Herbert-Haag-Preis für «Kirche mit den Frauen» und Gleichstellungsinitiative

Luzern, 29.8.16 (kath.ch) Der Herbert-Haag-Preis 2017 steht unter dem Motto «Für eine Kirche mit den Frauen». Das gleichnamige Pilgerprojekt wird zusammen mit den Initianten der Kirchlichen Gleichstellungsinitiative beider Basel ausgezeichnet, ausserdem zwei ausländische Ordensfrauen, die mit Lehrverboten bestraft wurden.

Gleich vier Preisträger hat die Herbert-Haag-Stiftung dieses Jahr ausgewählt, die sich «für Freiheit und Menschlichkeit innerhalb der Kirche einsetzen» und deswegen «Zeichen der Zeit» sind, wie die Stiftung am Montag mitteilt. Dabei stehen bei allen vier Preisträgern Frauen im Fokus.

Zu den Ausgezeichneten zählt das Projekt «Für eine Kirche mit den Frauen». Die neunköpfige Gruppe – acht Frauen und ein Mann – war im Frühling dieses Jahres unter grossem Medienecho von St. Gallen nach Rom gepilgert. Sie überbrachten Papst Franziskus das Anliegen, dass Männer der Kirche in Zukunft nicht mehr ohne Frauen über deren Rolle in der katholischen Kirche entscheiden sollen. Am 2. Juli feierten die Initianten zusammen mit 500 angereisten Personen einen Gottesdienst im Petersdom. Mit dabei waren die Bischöfe Felix Gmür (Basel) und Markus Büchel (St. Gallen) sowie Abt Urban Federer (Einsiedeln). Die Pilgergruppe übergab hier Markus Büchel einen Brief zuhanden des Papstes, in welchem das Anliegen formuliert wurde.

Mit Volksinitiative zum Frauenpriestertum

Einen Schritt weiter in ihren Forderungen gingen die Basler Initiantinnen und Initianten der Kirchlichen Gleichstellungsinitiative, die ebenfalls zu den Preisträgern gehören. Sie haben versucht, mittels einer Volksabstimmung dem Frauenpriestertum einen Schritt näher zu kommen. Dank ihrem Engagement steht nun in den Verfassungen der kantonalkirchlichen Körperschaften beider Basel, dass diese den zuständigen kirchlichen Amtsträgern das Anliegen der gleichberechtigten Zulassung zum Priesteramt, unabhängig von Zivilstand und Geschlecht, unterbreiten sollen.

Die Vertreter der kantonalkirchlichen Körperschaften haben am 1. Juli ein entsprechendes Schreiben bei der vatikanischen Glaubenskongregation in Rom deponiert.

Die Debatte darüber, ob mit Berufung auf die Religionsfreiheit zu Recht auf die Geschlechtergleichstellung verzichtet werden kann oder ob dies nicht vielmehr eine Diskriminierung darstelle, sei mit diesem Verfassungszusatz im schweizerischen Kontext neu akzentuiert worden, schreibt die Stiftung.

Lehrverbot für feministische Theologinnen

Die Stiftung zeichnet weiter die kroatische Ordensfrau Jadranka Rebeka Anic und die spanische Ordensfrau Mercedes Navarro Puerto aus. Beide befassen sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit mit der Unterordnung der Frauen in Familie, Gesellschaft, Politik und Kirche. Sie zeigten auf, dass falsche Berufung auf Bibel und Kirchenpraxis zur Diskriminierung der Frauen beigetragen habe, so die Mitteilung, mit Folgen für Kirche und Gesellschaft.

Anic,  Schulschwester vom Heiligen Franziskus, habe sich unter anderem mit der Klärung der Begriffe «Gender» und «Genderideologie» und deren Verwendung in der Kirche befasst. Puerto forschte über Frauen in der Bibel sowie über feministische Theologie, Gewalt und Sexismus.

Beiden Frauen sei die Lehrerlaubnis für katholische Hochschulen und Universitäten entzogen worden. Unterstützt von ihren Ordensgemeinschaften engagierten sie sich jedoch weiterhin für ihr Anliegen.

Die Preisverleihung findet am 19. März 2017 im Hotel Schweizerhof in Luzern statt. Der Preis «für Freiheit und Menschlichkeit in der Kirche» wurde gestiftet von Herbert Haag (1915-2001), Professor für Altes Testament an der Universität Tübingen. Mit dem Preis werden Personen und Institutionen ausgezeichnet, die sich für Freiheit in der Kirche einsetzen. Er wird seit 1985 jährlich verliehen und ist mit 10’000 Franken dotiert. Frühere Preisträger sind etwa das Haus der Religionen in Bern (2016), der Jesuit Klaus Mertes (2014),  Walter Kirchschläger, Professor für Neues Testament an der Universität Luzern (2011). (sys)

 

Die neun Rompilgerinnen und Pilger | © 2016 Adrian Müller
29. August 2016 | 12:06
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