Ein Knabe spielt Kirchenorgel.
Schweiz

Kirchenmusikschule lanciert Orgelunterricht für Kinder im Linthgebiet

Neu können im Linthgebiet bereits Achtjährige Orgelspielen lernen. Das Kinderpedal macht es möglich. «Unser Angebot ist eine Kombination von Klavier- und Orgelunterricht», sagt Esther Hobi, Leiterin der regionalen Kirchenmusikschule. Der Kirchenmusiker Mario Pinggera begrüsst das neue Angebot, findet aber, Kinder sollten erst mit Klavierunterricht beginnen.

Barbara Ludwig

Wer mit dem Orgelspiel beginnt, hat meist schon mehrere Jahre Klavierunterricht besucht. Und ist dem Kindesalter entwachsen: Kinderbeine sind zu kurz, um die Pedaltasten der Orgel zu betätigen. Abhilfe schaffe könne aber ein sogenanntes Kinderpedal, sagt Esther Hobi. Die Organistin aus Uznach SG leitet die Diözesane Kirchenmusikschule St. Gallen Region Linth.

Esther Hobi leitet die Diözesane Kirchenmusikschule im Linthgebiet.
Esther Hobi leitet die Diözesane Kirchenmusikschule im Linthgebiet.

«Das Kinderpedal funktioniert mit einzelnen Orgeltasten, die man auf die bestehenden Pedale aufsteckt. Man braucht nicht für jedes Musikstück die ganze Pedalklaviatur, sondern kann sich auf die Töne beschränken, die in einem bestimmten Stück vorkommen», erklärt Hobi.

Orgelunterricht in der Kirche

Von dieser neueren Entwicklung will nun die Kirchenmusikschule im Linthgebiet profitieren. Künftig bietet sie Orgelunterricht als Erstinstrument für Kinder ab acht Jahren an. «Es ist eine Kombination von Klavier- und Orgelunterricht, zu dem uns Orgellehrerinnen und -lehrer in Sursee inspiriert haben», so Hobi.

Der Orgelunterricht findet in der Kirche statt, konkret in der katholischen Kirche von Jona SG. Die Kinder üben zuerst zuhause auf dem Klavier. Nach ein oder zwei Semestern vermittle man den Kindern einen festen Termin zum Üben in der Kirche, sagt die Leiterin der regionalen Kirchenmusikschule.

«Die Tradition, dass Kinder das Orgelspiel gemeinsam mit ihrer Familie in der Kirche erleben, bricht ab.»

Esther Hobi, Diözesane Kirchenmusikschule Region Linth

Mit dem Unterrichtsangebot wolle man sich vor allem für das Instrument Orgel engagieren, sagt Esther Hobi. Die Organistin befürchtet, dass das Instrument aus dem Bewusstsein der Menschen verschwinde. «Die Tradition, dass Kinder das Orgelspiel gemeinsam mit ihrer Familie in der Kirche erleben, bricht ab», stellt sie fest. «Die Orgel ist ein solch tolles Instrument. Sie vereint Kunst und Kunsthandwerk.» Es wäre schade, wenn das Orgelspiel verloren ginge. Sie persönlich hofft, dass es auch künftig weiterhin Organistinnen und Organisten gebe, die mit Orgelmusik andere Menschen berührten.

Kinderpedal für eine Orgel, hergestellt von Orgelbau Späth Rüti ZH.
Kinderpedal für eine Orgel, hergestellt von Orgelbau Späth Rüti ZH.

Die Koordination von Händen und Füssen ist beim Orgelspiel ziemlich komplex. Deshalb habe man früher das Notenlesen und Spiel mit zwei Händen vorausgesetzt, so Hobi. Doch diese Vorstellung sei unterdessen überholt. Die Kolleginnen und Kollegen in Sursee LU haben laut Hobi eine besondere Didaktik entwickelt, um Kindern die Instrumente Klavier und Orgel in Kombination zu unterrichten. Dieses Modell übernehme man nun auch im Linthgebiet.

Präsentation der Orgel in Jona

Kommenden Samstag stellt die Kirchenmusikschule ihr Angebot im Zusammenarbeit mit der Musikschule Rapperswil-Jona vor. Zwischen 12 und 14 Uhr können Kinder in Begleitung einer Bezugsperson in der katholischen Kirche von Jona die Orgel erleben und ausprobieren. Noch hat sich laut Hobi niemand für einen Beratungstermin angemeldet. Im Hinblick auf die Präsentation hat die Kirchenmusikschule ein Schnupper-Abo lanciert, das fünf Orgellektionen à 30 Minuten umfasst. Hier gibt es bereits eine Anmeldung.

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Mario Pinggera benötigte eine Konsole

Pfarrer Mario Pinggera (*1969) ist Kirchenmusiker und spielt selber auch Orgel. Mit acht Jahren begann er, Orgelunterricht zu nehmen, parallel zum Klavierunterricht. Damals gab es noch kein Kinderpedal. «Es war schwierig. Mit acht erreicht man das Pedal nicht. Man fertigte für mich eine Konsole an. Damit wurde die gesamte Pedalklaviatur angehoben», sagt Pinggera auf Anfrage.

Mario Pinggera, Kirchenmusiker und Organist.
Mario Pinggera, Kirchenmusiker und Organist.

Der Kirchenmusiker begrüsst das neue Angebot im Linthgebiet. «Grundsätzlich begrüsse ich alles, was mit Musik zu tun hat.» Trotzdem und ungeachtet seiner eigenen Erfahrung findet er es besser, zuerst mit Klavierunterricht zu beginnen und erst später die Orgel dazu zu nehmen.

«Solange ein Kind Freude am Üben und Spielen hat, sehe ich kein Problem.»

Mario Pinggera, Organist

«Es ist sinnvoll, wenn man zunächst eine fundierte Ausbildung auf dem Klavier hat. Wegen der Technik.» Beginne man beide Instrumente gleichzeitig, so verdopple sich der Aufwand. «Beherrscht man einmal das ‹Wohltemperierte Klavier› von Bach, ist man gut gerüstet für die Orgel», findet Pinggera.

Das «Wohltemperierte Klavier» von Bach ist eine Sammlung von Präludien und Fugen. Je nach Begabung brauche man zwei bis vier Jahre, um diese Klavierstücke zu beherrschen. «Solange ein Kind Freude am Üben und Spielen hat, sehe ich aber kein Problem darin, mit beiden Instrumenten gleichzeitig zu starten. Man darf Kinder einfach nicht überfordern.»


Ein Knabe spielt Kirchenorgel. | © zVg
21. März 2024 | 16:16
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