Mario Grech sieht sich scharfer Kritik ausgesetzt
Schweiz

In Bern treffen sich Weltkirche und Lokalkirche – und verstehen sich nicht

Kardinal Mario Grech besucht die Schweiz, um über den Synodalen Prozess zu sprechen. Die Weltkirche kommt zur Lokalkirche. Es zeigt sich einmal mehr: Die Schweizer Anliegen und die der Universalkirche sind nicht die gleichen. Besonders deutlich wird dies einmal mehr an der Frauenfrage.

Annalena Müller

Am Dienstag trifft in Bern das «Who is who» der Schweizer Kirche mit Kardinal Mario Grech, dem Generalsekretär der Bischofssynode, zusammen. Für den Kardinal stehen im synodalen Prozess nicht die politischen Fragen im Zentrum, sondern die Neu-Evangelisierung. Einmal mehr wurde deutlich: Die Schweizer Anliegen und die der Universalkirche sind nicht die gleichen.

Rom in Bern

Mit eindringlichen Worten wendet sich Kardinal Grech an die geladenen Gäste. In der Rotonda hinter der Dreifaltigkeitskirche haben sich Vertreter und Vertreterinnen der Bistümer und der Staatskirche eingefunden, um über den synodalen Prozess zu sprechen. Vor Ort sind neben den Schweizer Synodalen Helena Jeppesen-Spuhler, Bischof Felix Gmür und Claire Jonard der oberste Synodale des Vatikans: Kardinal Mario Grech.

Kardinal Grech hofft auf Neu-Evangelisierung
Kardinal Grech hofft auf Neu-Evangelisierung

Dessen Rede sorgt bei einigen Gästen für Überraschung. Synodalität ist für den Kardinal ein Schritt in einem grösseren Prozess. Am Ende gehe es um Neuevangelisierung: «Eine synodale Kirche sein, um eine bessere Kirche zu sein und das Evangelium zu predigen», das sei das Ziel. Daher solle man sich nicht mit Fragen wie Privilegien und theologischen Grundsatzdiskussionen aufhalten, sondern sich aufs Wesentliche konzentrieren und wieder eine spirituelle Gemeinschaft werden.

Universalkirche versus Schweizer Basis

«Das klang etwas nach Predigt», räumt Helena Jeppesen-Spuhler ein. «Aber ich verstehe, was er meint. Die Kirche hat ein Glaubwürdigkeitsproblem wegen all der Krisen. Das müssen wir lösen – in dem wir synodal werden – erst dann kann die Kirche wieder glaubwürdig die frohe Botschaft verkünden.»

«Das ist doch keine Marketing-Kampagne.»

Mentari Baumann, Allianz Gleichwürdig Katholisch

Andere Teilnehmenden finden klarere Worte. «Floskelhaft und austauschbar» sei der Vortrag des Kardinals gewesen, sagt Luc Humbel, «an den Bedürfnissen der Kirche Schweiz vorbeigehend». Eva-Maria Faber findet es problematisch, «wenn man in unserer Gesellschaft evangelisieren soll, ohne sich vorher zu verändern. Wir sind gerade kein Vorbild», sagt die Theologieprofessorin und bezieht sich unter anderem auf das Demokratiedefizit in der Kirche, die Frauenfrage und die Missbrauchskrise.

Kardinal Grech und Helena Jeppesen-Spuhler in Bern
Kardinal Grech und Helena Jeppesen-Spuhler in Bern

Auch Mentari Baumann von Allianz Gleichwürdig Katholisch hätte sich mehr gewünscht. Mit dem Begriff «Evangelisierung» hadert sie im allgemeinen. Aber auch ganz konkret findet sie die Idee, dass Synodalität zu Evangelisierung führen soll, problematisch: «Das ist doch keine Marketing-Kampagne».

Frauenfrage zeigt Entfremdung

Im zweiten Teil des Programms geht es um die spezifischen Erwartungen der Schweizer Kirche an den Synodalen Prozess. Bei der Frauenfrage zeigt sich die Entfremdung zwischen Rom und Bern am deutlichsten.

«In einer Gesellschaft, in der Frauen und Männer gleichberechtigt sind, ist es nicht nachvollziehbar, dass Frauen in der Kirche von Ämtern ausgeschlossen sind.»

Priorin Irene Gassmann, Kloster Fahr

Irène Gassmann richtet das Wort direkt an Kardinal Grech: «Die Kirche hat massiv an Glaubwürdigkeit verloren. In einer Gesellschaft, in der Frauen und Männer gleichberechtigt sind, ist es nicht nachvollziehbar, dass Frauen in der Kirche von Ämtern ausgeschlossen sind.» Gassmann fordert konkrete Schritte und Massnahmen zur Gleichberechtigung.

Frauen im Saal entnervt

In seiner Antwort räumt der Kardinal ein, es brauche «weitere theologische Reflexionen um zu erkennen, wo Räume sind, in denen Frauen Beiträge zur Kirche machen können.» auf seine Antwort reagieren vor allem die Frauen im Saal entnervt.

Besuch von Kardinal Mario Grech in Bern: Priorin Irene Gassmann fordert Gleichberechtigung.
Besuch von Kardinal Mario Grech in Bern: Priorin Irene Gassmann fordert Gleichberechtigung.

Eine Anwesende fragt den Kardinal: «Was legitimiert die Kirche, Frauen von bestimmten Ämtern auszuschliessen?» Der Kardinal verweist auf die die katholische Theologie, welche nur die Weihe von Männern zulasse. Seufzen und Kopfschütteln aus dem Publikum.

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Auch die anderen grossen Themen der Schweizer Kirche – Regionalisierung und Demokratisierung –  werden an der Basis anders verstanden als in Rom. Der Nachmittag zeigt, es ist ein Prozess der unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Und ob diese bis Oktober auf gleiche Höhe kommen, scheint unsicher.


Mario Grech sieht sich scharfer Kritik ausgesetzt | © Bernard Hallet
19. März 2024 | 17:27
Lesezeit: ca. 3 Min.
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