Eine Protestaktion der Letzten Generation.
Schweiz

Katholischer Klima-Kleber: «Frechheit, dass normal demonstrieren nicht mehr ausreicht»

Der Katholik Niki gehört der «Letzten Generation» an. Zusammen mit anderen Klima-Klebern blockierte er am Mittwoch die Grenzbrücke zwischen Österreich und Schweiz. Es kam zu einer «beängstigenden» Situation. Für ihn ist der Einsatz fürs Klima eine Art Märtyrertum.

Jacqueline Straub

Sonntags ist Niki* immer wieder in der katholischen Kirche anzutreffen. Er ist seit 30 Jahren Lektor in seiner Heimatpfarrei. Doch nicht nur die Kirche ist ihm wichtig. Auch das Klima. Der zweifache Vater macht sich Sorgen um die Zukunft der Schöpfung. Deswegen hat er sich den Umweltschutzbewegungen «Extinction Rebellion» und der «Last Generation» angeschlossen.

Klima-Kleber auf der Grenzbrücke
Klima-Kleber auf der Grenzbrücke

Am Mittwoch blockierten Klima-Kleber die Grenzbrücke Lustenau (Österreich) – Au (Schweiz). Mit dabei war auch Niki. Er dokumentierte die Protestaktion durch Videos und Bildaufnahmen. Wenn es notwendig gewesen wäre, hätte er sich ebenfalls auf die Strasse geklebt. «Aus Solidarität gegenüber allen jungen Menschen», sagt er.

Auch wenn Niki bei der Aktion am Mittwoch nicht auf der Strasse klebte, weiss er, wie es ist. Auf einem «Klebetraining» liess er sich am Boden fixieren. Die Vorbereitung sei wichtig, damit beim Protest keine Panik entsteht.

Schöpfung retten

«Wir sind die erste Generation, die alle Fakten zur bevorstehenden Klimakatastrophe kennt und Zugang dazu hat. Gleichzeitig sind wir die letzte Generation, die noch eine Chance hat, die Schöpfung durch bewusstes, zielstrebiges und rasches Handeln zu retten», sagt Niki.

Der Katholik empört sich, dass die junge Generation den älteren Menschen erklären muss, in welcher prekären Lage die Menschheit ist. Auch dass harte Geschütze wie das Ankleben auf einer Strasse notwendig seien. «Es ist eine Frechheit, dass es nicht reicht, wenn Wissenschaftler jahrelang auf die kommende Klimakatastrophe hinweisen. Es nicht reicht ‹normal› zu demonstrieren, Petitionen zu unterschreiben und mit Politikern zu reden.»

Erst kleben, wenn Polizei da ist

Geklebt wird erst, wenn die Polizei in Sichtweite ist. «Davor ist es unter Umständen zu gefährlich», sagt Niki. Die «Support-Menschen» schauen davor und während des Polizeieinsatzes, dass alles gewaltfrei vonstatten geht. Sie versuchen die Situation zu deeskalieren, «um so die Kleber gegebenenfalls zu schützen».

Am Mittwoch sei es bei der zweistündigen Protestaktion zu einer «beängstigenden» Situation gekommen, so Niki. Ein Autofahrer fuhrt rasant auf eine Klima-Kleberin zu und rammte sie am Knie.

Als am Mittwoch auf der Grenzbrücke die Polizei eintraf, habe sich die Situation entspannt, so der Katholik. Der Verkehr konnte gut umgeleitet werden. Und die Klima-Kleberinnen und -Kleber konnten sich selbstständig von der Strasse entfernen. Keiner wurde von der Polizei abgeführt. «Es sind keine Strafen zu erwarten», sagt Niki.

Luftaufnahme der besetzten Grenzbrücke.
Luftaufnahme der besetzten Grenzbrücke.

Für den Katholiken ist der Einsatz fürs Klima eine Art Märtyrertum. Er sieht darin ein «Bekenntnis zur Schöpfung». Den Tod würde keiner der Klima-Kleber in Kauf nehmen. Eine kurze Haft und Geldstrafen wären hingegen in Ordnung, sagt Niki. «Bei längerer Haft, die über mehrere Wochen oder Monate geht, wird es schon schwieriger.»

Dennoch hört Niki zuweilen immer wieder Stimmen, die selbst einige Monate Haftstrafe auf sich nehmen würden, sofern sie andere Menschen für die Protestaktionen motivieren könnten. 

*Nachname ist der Redaktion bekannt.


Eine Protestaktion der Letzten Generation. | © zVg
28. April 2023 | 17:10
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