Kardinal Koch: Ökumenisches Warten auf ein gesamtorthodoxes Konzil

Einsiedeln SZ, 22.5.12 (Kipa) Stolperstein in der Beziehung zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche ist nach wie vor der Papst-Primat, erklärte Kardinal Kurt Koch in einem Interview mit der Presseagentur Kipa in Einsiedeln SZ. Es müsse jetzt ein gesamtorthodoxes Konzil abgewartet werden, um entscheidende ökumenische Schritte tun zu können. – Kardinal Kurt Koch weilte am 20. Mai aus Anlass einer Wallfahrt des Hilfswerks Kirche in Not in Einsiedeln.

2007 fand in Ravenna (Italien) eine Tagung der gemischten internationalen Kommission für den theologischen Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und der orthodoxen Kirche statt. Dabei sei man einer Übereinkunft über die Frage des Primates des Bischofs von Rom nahe gewesen, sagte Koch.

Erstmals bestätigten damals die seit 1054 getrennten Kirchen in einem gemeinsamen Experten-Dokument, dass es nach der Tradition der Kirche auch auf Universal-Ebene eine Vorrangstellung eines «Ersten» gebe, wie sie während des ersten Jahrtausends der Bischof von Rom innehatte. – Das Dokument trug den Titel «Kirchliche und kanonische Konsequenzen der sakramentalen Natur der Kirche – Kirchliche Communio, Konziliarität und Autorität».

In dem 46 Punkte umfassenden Dokument von Ravenna stimmten beide Seiten überein, dass Rom in der Ordnung der ungeteilten Kirche des ersten Jahrtausends «die erste Stelle einnahm und dass der Bischof von Rom deshalb der Erste unter den Patriarchen war». Er rangierte an erster Stelle der fünf grossen Sitze von Rom, Konstantinopel, Alexandria, Antiochien und Jerusalem. Allerdings bleibe weiterhin offen, wie dieser Primat auf Universal-Ebene ausgeübt werden sollte, so der Text.

Man sei «uneinig in der Interpretation der historischen Belege aus dieser Zeit über die Vorrechte des Bischofs von Rom als Erster». Der Primat auf Lokal-, Metropolitan- und Universalebene sei eine Praxis, die fest in der kanonischen Tradition der Kirche gründet, so die gemeinsame Erklärung. Aber «während die Tatsache des Primats auf der universalen Ebene von beiden, Ost und West, akzeptiert wird, gibt es Unterschiede des Verständnisses in Bezug auf die Weise, in der er ausgeübt werden soll und auch in Bezug auf seine biblische und theologische Begründung.»

Ablehnung durch Moskauer Patriarchen

Im März 2011 hat jedoch der russisch-orthodoxe Patriarchen Kyrill I. laut Kardinal Koch erklärt, dass er das Dokument von Ravenna nie gutheissen werde. Deshalb gebe es jetzt keine andere Lösung, als die Arbeiten des künftigen panorthodoxen Konzils abzuwarten, erklärte Koch. Dessen Ergebnisse würden wichtig für die Zukunft der Ökumene sein.

Die Vorbereitungsarbeiten für die Durchführung eines panorthodoxen Konzils haben vor einem halben Jahrhundert begonnen. Ein Konzil würde erstmals seit über 1.100 Jahren die 14 orientalischen orthodoxen Kirchen versammeln.

Der Schweizer Kurt Koch, vormals Bischof des Bistums Basel, ist seit dem 1. Juli 2010 Präsident des päpstlichen Einheitsrates im Vatikan. Er folgte auf den deutschen Kardinal Walter Kasper. Papst Benedikt XVI. wählte Kurt Koch nicht zuletzt wegen dessen guten Kenntnissen der reformierten Kirchen.

(kipa/be/arch/job)

22. Mai 2012 | 17:28
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