Norbert Lüdecke, Silvia Strahm Bernet und Doris Strahm haben den Herbert Haag-Preis 2024 erhalten.
Schweiz

Herbert Haag-Preis würdigt Engagement für Aufklärung und Freiheit im biblischen Sinne

Ein Anwalt der Aufklärung und zwei feministische Theologinnen haben am Sonntag in Luzern den Herbert Haag-Preis für Freiheit in der Kirche erhalten. Mehrere hundert Gäste waren in die Lukaskirche gekommen, um Norbert Lüdecke sowie Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet zu applaudieren.

Magdalena Thiele

Die diesjährige Verleihung des Herbert Haag-Preises stehe unter dem Motto «Aufarbeiten und aufdecken – aufklären und aufbrechen», sagte der Präsident der Herbert Haag-Stiftung für die Freiheit in der Kirche, Odilo Noti, zu Beginn seiner Begrüssung. Die reformierte Lukaskirche, nahe dem Luzerner Hauptbahnhof gelegen, war gut gefüllt an diesem sonnigen Sonntagnachmittag. Auch das vielleicht ein Zeichen von Aufbruchsstimmung.

Die Verleihung des Herbert Haag-Preises fand in der Lukaskirche Luzern statt.
Die Verleihung des Herbert Haag-Preises fand in der Lukaskirche Luzern statt.

Der Herbert Haag-Preis wird jährlich vergeben an Personen, Publikationen und Institutionen, die sich für Freiheit und Menschlichkeit innerhalb der Kirche einsetzen.

Glasklare Darstellung des Kirchenrechts

Er verstehe sich als Anwalt eben dieses Aufklärungsgedankens, erklärte der deutsche Kirchenrechtler Norbert Lüdecke am Rande der Preisverleihung. «Ich sehe meine Aufgabe darin, zu beschreiben, was ist. An die Reformfähigkeit der Katholischen Kirche glaube ich allerdings nicht».

Norbert Lüdecke, Kirchenrechtler.
Norbert Lüdecke, Kirchenrechtler.

Der 65-jährige emeritierte Professor für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn erhalte die Auszeichnung für seine «glasklare Darstellung des katholischen Kirchenrechts», sagte Laudatorin und Stiftungsratsmitglied Irmtraut Fischer, selbst Professorin für Altes Testament am Institut für alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Karl-Franzens-Universität Graz.

Lüdecke habe sich stets einer «pastoralen Weichzeichnung» eines Rechts widersetzt, «das keine individuellen Grundrechte kennt und letztlich ein politisches Recht ist, dessen Auslegung und Anwendung unkontrollierbar in den Händen der katholischen Hierarchie liegt».

Hotspot der feministischen Theologie

Als weitere Preisträgerinnen wurden die Theologinnen und Schwestern Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet für ihre Aufklärungsarbeit im Bereich der feministischen Theologie geehrt. Laudatorin Ute Leimgruber, ebenfalls Stiftungsratsmitglied der Herbert Haag-Stiftung und Professorin für Pastoraltheologie und Homiletik an der Universität Regensburg, würdigte sie als «Pionierinnen der feministischen Theologie in der Schweiz». Die beiden Theologinnen hätten das Land zu einem Hotspot auf diesem Gebiet gemacht.

Die beiden Preisträgerinnen Doris Strahm (l.) und Silvia Strahm Bernet.
Die beiden Preisträgerinnen Doris Strahm (l.) und Silvia Strahm Bernet.

Im Podcast «Laut und Leis» von kath.ch erzählen die Strahm-Schwestern ausführlich über ihre Pionierarbeit und wie der frühe Tod des Vaters den Anstoss dazu gegeben hat.

Freiheit contra Antimodernismus

Mit der Wahl der Preisträgerinnen und Preisträger anerkenne die Herbert Haag-Stiftung deren jahrzehntelangen Streit für Aufklärung, Aufdeckung, Aufarbeitung und Aufbruch, der dem Freiheitsbegriff und dem Selbstverständnis der Stiftung entspreche, sagte Odilo Noti.

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Dann fügte er hinzu, der Freiheitsbegriff im Stiftungsnamen sei kein bürgerlich-liberales Postulat, sondern stütze sich auf ein biblisches Verständnis von Freiheit als Antithese zum Katholizismus des Antimodernismus. Diese Freiheit sei bedroht und brauche besonderen Schutz – ebenso wie die Aufklärung und die Emanzipation. Dazu hätten Norbert Lüdecke sowie Doris Strahm und Silvia Strahm Bernet in besonderer Weise beigetragen.


Norbert Lüdecke, Silvia Strahm Bernet und Doris Strahm haben den Herbert Haag-Preis 2024 erhalten. | © Franca Pedrazzetti / Herbert Haag-Stiftung
4. März 2024 | 16:00
Lesezeit: ca. 2 Min.
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