Helena Jeppesen-Spuhler
Schweiz

Helena Jeppesen: «Wir bekennen uns zum Umbau der hierarchischen Kirche»

Die Weltsynode 2023 in Rom ist Geschichte. Erstmals waren auch Laien und Frauen dabei. Eine davon ist Helena Jeppesen-Spuhler. In der neuen Folge des Podcasts «Laut + Leis» gibt sie Einblicke hinter die Kulissen und spricht über die Rolle der Frauen, das Fehlen der jungen Menschen und über den Papst.

Sandra Leis

Knapp vier Wochen lang hat die Weltsynode in Rom über Reformen der römisch-katholischen Kirche debattiert. Herausgekommen ist ein fast 40-seitiges Abschluss-Dokument, das die Ergebnisse zusammenfasst.

Ergebnisse? Es sind Empfehlungen, denen man anmerkt, dass die Delegierten um jedes Wort gerungen haben. «Das Dokument ist ein Kompromiss, in dem alle drängenden Fragen zur Diskussion gestellt werden», sagt Helena Jeppesen-Spuhler vom Hilfswerk Fastenaktion.

Die Synodalen haben abgestimmt - das Abschlusspapier ist da.
Die Synodalen haben abgestimmt - das Abschlusspapier ist da.

Die Schweizerin ist eine der zehn europäischen sogenannten «Nicht-Bischöfe», die vom Papst an die Weltsynode berufen und eine der 54 Frauen, die erstmals zugelassen wurden.

Dieselben Themen wie 1972

Die Zulassung für Laien und Frauen ist für die Bischöfe und Kardinäle zweifelsohne ein grosser Schritt; für viele Gläubige allerdings eine Selbstverständlichkeit.

Man kann es niemandem verargen, wenn er oder sie jetzt Taten statt Worte verlangt. Denn bereits die Synode 72 in der Schweiz diskutierte über die Themen Frauenpriestertum, Pflichtzölibat, Regionalisierung und Umgang mit sexuellen Minderheiten.

Das Wichtigste: Umstellen auf Synodalität

Diesen faktischen Stillstand bedauert auch Helena Jeppesen. Auf die Frage, welche Ergebnisse die Weltsynode vorweisen könne, antwortet sie: «Das Wichtigste ist, dass die Weltkirche auf Synodalität umstellen will. Damit bekennen wir uns dazu, dass die hierarchische Kirche umgebaut werden muss.»

Helena Jeppesen-Spuhler
Helena Jeppesen-Spuhler

Gefordert wird Partizipation auf allen Hierarchiestufen: Das heisst, selbst der Papst soll künftig keine einsamen Entscheide mehr fällen können.

Druck fürs Frauendiakonat der ganzen Welt

Das zweitwichtigste Ergebnis ist für Jeppesen die offene Diskussion zur Rolle der Frau in der katholischen Kirche. «An dieser Synode wurde erstmals offen über den Zugang der Frauen zu allen Ämtern gesprochen.»

Insbesondere die Frage nach dem Frauendiakonat sei sehr intensiv diskutiert worden. «Da gab es sehr viel Unterstützung aus allen Teilen der Welt und auf allen Hierarchiestufen. Ich glaube, da werden nächstes Jahr Entscheide gefällt.»

Frauenpriestertum und LBGTQ fehlen

Anders sieht es bei der Frage aus, ob Frauen eines Tages auch Priesterinnen werden können. Der Begriff «Frauenpriestertum» kommt wie auch LGBTQ im Abschluss-Dokument überhaupt nicht vor.

Puncto Frauenpriestertum sind neue Aussagen von Papst Franziskus bedeutsam. Sie sind in einem auf Spanisch veröffentlichten Interviewbuch enthalten, das während der Synode auch auf Italienisch erschienen ist. Darin unterstreicht der Papst die kirchliche Lehre, wonach Frauen nicht Priesterinnen werden können.

Papst Franziskus hält eine Ansprache.
Papst Franziskus hält eine Ansprache.

Dazu sagt Helena Jeppesen diplomatisch: «Ich traue Papst Franziskus einen Lernprozess zu, auch wenn das Frauenpriestertum bei ihm keine Priorität hat.»

Dezentrale Entscheide dringend nötig

Damit der Umbau der hierarchischen Kirche gelingen kann, brauche es dezentrale Entscheide, ist Jeppesen überzeugt. «Das heisst, dass zum Beispiel Zentralafrika beim Pflichtzölibat etwas anderes entscheiden kann als Europa.»

An der abschliessenden Synode im nächsten Jahr müsse die Frage geklärt werden, welche Themen künftig regional geregelt werden und welche Entscheide die Weltkirche fällt.

Wer 2024 auch dabei sein soll

Grosse Erwartungen liegen also auf der Synode 2024. Bei der Auswahl der Synodalen müsse nachgebessert werden, sagt Jeppesen.

Helena Jeppesen-Spuhler: «Damit der Umbau der hierarchischen Kirche gelingen kann, braucht es dezentrale Entscheide.»
Helena Jeppesen-Spuhler: «Damit der Umbau der hierarchischen Kirche gelingen kann, braucht es dezentrale Entscheide.»

«Die jungen Menschen müssen unbedingt rein, und es müssen auch Vertreterinnen und Vertreter der queeren Gruppierungen und der Missbrauchsbetroffenen-Verbände hinein.»

Der Papst hat genickt

Bei all diesen Wünschen, Empfehlungen und Forderungen ist zu beachten: Die Weltsynode hat eine beratende Funktion – was umgesetzt wird, entscheidet der Papst.

Helena Jeppesen hat ihn erlebt und auch persönlich mit ihm über den synodalen Prozess gesprochen. «Ich habe ihm gesagt, dass ich es für ein wichtiges Zeichen der katholischen Kirche halte – heute in einer Welt, die viele autoritäre Herrscher kennt –, dass die katholische Kirche genau das Gegenteil macht: Sie versucht, Hierarchie abzubauen.» Der Papst habe genickt und gesagt: «Vielen Dank für Ihre Mitarbeit.»

Helena Jeppesen-Spuhler | © Sandra Leis
3. November 2023 | 17:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
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