Kirche mit* auf dem Weg in den Petersdom
Schweiz

«Eine Kirche mit den Frauen» feiert im Petersdom – auch ohne den Papst

Rom, 3.7.16 (kath.ch) Am Samstag, 2. Juli, fand das Pilgerprojekt «Für eine Kirche mit den Frauen» in Rom seinen offiziellen Abschluss. Auch wenn Papst Franziskus nicht erschien, zeigte die Anwesenheit der Schweizer Bischöfe Felix Gmür und Markus Büchel sowie Abt Urban Federer dennoch, dass das Anliegen in der Schweizer Kirche auf Gehör stösst.

Sylvia Stam

«Das ist eine grosse Sache, sie sind organisiert», sagt der Vatikan-Polizist in sein Funkgerät. Die Rede ist von den gegen 500 Pilgerinnen und Pilgern, die gerade den Sicherheitscheck passiert haben. Nun warten sie in der brütenden Nachmittagshitze auf den Zugang zur Heiligen Pforte der Barmherzigkeit. Doch erst müssen sie über Anzahl und genaue Grösse ihrer Transparente Auskunft geben.

In einem Schweigemarsch sind sie zuvor von der Engelsburg her zum Petersplatz gelaufen. Voran ein Kreuz mit dem Signet des Jahrs der Barmherzigkeit, wie es alle Pilgergruppen bekommen. Selbst mitgebracht hatten sie Transparente mit der Aufschrift «Eine Kirche mit den Frauen» in allen vier Landessprachen.

Einzug im Petersdom

Diese müssen nun auf Anweisung des Polizisten jedoch eingerollt und zusammen mit den Wanderstöcken abgegeben werden. Langsam bewegt sich die grosse Schar auf die unscheinbare Heilige Pforte zu, die in den Petersdom führt. Als sie drinnen singend durch den abgesperrten Mittelgang laufen, ziehen sie für Momente alle Augen und Kameras der Besucher auf sich.

Es ist ein bewegender Moment. Die Pilgerinnen und Pilger, die am 2. Mai von St. Gallen aufgebrochen waren, sind endlich am Ziel und ziehen gemeinsam mit Hunderten Gleichgesinnter in den Petersdom ein.

Schon am Vormittag war die Schar durch Rom gezogen und hatte in zwei Kirchen Halt gemacht: «Wir sind berührt, bewegt, den Tränen nahe», sagte Esther Rüthemann, Mitglied des dreiköpfigen Kernteams, bei ihrer Begrüssung in der Kirche Santa Maria del Popolo. «Die Reise hat uns dünnhäutig gemacht», ergänzte Franz Mali, der als einziger Mann und Priester die ganze Strecke gelaufen war.

Ein Blitzgedanke Gottes

Initiantin Hildegard Aepli erinnerte an ihre Eingebung, die zu diesem Projekt geführt hatte: «Der erste Gedanke war mir unangenehm», sie habe die Strapazen und das schwierige Thema der Frauen in der Kirche gescheut. Doch die vielen Türen, die sich dem Projekt öffneten, liessen sie dranbleiben. «Der Blitzgedanke war kein Hirngespinst, er war ein Gedanke Gottes: Die Zeit ist reif, die Charismen von Frauen für die Kirche zu nutzen!», sagte sie mit fester Stimme.

Mit standing ovations würdigten die Anwesenden die neun Personen, die von St. Gallen nach Rom gelaufen waren. Applaus bekamen aber auch die vielen angereisten Gruppen: Eine Delegation des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes mit seiner neuen Präsidentin Simone Curau-Aepli, Frauen aus dem Südtirol, erkennbar an leuchtend grünen Foulards, eine Delegation der Katholischen Frauenbewegung Österreich, Vertreterinnen und Vertreter der Landeskirchen sowie zahlreiche Sympathisantinnen und Sympathisanten.

Angereist waren ausserdem die Franziskanerin Margareta Gruber, Vallendar (D), Jeremias Schröder, Missionsbenediktiner St. Ottilien (D), Mauro Jöhri, Schweizer Generalminister des Kapuzinerordens, Wilhelm Krautwaschl, Bischof von Graz (A), sowie Christian Haidinger, Abtpräses der österreichischen Benediktinerkongregation.

Gmür: «Haltet durch!»

In der Kirche Santa Maria sopra Minerva sprach der Basler Bischof Felix Gmür zu den Pilgerinnen und Pilgern. Katharina von Siena, die in dieser Kirche begraben liegt, habe auch Kirchenmänner beraten. Wie sie sollten auch die Pilgerinnen und Pilger «ganz praktische Vorschläge machen», so Gmür. Die Frauen sollten nicht warten, bis sie gefragt würden, ermutigte der Bischof die Anwesenden. Und erinnerte daran, dass nicht das Beginnen belohnt werde, sondern das Durchhalten. «Danke, dass Sie durchhalten. Ich werde mich auch bemühen durchzuhalten», versprach Gmür.

Brief an den Papst

Im Petersdom schliesslich, der dritten Kirche an diesem Tag, wird nach dem Einzug gemeinsam Messe gefeiert, umrahmt von Alphornklängen und vielstimmigem Chorgesang. Hier wird auch das Schreiben verlesen, das dem Papst übergeben werden soll: «Wir bitten Sie, in den Institutionen des Vatikans und in gesamtkirchlichen Entscheidungsprozessen dafür zu sorgen, dass künftig Frauen mitwirken, mitgestalten und mitentscheiden können», heisst es darin. «Wir bitten Sie, entsprechende Ermutigungen und Weisungen auch für die Ortskirchen zu geben». Noch während der Messe legt Hildegard Aepli den Brief zusammen mit symbolischen Gegenständen in eine Kiste und übergibt diese Bischof Markus Büchel.

Langer Atem nötig

«Ich habe die Kiste bereits einem Kapuziner gegeben, der sie Mauro Jöhri weitergeben wird», verrät Büchel abends gegenüber kath.ch. Der Schweizer Generalminister der Kapuziner und Präsident der weltweiten Union der Ordensoberen, der in Rom wohnt, bürge dafür, dass sie dem Papst persönlich übergeben werde.

Dennoch können sich einige der Angereisten einer gewissen Enttäuschung nicht erwehren, dass der Papst nicht persönlich erschienen ist: «Er hätte doch wenigstens einen Stellvertreter schicken können!», meint eine Frau aus St. Gallen. Andere pflichten Hildegard Aepli bei, die zum Abschluss der Messe sagte: «Es braucht einen langen gemeinsamen Atem. Halten wir weiterhin durch!» (sys)

Kommentar zum Abschlussgottesdienst: Der Weg ist noch weit

 

Kirche mit* auf dem Weg in den Petersdom | © Sylvia Stam
3. Juli 2016 | 08:40
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Abt Urban und Priorin Gassmann in Rom

«Ich bin nach Rom gekommen, um zu sagen: Habt keine Angst vor dem Zusammensein von Frauen und Männern!» sagt Urban Federer, Abt der Klöster Einsiedeln und Fahr. Für ihn sei dieses Zusammensein Alltag, er sei jede Woche einmal in Fahr.

Auf seine Rolle als Abt beider Klöster angesprochen, meint der Benediktiner: «Ich bin der Abt, aber im Alltag leitet die Priorin das Kloster.» Eine Änderung habe er auch schon vorgeschlagen, aber das hätte rechtliche Konsequenzen, da das Land des Klosters Fahr dem Kloster Einsiedeln gehöre. «Wichtig ist aber, dass wir ein gutes Miteinander pflegen».

Irene Gassmann, Priorin des Benediktinerinnenklosters Fahr, ist die letzten zwei Wochen mitgepilgert.  Um nach Rom zu gelangen, hat sie viel auf sich genommen. Blasen an den Füssen und das intensive Zusammensein in der Gruppe haben ihr zugesetzt: «Ich habe Stabilitas (Ortsgebundenheit, Anm. d. Red.) gelobt, ich bin offensichtlich nicht zur Pilgerin berufen!», so Gassmann.

Auf ihr Verhältnis zum Kloster Einsiedeln und seinem Abt angesprochen, meint sie: «Mit Abt Urban spreche ich auf Augenhöhe.» Dennoch fragt sie sich, ob sie sich in Zukunft vermehrt engagieren soll in Richtung der Frage, «was die Stellung von uns Frauen in Fahr im Verhältnis zu den Mitbrüdern in Einsiedeln ist.» (sys)