Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas.
International

Liechtenstein stellt das «Volksblatt» ein: Was bedeutet das für Erzbischof Wolfgang Haas?

Das «Volksblatt» in Liechtenstein wird eingestellt. Das sei ein schlechter Tag für die Meinungsvielfalt, findet der Theologe Günther Boss. Denn nun habe das «Vaterland» eine Monopolstellung.

Jacqueline Straub

Künftig wird es nur noch eine Tageszeitung im Fürstentum Liechtenstein geben: Das Liechtensteiner «Vaterland». Der Verwaltungsrat der Liechtensteiner Volksblatt AG hat beschlossen, diese zu liquidieren. «Es war gut, dass das Land zwei Zeitungen hatte, die sich gegenseitig korrigiert haben», sagt der Theologe Günther Boss.

Der Theologe Günther Boss in Vaduz
Der Theologe Günther Boss in Vaduz

Günther Boss engagiert sich im Verein für eine offene Kirche in Liechtenstein und gehört zu den schärfsten Kritikern des umstrittenen Erzbischofs Wolfgang Haas. Günther Boss sagt, er habe zu beiden Redaktionen ein gutes Verhältnis gepflegt – und beide Zeitungen hätten Berichte vom Verein für eine offene Kirche abgedruckt.

Doch: Das nun verbleibende «Vaterland» stehe dem Erzbischof und dem Erzbistum Vaduz historisch gesehen wohlwollender gegenüber. Früher sei das deutlich ausgeprägter gewesen als heute, sagt Günther Boss. So gebe es einen 80-jährigen freien Mitarbeiter, der zu den Feiertagen Artikel im «Vaterland» veröffentliche – oft handle es sich dabei um Plagiate.

«Er ist ein grosser Verehrer von Erzbischof Wolfgang Haas», sagt Günther Boss. «Er betreibt seit Jahren einen Kampagnenjournalismus für den Erzbischof.» Zugleich räumt Günther Boss ein, dass die jetzige «Vaterland»-Redaktion «auf zack» sei und auch über den Fall Thomas Jäger berichtet habe.

Der Priester des Erzbistums Vaduz steht am kommenden Dienstag wegen Kinderpornografie vor Gericht. Auch gibt es ein zweites Verfahren, weil er eine Ministrantin im Brustbereich massiert haben soll. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Erzbischof Wolfgang Haas an der Abdankung von Fürstin Marie von und zu Liechtenstein.
Erzbischof Wolfgang Haas an der Abdankung von Fürstin Marie von und zu Liechtenstein.

Die künftige Monopolstellung der Zeitung «Vaterland» sieht Günther Boss kritisch: «Ich finde es schwierig, dass einige Personen in verantwortlichen Positionen im Medienhaus AG bekennende Haasianer sind», sagt Günther Boss. So sei ein «findiger Geschäftsmann» der «beste Freund» von Haas. Dieser sei viele Jahre Verwaltungsratspräsident in der Vaduzer Medienhaus AG gewesen und sitze zugleich im diözesanen Vermögensverwaltungsrat des Erzbistums Vaduz.

CEO: Liechtensteiner Vaterland berichtet objektiv

Daniel Bargetze, CEO der Vaduzer Medienhaus AG, möchte sich nicht dazu äussern, wie er zu Erzbischof Wolfgang Haas steht. «Das spielt für die Medienlandschaft in Liechtenstein absolut keine Rolle.» Das Liechtensteiner Vaterland berichte objektiv «unter Einbezug aller Meinungen». Er fügt hinzu: «Unsere Redaktion arbeitet selbstständig. Ich habe mich nie in die Berichterstattung eingemischt.» Ob die Einstellung des «Volksblatts» Auswirkungen auf das Erzbistum Vaduz habe, müsse das Erzbistum selbst beurteilen. 

Den Vorwurf von Günther Boss, es gebe eine gewisse Nähe zwischen dem CEO und dem angeklagten Priester Thomas Jäger, was die Berichterstattung beeinflusst haben könnte, weist Daniel Bargetze zurück: «Unsere Zeitung hat den Fall aufgedeckt. Ich weiss daher wirklich nicht, warum hier etwas konstruiert werden soll.»

Volksblatt-Journalisten künftig beim Liechtensteiner Vaterland

Kann sich Erzbischof Wolfgang Haas nun über die Einstellung des «Volksblatts» freuen? «Nicht unbedingt», sagt Günther Boss. «Einige Redaktoren vom Volksblatt arbeiten künftig beim Vaterland.» Zudem gebe es in der jetzigen Redaktion des Vaterlands kaum Journalistinnen und Journalisten, die sich für die Kirche interessierten oder mit investigativen Recherchen auffielen, sagt der Theologe.

Kathedrale St. Florin in Vaduz
Kathedrale St. Florin in Vaduz

Spannende Recherchen kommen laut Günther Boss aus dem Ausland – etwa von kath.ch, SRF, der «Süddeutschen Zeitung» und wohl bald dem «Spiegel. «Ein Spiegel-Journalist war kürzlich in Liechtenstein und wollte eine Messe von Erzbischof Wolfgang Haas besuchen. Die Schwestern in Schellenberg haben ihn rausgeworfen», berichtet Günther Boss.

Für die kirchliche Medienarbeit werde sich durch die neue Monopolstellung des «Vaterlands» wenig ändern, vermutet Günther Boss: «Seit Jahren gibt Erzbischof Wolfgang Haas keine Interviews mehr. Nicht einmal den Liechtensteiner Medien.»

03.03.2023, 21.45 Uhr: Wir haben den Artikel um Aussagen von CEO Daniel Bargetze ergänzt.


Erzbischof von Vaduz, Wolfgang Haas. | © Erzbistum Vaduz
2. März 2023 | 16:45
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