Italiens Kirchen initiieren humanitären Korridor nach Europa

Rom, 17.12.15 (kath.ch) Asylsuchende, die über den Libanon, über Äthiopien oder über Marokko nach Europa wollen, brauchen künftig nicht unbedingt mehr ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Die römische Basisgemeinschaft Sant’Egidio, auch «UNO von Trastevere» genannt, hat zusammen mit der Föderation Evangelischer Kirchen Italiens (FCEI) die Idee eines humanitären Korridors entwickelt: Frauen, Kinder und Behinderte, die in grösster Not sind, sollen in diesen Ländern Einreisevisa nach Italien erhalten.

Mit einer Million Euro sollen zunächst Aufnahme und Integration von 1000 Menschen möglich gemacht werden, wie Radio Vatikan am Mittwoch, 16. Dezember, im Anschluss an eine ökumenische Pressekonferenz in Rom berichtete. Die Schutzsuchenden sollen demnach auf ihrer Reise von Nahost beziehungsweise Nordafrika nach Italien begleitet und dann zunächst von Sant’Egidio aufgenommen werden.

«Es wird dabei kein Problem mit der Sicherheit geben», versprach der Präsident der Basisgemeinschaft, Marco Impagliazzo. «Anders als bei den Menschen, die in Boote steigen, werden unseren Schützlingen schon in unseren Büros vor der Abreise die Fingerabdrücke abgenommen werden. Für uns ist das ein schöner Start ins Jahr der Barmherzigkeit, denn die Aufnahme von Flüchtlingen ist ja eines der Werke der Barmherzigkeit.» Die Aktion solle die Flüchtenden vor Todesgefahren auf dem Meer wie auch vor finanzieller Ausbeutung durch den Menschenhandel schützen.

Zusammenarbeit mit italienischen Behörden

Im Januar soll das Projekt starten. Zugute kommen soll es den Verwundbarsten und Schwächsten, weshalb in den nun startenden Büros in den Abreiseländern Listen mit «bedürftigen» Personen zusammengestellt werden. Die Namen werden den Behörden der italienischen Konsulate übergeben, um dann Visa «für ein begrenztes Territorium» (also allein für Italien) auszustellen. Beteiligt ist auch das italienische Innenministerium.

Einmal in Europa, dürfen die Geretteten Italien nicht verlassen. Die Aufnahme erfolgt in Piemont, Sizilien, der Toskana und in Rom. Hier wird den Flüchtlingen ein Integrationsprogramm angeboten mit Sprachkursen, Arbeitsvermittlung und Unterstützung beim Schulbesuch für die Minderjährigen.

Verbände übernehmen Reisekosten

FCEI-Präsident Luca Negri sieht einen Vorbildcharakter für Europa: «Das ist ein ökumenisches Projekt in dem Sinn, dass wir es in Zusammenarbeit mit den Kirchen von ganz Europa durchführen. Die Kirchen, Verbände und NGOs in anderen Ländern Europas werden dann ähnliche Projekte entwickeln.»

Neben Unterbringung und Rechtsbeistand werden auch die Reisekosten für Flug oder Schiff laut Negri von den Projektträger-Verbänden übernommen. Ein Teil der Finanzen komme aus den Kirchenbeiträgen der Waldenser und Methodisten in Italien. (kap)

17. Dezember 2015 | 18:08
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