Reinhard Schulze, Islamwissenschaftler
Schweiz

Grosse Islam-Serie (II): Professor Schulze, hat Mohammed den Koran selbst geschrieben?

Bern, 3.2.15 (kath.ch) In unserer Serie vom Montag, 2. Februar, bis Samstag, 7. Februar, antwortet Reinhard Schulze, Islamwissenschaftler an der Universität Bern, täglich auf drängende Fragen zum grossen Buch der Muslime. Heute Teil 2: Die Rolle des Propheten Mohammed.

Sylvia Stam

Was steht über Mohammed im Koran?

In vier späten Versen wird Mohammed als Namensträger der Offenbarung enthüllt: Auf ihn war die Offenbarung herabgestiegen und er sei nur der Gesandte Gottes. An allen anderen Stellen wird Mohammad namentlich nicht genannt. Hingegen richtet sich der Koran immer wieder an Mohammed in der Form, dass dieser aufgefordert wird, eine Offenbarung auszusprechen. Über sein Leben selbst wird im Koran kaum berichtet; erst später werden Gelehrte versuchen, Ereignisse aus der Biographie des Propheten mit bestimmten koranischen Aussagen in Verbindung zu bringen.

Wer ist Mohammed?

Nach muslimischem Verständnis ist Mohammed der letzte Prophet und Gesandte des einen Gottes, Künder der koranischen Offenbarung. Zudem gelten auch die Überlieferungen über seine Aussagen und über seine eigene Lebenspraxis als eine der Quellen der islamischen Religion.

Hat er den Koran selber geschrieben?

Muslimische Gläubige verstehen den Koran als die letzte, abschliessende, wörtliche Selbstoffenbarung des einen Gottes, die etwa zwischen 610 und 632 nach Christus dem Propheten Mohammed mitgeteilt wurde. Diese wurden schon zu seinen Lebzeiten mündlich und wohl zum Teil auch schriftlich überliefert und dann unter dem Kalifen Uthman gegen 650 kodifiziert.

Was heisst «offenbart»?

Das Wort Gottes wurde dem Propheten durch eine Offenbarung eingegeben, sodass er in sich selbst das Wort Gottes vernommen hat und aussprechen konnte. In der islamischen Tradition wurde der Prozess der Eingebung unterschiedlich konkretisiert, als Wachtraum, als Einschreibung ins Herz, als Eingebung nach einem Glockenschlag oder anderem kündenden Laut, als Mitteilung durch einen Engel in Menschengestalt (v.a. Gabriel), als Mitteilung durch einen Engel in dessen wahrer Gestalt oder als direkte Mitteilung Gottes.

Mohammed war also der letzte Prophet. Wer waren denn die früheren Propheten?

In erster Linie handelt es sich um biblische Propheten. Es werden insgesamt etwa 17 Propheten genannt, die auch in der Bibel erwähnt werden, so Abraham, Mose, Noah, Lot, Aaron, Elija, Isaak, Jonas, Hennoch, Jakob, Jesus, Johannes, Zakariya, David, Elisha, Hiob und Josef.. Auf diese Weise ist der Koran sehr stark mit dem alten und auch mit dem neuen Testament verbunden. Neben diesen biblischen Propheten werden auch Gottesgesandte genannt, die auch an nicht in der Bibel erwähnte Gemeinschaften gesandt worden sind, zum Beispiel an mythische arabische Völker wie die Ad, die Leute von Madyan oder die Thamud.

Welche Rolle spielen diese biblischen Propheten im Koran?

Die Erzählungen über die biblischen Propheten dienen in erster Linie der Erinnerung daran, wie sich Menschen gegenüber früheren Gottesgesandten versündigt haben; zugleich haben sie die Aufgabe, die Rechtmässigkeit des letzten Propheten zu künden, indem dieser in eine Kette von Propheten gestellt wird. (sys)

Vorschau:

Mittwoch, 4. Februar: Welche Rolle spielen Jesus und Maria im Koran?

Bisher erschienen:

Montag, 2. Februar: Der Koran und der Weltuntergang. 

 

Reinhard Schulze, Islamwissenschaftler | © Screenshot SRF
3. Februar 2015 | 12:30
Lesezeit: ca. 2 Min.
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