Ewige Anbetung in der Leonhardkapelle in Luzern
Schweiz

In Luzerner Leonhardskapelle wird rund um die Uhr gebetet

In der Leonhardskapelle in Luzern gibt es seit 13 Jahren die Eucharistische Anbetung. Eine der 200 freiwilligen Beterinnen ist Rosa Wirz aus Emmen. – Dies ist ein Beitrag zur Serie «Glaube volksnah». 

Vera Rüttimann

In der kleinen Leonhardkapelle, die sich an der nördlichen Seite der Gräberhallen bei der Luzerner Hofkirche befindet, brennt Licht. Immer, Tag und Nacht. Andächtig sitzen hier Menschen in den Bänken. Ihre Blicke sind auf den Altar im Chorraum gerichtet, wo eine Monstranz mit Hostie ausgestellt ist. Hier ist für für Katholikinnen und Katholiken Christus gegenwärtig.

An diesem Ort wird die alte katholische Tradition der ewigen Anbetung gepflegt, jeweils durchgehend von Montagabend, 18.15 Uhr, bis Sonntagmorgen, 7.45 Uhr, während insgesamt 134 Stunden. Eine der Beterinnen, die sich immer wieder stundenweise einfindet, ist Rosa Wirz aus Emmen.

«In der Hostie ist Jesus»

«Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt», heisst es im Johannesevangelium (Kapitel 1, Vers 14). Diesem Satz ist Rosa Wirz schon als Kind begegnet. Aufgewachsen ist sie im luzernischen Zell, einer ländlichen Gegend, wo der Katholizismus tief verankert ist. Wirz erinnert sich an viele Kirchgänge und Prozessionen an hohen kirchlichen Feiertagen, die übers Land führten. Die langen Gottesdienste waren für die heute 75-Jährige nie langweilig. «Ich wusste schon als Kind, dass in der Hostie Jesus ist», sagt sie.

«So etwas kriegt man nicht mit dem Silbertablett serviert.»

Rosa Wirz

Das, was sie das «Geheimnis des Glaubens» nennt, habe sie sich erarbeiten müssen. «So etwas kriegt man nicht mit dem Silbertablett serviert», sagt sie. Schon früh begann sie, sich mit den Sakramenten auseinanderzusetzen. «Als mein Vater im Sterben lag und die letzte Ölung erhielt, habe ich mich gefragt: Was ist das, was den Glauben so stark macht?»

Später habe sie realisiert, dass sie mehr wissen wollte über ihren Glauben. Sie machte Exerzitien und las viel. Sie pilgerte in den Ranft hinunter zur Klause des Heiligen Niklaus von Flüe, der 20 Jahre lang einzig von der Eucharistie gelebt haben soll.

Als sie 2007, ein Jahr nach ihrer Pensionierung, zur Gruppe der Eucharistischen Anbetung stiess, konnte sie diese Praxis näher kennen lernen. Die Gruppe wurde 2006 vom Priester René Sager initiiert. Als dieser Menschen suchte, die mitbeten und ihn unterstützen wollten, fühlte sich auch Rosa Wirz angesprochen.

Rosa Wirz
Rosa Wirz

Sie übernahm bald einzelne Stunden in der Leonhardkapelle. Den Flyer von damals mit dem Titel «Anbetung in Luzern, etwas für mich?» hat sie bis heute aufbewahrt. Die Rentnerin begann bald, in ihrem Umfeld andere für die stundenweise Anbetung zu gewinnen. «Ich habe ein Ja erhalten von Leuten, von denen ich es nicht erwartet hätte», freut sie sich.

Über 200 Freiwillige haben sich mittlerweile eingeschrieben und übernehmen eine volle Gebetsstunde an einem bestimmten Wochentag tagsüber oder nachts.

«Wenn ich das nicht kann, dann ist abends irgendetwas nicht perfekt.»

Rosa Wirz

Einige übernehmen auch eine Gebetswache von 23 Uhr bis 5 Uhr morgens. Kann jemand nicht kommen, so verpflichtet sich der oder die Betende, für Ersatz zu sorgen.

Mystische Momente

Rosa Wirz geht jeden Tag zum Beten in die Kirche. «Wenn ich das nicht kann, dann ist abends irgendetwas nicht perfekt», erzählt sie beim gemeinsamen Spaziergang Richtung Hofkirche. Sie steuert zum Gebet gern Luzerns markanteste Kirche an. Und immer wieder die gegenüber liegende Leonhardkapelle.

Während das Allerheiligste ausgesetzt ist, muss sich mindestens eine Person in der Kapelle befinden – und das ist an diesem Abend erneut die Emmerin. «Ich geniesse es, wenn ich alleine oder nur mit wenigen Leuten bei einer Anbetung bin. Das hat für mich dann oftmals etwas Mystisches», sagt sie. Sie singt gern, und so stimmt sie mit «Rise up» allein vor der Monstranz eines ihrer Lieblingslieder an.

Erklären, wo es Not tut

Nicht alle verstehen, was in dieser kleinen Kapelle vor sich geht. Selbst in ihrem familiären Umfeld nicht. «Eine Frau sagte mir einmal: ‘Was ihr hier tut, das ist Götzendienst.’ Ich antwortete ihr: Jetzt müssen wir reden!» Sie habe ihr erklärt, dass sie den Inhalt anbete, also Jesus, nicht aber das goldene Drumherum.

Ewige Anbetung in der Leonhardkapelle in Luzern.
Ewige Anbetung in der Leonhardkapelle in Luzern.

Rosa Wirz kommt nicht nur wegen des ausgesetzten Allerheiligen hierher, sondern auch wegen der Stille. Meist ist nur das Knarzen der Bänke zu hören. Oder das Quietschen der Türen, wenn Besucher den Weg hierher finden. Die Stille wird jeweils nur mittwochs um 15 Uhr unterbrochen, wenn gemeinsam mit den Anwesenden der sogenannte Barmherzigkeits-Rosenkranz* gebetet wird.

«Das macht mich hoffnungsfroh.»

Rosa Wirz

Ebenso am Freitagabend, wenn die Lobpreisstunde mit Gebet und Gesang stattfindet. Dass nicht wenige hierher kommen, um neue Kraft zu schöpfen oder um etwas zu bitten, zeigt das gut ausgefüllte Fürbittbuch, das Rosa Wirz dem Gast zeigt.

Es geht weiter

Nach dem Gebet trifft Rosa Wirz draussen ein junges Paar aus dem Umfeld der Adoray-Bewegung, das sich bereit erklärt hat, hier eine Stunde zu beten. Rosa Wirz freut sich, dass sich unter die zahlreichen freiwilligen Beter und Beterinnen immer wieder junge Leute mischen. «Das macht mich hoffnungsfroh, dass es hier weiter geht», so Rosa Wirz.

* Der Barmherzigkeitsrosenkranz ist ein Rosenkranzgebet, das auf Visionen der polnischen Ordensfrau Faustyna Kowalska zurückgeht.

Ewige Anbetung in der Leonhardkapelle in Luzern | © Vera Rüttimann
14. September 2019 | 10:57
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Eucharistische Anbetung

Die Eucharistische Anbetung ist eine liturgische Gebetsform der katholischen Kirche. Im Mittelpunkt steht der gegenwärtige Leib Christi (das so genannte Allerheiligste), welcher in Form einer gewandelten Hostie anbetend verehrt wird. Der Priester oder Diakon setzt eine gewandelte Hostie in die Monstranz ein und stellt diese auf den Altar. Hier wird das Allerheiligste von den Gläubigen durch Gebete, Hymnen oder stille Anbetung verehrt.

Eucharistische Anbetung kann – wie in Luzern – von freiwilligen Gläubigen durchgeführt werden. Ausserdem gibt es kontemplative Klöster, in denen die Anbetung rund um die Uhr praktiziert wird. Auch in der Stadt Freiburg gibt es eine Gruppe, die in einer Stadtkriche die eucharistische Anbetung pflegt. (sys)