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International

Immer mehr Kirchenvertreter in Nicaragua landen im Gefängnis

Innerhalb weniger Tage hat das sozialistische Regime von Machthaber Daniel Ortega einen weiteren missliebigen Bischof und einen Generalvikar festnehmen lassen. Weitere Festnahmen von Kirchenvertretern könnten folgen.

Tobias Käufer

In Nicaragua ist laut lokalen Medienberichten am Donnerstag erneut ein wichtiger Vertreter der katholischen Kirche festgenommen worden. Wie das Portal «100% Noticias» meldete, handelt es sich um Generalvikar Carlos Aviles aus der Erzdiözese Managua. Damit befinden sich nun mehrere ranghohe Kirchenvertreter des Landes im Gefängnis oder in Polizeigewahrsam.

Karfreitagsprozession vor der Kathedrale von Managua, Nicaragua, 7. April 2023
Karfreitagsprozession vor der Kathedrale von Managua, Nicaragua, 7. April 2023

Aviles hatte zuletzt immer wieder die Angriffe der sandinistischen Regierung auf die katholische Kirche in Nicaragua kritisiert. «Ich habe noch nie so eine Willkür erlebt. Es werden kontinuierlich Rechte verletzt», wurde er jüngst von einem spanischen Kirchenmagazin zitiert.

Kirchenvertreter seien Teufel

Die Festnahme des Generalvikars erfolgte kurz nach einer Verbalattacke von Vizepräsidentin Rosario Murillo, Ehefrau des linksgerichteten Machthabers Daniel Ortega. In den von der Familie Ortega kontrollierten staatlichen Medien schimpfte sie, Kirchenvertreter seien «Teufel, die Hass in der nicaraguanischen Gesellschaft säen». Es gebe Menschen, die mit teuflischen Worten und Gefühlen vom Glauben sprächen – und selbst echte Teufel seien, so Murillo.

Daniel Ortega, der Machthaber von Nicaragua.
Daniel Ortega, der Machthaber von Nicaragua.

Um die Weihnachtstage wurde zudem Bischof Isidoro del Carmen Mora Ortega aus der Diözese Siuna von der Polizei in Gewahrsam genommen. Er soll sich in einer Predigt hinter den bereits inhaftierten und verurteilten Bischof Rolando Alvarez gestellt haben. Inzwischen ist es üblich, dass Polizisten bei Gottesdiensten von Bischöfen oder prominenten Priestern in Nicaragua auf den Kirchenbänken Platz nehmen und im Falle von regierungskritischen Äusserungen tätig werden.

Kirche vollständig auslöschen

Mit der Festnahme des zweiten Bischofs nehmen die Spannungen zwischen Kirche und Regierung des mittelamerikanischen Landes weiter zu. Das Regime geht seit Jahren gezielt gegen die Kirche, aber auch gegen Nichtregierungsorganisationen vor.

Bischof Rolando Alvarez betete vor seinem Haus. Mittlerweile sass er im Gefängnis. Jetzt wird er vom Ortega-Regime abgeschoben in den Vatikan.
Bischof Rolando Alvarez betete vor seinem Haus. Mittlerweile sass er im Gefängnis. Jetzt wird er vom Ortega-Regime abgeschoben in den Vatikan.

Das Vorgehen gegen die Kirche diene dem Ziel, die «Stimme und sogar die Präsenz der Institution zum Schweigen zu bringen und vollständig auszulöschen», sagte der im US-Exil lebende Ex-Präsidentschaftskandidat Felix Maradiaga kürzlich der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Wegen ihres moralischen Gewichts sei sie ein Hindernis für die Pläne des Ortega-Clans, der eine dynastische Diktatur errichten wolle.

Bischof Alvarez sitzt weiter in Haft

Im August 2022 wurde Bischof Alvarez, der als einer der schärfsten Kritiker des sozialistischen Ortega-Regimes gilt, verhaftet, nachdem seine Residenz schon Tage zuvor von Polizisten belagert worden war und er Gottesdienste nur noch über Internet und Radio öffentlich hatte lesen können.

Msgr. Rolando Jose Alvarez Lagos, Bischof von Matagalpa
Msgr. Rolando Jose Alvarez Lagos, Bischof von Matagalpa

Die Regierung warf dem Bischof vor, gewalttätige Gruppen zu «Hassverbrechen» angestiftet zu haben – mit dem Ziel, Nicaragua zu destabilisieren. Im Februar 2023 verurteilte ein Gericht Alvarez per Schnellverfahren wegen Ungehorsams, Untergrabung der nationalen Integrität und weiterer Delikte zu einer Haftstrafe von 26 Jahren.

Kirche gewährte Demonstranten Schutz

Die Behörden entzogen ihm überdies die nicaraguanische Staatsbürgerschaft. Alvarez weigerte sich danach, mit mehr als 200 weiteren politischen Gefangenen in die USA abgeschoben zu werden. EU und USA fordern ebenso wie zahlreiche Menschenrechtsorganisationen die Freilassung des Bischofs, der inzwischen laut Umfragen eine der populärsten Figuren Nicaraguas ist.

Proteste in Nicaragua – hier Archivaufnahmen von 2018.
Proteste in Nicaragua – hier Archivaufnahmen von 2018.

Die schwere innenpolitische Krise in Nicaragua begann bereits 2018, als Pläne für Steuererhöhungen und Rentenkürzungen eine landesweite Protestwelle auslösten. Die Regierung liess die Demonstrationen mit brutaler Gewalt niederschlagen. Pfarrer und Bischöfe öffneten ihre Kirchen, um Demonstranten Schutz zu gewähren. (kna)

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Werbung für den Ortega-Clan (2018) in Nicaragua. | © Tobias Käufer/KNA
30. Dezember 2023 | 12:00
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