Das Berner Rathaus mit der christkatholischen Kirche Peter und Paul.
Schweiz

Countdown: Sistiert Bern die Gelder an die katholische Kirche?

Das Berner Kantonsparlament entscheidet ab nächster Woche, ob die Gelder weiterhin an die Landeskirchen fliessen. Laut einem Vorstoss sollen die Staatsgelder an die katholische Kirche als Druckmittel für die Missbrauchsaufarbeitung sistiert werden. Ein anderer Vorstoss verlangt, dass die Unternehmenssteuern an die Kirchen fortan freiwillig sein sollen.

Regula Pfeifer

In der Frühlingssession vom März wird einerseits ein Vorstoss behandelt, der die Kantonsbeiträge mit den Bemühungen der Landeskirchen gegen sexuelle Übergriffe koppelt, andererseits einer gegen die geltende Pflicht der Unternehmen, Kirchensteuern zu zahlen.

Druck auf Kirche ausüben

Den Vorstoss zur Missbrauchsthematik hatte der Grünliberale Tobias Vögeli im letzten September eingebracht. Er verlangt, dass die Subventionen an die katholische Kirche so lange einzufrieren, bis diese ein tragfähiges Schutzkonzept gegen Übergriffe vorlege. Konkret sollen die Kirchgemeinden dem Kanton erst Schutzkonzepte vorlegen, bevor sie staatliche Gelder erhalten.

Der Berner Grossrat Tobias Vögeli will die kantonalen Zahlungen an die katholische Kirche einfrieren.
Der Berner Grossrat Tobias Vögeli will die kantonalen Zahlungen an die katholische Kirche einfrieren.

Der Kanton Bern habe in der Missbrauchsaufarbeitung eine historische Verantwortung, begründete Vögeli seinen Vorstoss gegenüber kath.ch. Denn bis 2020 waren Seelsorgende der Landeskirche vom Kanton angestellt. Ausserdem befand er, dass der Kanton jede Institution prüfen müsse, die er massgeblich subventioniert. Die katholische Kirche unterstützt der Kanton Bern mit jährlich 12 Millionen Franken.

12 Millionen Franken sistieren?

Vögeli verlangt, dass diese 12 Millionen Franken sistiert werden, um die Kirche zur Missbrauchsaufarbeitung zu drängen. Der Regierungsrat hat diesen Vorstoss inzwischen zur Ablehnung empfohlen. Dass der Regierungsrat sage, er könne die Gelder aus rechtlichen Gründen nicht sistieren, bezeichnete Vögeli im kath.ch-Interview als «politische Bankrotterklärung». Der Berner Kantonsrat wird voraussichtlich nächste Woche definitiv darüber befinden.

Die Berner Grossräte Carlos Reinhard (FDP) und Tobias Vögeli (GLP) haben beide Motionen zu Kirchengeldern eingegeben.
Die Berner Grossräte Carlos Reinhard (FDP) und Tobias Vögeli (GLP) haben beide Motionen zu Kirchengeldern eingegeben.

Der FDP-Mann Carlos Reinhard seinerseits will, dass die Kirchensteuern für Unternehmen freiwillig werden. Im Gespräch mit kath.ch begründete er seinen Vorstoss im Kantonsrat mit der Gleichberechtigung. So sollen nicht nur Privatpersonen entscheiden können, ob sie Mitglied der Kirche sein wollen, sondern auch Unternehmen.

Unternehmenssteuer fortan freiwillig?

Gemäss seinen Angaben geht es um jährlich 40 Millionen Franken, welche die Unternehmen – konkret die juristischen Personen – an die drei Landeskirchen in der Form einer obligatorischen Steuer abliefern. Es gehe ihm nicht um die Abschaffung der kirchlichen Unternehmenssteuer, betonte Reinhard gegenüber kath.ch. Vielmehr ermögliche die Freiwilligkeit – und der damit verbundene Wettbewerb – den Kirchen, sich zu bewegen.

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Diesen Vorstoss hat der Berner Regierungsrat zur Annahme empfohlen. Definitiv entscheiden darüber werden auch hier die Kantonsparlamentarier, in der März-Session. Einen ähnlichen Vorstoss hatten die Parlamentarier 2015 deutlich verworfen, wie das «Bieler Tagblatt» schreibt.

Im Herbst wird Grundsatzfrage debattiert

In der Herbstsession entscheidet das Kantonsparlament schliesslich darüber, ob die drei Landeskirchen Leistungen «im gesamtgesellschaftlichen Interesse» erbringen. Je nachdem, wie der Grosse Rat diese Leistungen bewerten werde, werde er die Kantonsbeiträge in derselben Höhe belassen oder aber senken, schreibt das «Bieler Tagblatt».

Ihren Bericht dazu haben die Landeskirchen bereits publiziert unter dem Titel «Die Landeskirche ist mehr, als du glaubst». Drei Viertel ihres Gesamtumsatzes würden sie für Leistungen im Interesse der Gesellschaft ausgeben, zitiert das «Bieler Tagblatt» die Landeskirchen. Ausserdem leisteten kirchliche Freiwillige Arbeit von rund 400 Vollzeitstellen, insbesondere für Engagements im sozialen Bereich. Hinzu kämen bedeutende Aufträge seitens der Kirchen an Firmen – etwa im Gastro- oder Baubereich.


Das Berner Rathaus mit der christkatholischen Kirche Peter und Paul. | © Annalena Müller
26. Februar 2024 | 11:04
Lesezeit: ca. 2 Min.
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