dies als «liturgischen Missbrauch» und hat eine kanonische Voruntersuchung eröffnet. (rr)


Karin Iten | © Christian Merz
4. September 2022 | 05:13
Lesezeit: ca. 1 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!