Junge Österreicherin packt Chance als Frau im Bistum St. Gallen
Ines Schaberger (28) ist der Liebe wegen in die Schweiz gekommen. Nun merkt sie: St. Gallen bietet ihr bessere Chancen als Frau in der Kirche als Österreich. Aktuell ist sie Geschäftsführerin des St. Galler Bistumsjubiläums, Podcasterin von Fadegrad und Seelsorgerin in Gossau.
Regula Pfeifer
«Ich liebe Kaffeehäuser, da bin ich ganz Wienerin», sagt Ines Schaberger in ihrem österreichisch geprägten Hochdeutsch. In einem Kaffeehaus wollte sie sich treffen – für das Porträt-Gespräch über sie. Lächelnd wartet sie am Freitagmorgen im Klosterbistro gleich hinter der Kathedrale St. Gallen.
Das Kaffeehaus: Wo man einfach sein kann
«Das Kaffeehaus ist ein Ort, an dem man einfach sein kann», sagt Ines Schaberger. «Man bestellt einen Kaffee und kann Stunden dort verbringen.» Die junge Theologin hat zu Studienzeiten im Kaffeehaus bei einer Wiener Melange mit Freundinnen gequatscht, mit Kolleginnen und Kollegen über Vorlesungen diskutiert und Semesterarbeiten geschrieben.
Ihre erste Arbeit handelte vom Kaffeehaus als theologischen Ort. Sie beschrieb darin das Kaffeehaus als Ort, an dem man «nichts leisten muss». Auch den Einsatz gewisser Kaffeehäuser für fair produzierten Kaffee thematisierte sie als aktive Nächstenliebe.
«Wenn ich allein einen Kaffee trinken gehe, ist das für mich eine Form des Gebets.»
Auch für Ines Schabergers Glaubensleben ist das Kaffeehaus wichtig. «Wenn ich da allein einen Kaffee trinken gehe, ist das für mich eine Form des Gebets», sagt sie. Und das macht sie oft, auch in St. Gallen. «Zum Glück gibt’s hier ein paar schöne Kaffeehäuser», so Schaberger. «Das Kafi Franz hat sogar Wiener Apfeltorte, dort bin ich selig».
Liebe gefunden in den Schweizer Bergen
In Kaffeehäusern hat sie auch «wichtige Lebensentscheidungen getroffen». Eine davon ist wohl auch ihre Heirat und ihr Umzug in die Schweiz. Ines Schaberger wohnt in einer Vierer-WG in St. Gallen: mit ihrem Mann René, einem befreundeten Theologen und dessen Partnerin. Ihr Mann René Schaberger ist Assistent an der Theologischen Hochschule Chur.
Kennen gelernt haben sich die beiden – er hiess damals noch René Ochsenbein – über den Think Tank Theology (TTT), ein Netzwerk Theologiestudierender der ganzen Schweiz, als sie für ein Austausch-Semester an der Uni Freiburg weilte. Beide nahmen am selben Bergwochenende des TTT teil.
Vom Podcast zum Bistumsjubiläum
In der Schweiz beruflich eingestiegen ist Ines Schaberger über den ökumenischen Podcast Fadegrad. Die junge Theologin übernahm im Februar 2020 die Leitung der früheren FM1-Radiosendung «Gott und d’Wält». Dies als Mutterschaftsvertretung für die Theologin Charlotte Küng-Bless, die auch als Mitinitiantin der Junia-Initiative bekannt ist. Danach durfte Ines Schaberger bleiben. Sie baute die Radiosendung zum Podcast um.
Da leitet sie nun ein Team von fünf Personen – in einer 20-Prozent-Anstellung. Seit Herbst 2020 ist Ines Schaberger auch Geschäftsführerin des Bistumsjubiläums – auch dies eine 20-Prozent-Aufgabe. Sie vernetzt die Teams, die das Jubiläum vorbereiten, und unterstützt bei der Kommunikation.
Und sie hat dafür gesorgt, dass junge Menschen ein Programm erhalten. «Darauf bin ich stolz», sagt Ines Schaberger.
Junge ins Boot geholt
Die jungen Christinnen und Christen sind nun eingeladen zu «Bistumsjubiläum meets Weltjugendtag» am 22. April in St.Gallen – einem Festivalabend mit Konzerten, Food-Ständen und Speakern. Und sie sind aufgefordert, Kirche der Zukunft zu gestalten beim Projekt «Churching». Ein Treffen mit Bischof und der Bistumsleitung findet am Samstagnachmittag vor der Nacht der Lichter, am 26. November, statt. An beiden Anlässen wirkt Ines Schaberger aktiv mit, bei ersterem mit einem Workshop.
«Das Bistum St. Gallen bietet Frauen ideale Arbeitsbedingungen.»
«Das Bistum St. Gallen bietet Frauen ideale Arbeitsbedingungen», sagt Ines Schaberger. «Da wird einem etwas zugetraut.» Als Seelsorgerin in Berufseinführung in Gossau durfte sie vor Kurzem einen Gottesdienst vorbereiten. Und dabei nicht nur predigen, sondern auch das Evangelium selbst vortragen. «Das wäre in meiner Heimatdiözese undenkbar», sagt Ines Schaberger.
Journalismus als zweites Standbein
In Österreich hatte die studierte Religionspädagogin und Theologin die Seelsorge bereits abgeschrieben und sich ein zweites Standbein aufgebaut: Sie bildete sich nebenher zur Journalistin aus und machte verschiedene Praktika, im Radio, Lokaljournalismus und bei einer Nachrichtenagentur, darunter ein zweimonatiges Volontariat bei Vatican News in Rom.
«Der Seelsorgeweg ist wieder offen.»
Sie hatte schon eine Stelle als Journalistin in Wien. «Da kam die Liebe dazwischen», sagt sie. In St. Gallen merkt sie nun: «Der Seelsorgeweg ist wieder offen.» Deshalb sei sie nun beruflich aufgesplittet zwischen Kommunikation und Seelsorge. «Ich kann mir jetzt neu die Frage stellen: Was möchte ich eigentlich machen?», sagt Ines Schaberger.
Fingerspitzengefühl und gute Kommunikation
Sie selbst findet: «Seelsorge und Journalismus haben viel gemeinsam.» So brauche es bei Interviewgesprächen besonders bei schwierigen Themen «viel Fingerspitzengefühl». Und in der Seelsorge brauche es ein Wissen, «wie man gut kommuniziert». Bei beiden gehe es darum, komplizierte Sachverhalte auf den Punkt zu bringen – ohne in ein Schwarz-Weiss-Denken zu verfallen. Und bei beiden sei es von Vorteil, mit Social Media umgehen zu können.
Das tut Ines Schaberger denn auch. Dank ihr sind der Podcast, das Bistumsjubiläum und die Familienpastoral von Gossau auf Instagram präsent – oft mit witzigen Kurzvideos, nach dem Vorbild von Tiktok. Sie zückt das Handy und zeigt ein paar davon. Aber auch Meinungen holt sie so rein. Kürzlich etwa zu einer Predigt, die sie halten sollte.
Ihre Freizeit verbringt Ines Schaberger nicht nur im Kaffeehaus. Sie liest auch gern, geht spazieren und raus in die Natur. Und sie schätzt das gemeinschaftliche Leben in ihrer Vierer-WG. Donnerstags ist Einlade-Abend. Da lädt jede und jeder ein, wen er oder sie will. Und gemeinsam wird für alle gekocht. «Unser WG-Leben hat uns den Einstieg in St. Gallen während der Corona-Zeit sehr erleichtert», sagt Ines Schaberger. Die behördlichen Vorgaben hätten sie dabei natürlich eingehalten.
Und da sind immer noch Freunde und Verwandte in Österreich. Die besucht Ines Schaberger – nach coronabedingter Einschränkung – nun wieder regelmässig. Für den Sommer ist auch ihre kirchliche Hochzeit geplant – in einer Kapelle im Stift Melk in der österreichischen Region Wachau. «Die Melker Stiftskirche ist eine Barockkirche wie die Kathedrale St. Gallen», sagt sie dazu.
In Melk hat Ines Schaberger das Stiftsgymnasium besucht. Da brachte sie der Religionslehrer, ein Benediktiner und Universitätsprofessor, auf den Geschmack, den Glauben theologisch zu ergründen.
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