Mitte November 2021 auf einer Baustelle der zweiten Gotthardröhre: Ein Mineur hält die Statue der heiligen Barbara während der Einsegnung durch den Priester (Mann mit der grünen Stola).
Schweiz

Gottesdienst und Böllerschüsse: Mineure und Sprengstoffentschärfer feiern die heilige Barbara

Am 4. Dezember ist Barbara-Tag. Ihre Schutzheilige feiern vor allem Bergleute, aber auch Sprengstoffarbeiter. Am Samstag leitet der ehemalige Generalvikar Martin Kopp einen Gottesdienst für Mineure am Gotthard. Frühmorgens jagen Sprengstoffentschärfer am Zürcher Flughafen sieben Böllerschüsse in die Luft.

Barbara Ludwig

Am 4. Dezember feiern Gotthard-Mineure aus Italien und Portugal in Göschenen UR einen Gottesdienst zu Ehren ihrer Schutzheiligen. Geleitet wird die Barbara-Feier vom früheren Generalvikar für die Urschweiz Martin Kopp. Weil die Arbeiter alle katholisch seien, gebe es eine Eucharistiefeier und keinen ökumenischen Gottesdienst, erklärt Kopp.

«Im Kanton Uri wird immer irgendwo gebohrt.»

Martin Kopp, Priester

Für den Urner Priester haben Barbara-Feiern Tradition. Kopp feiert fast jedes Jahr in der Region einen Gottesdienst zum Gedenken an die Schutzpatronin der Bergleute. «Im Kanton Uri wird immer irgendwo gebohrt.»

Martin Kopp, ehemaliger Generalvikar für die Urschweiz
Martin Kopp, ehemaliger Generalvikar für die Urschweiz

Die Mineure, die Kopp am Samstagvormittag treffen wird, arbeiten an der sogenannten zweiten Röhre. Diese entsteht seit Ende September zwischen Göschenen und Airolo TI. Der Tunnel soll dereinst den Strassenverkehr zwischen Nord und Süd aufrechterhalten, wenn der Gotthard-Strassentunnel zwecks Sanierung gesperrt sein wird.

Organisiert wird der Anlass von den am Grossprojekt beteiligten Bauunternehmen. Diese sind in der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) «secondo tubo» zusammengeschlossen.

Schutzpatronin an Bauprojekten dabei

Bei solchen Bauprojekten sei Barbara als Schutzpatronin der Bergleute von Anfang an immer dabei, sagt Carla Rieder, kaufmännische Assistentin der ARGE «Secondo tubo» und Mitorganisatorin der Feier. Dies gehöre zur Tradition.

Mitte November ist ein Teilprojekt des Tunnels in Angriff genommen worden. Vor Baubeginn sind laut Rieder drei Statuen der Schutzpatronin durch einen Priester eingesegnet und in ihre jeweilige Nische gestellt worden.

Zirka 100 Meter unter Tage

Zum Gottesdienst vom 4. Dezember sind das Bundesamt für Strassen (Astra), die Bauleitung, Geologen und die Mitarbeiter der am Projekt beteiligten Firmen eingeladen. Rieder betont aber: «Den Gottesdienst organisieren wir in erster Linie für die Mineure. Für sie ist es sehr wichtig, dass der Barbara-Tag gefeiert wird.» Sie rechnet mit 40 Teilnehmern, in der Mehrheit Mineure aus Italien und aus Portugal. Der Anlass wird in einem Zugangsstollen unweit des Werkhofs Göschenen, zirka 100 Meter unter Tage, stattfinden.

In ihrer Nische: Statue der heiligen Barbara beim Portal des Gotthardtunnels (Eisenbahn)
In ihrer Nische: Statue der heiligen Barbara beim Portal des Gotthardtunnels (Eisenbahn)

Feiern zu Ehren der heiligen Barbara organisiert auch die Marti Tunnel AG. Das Unternehmen baut Strassen- und Eisenbahntunnels. Die Heilige spiele bei allen Untertageprojekten eine wichtige Rolle, teilt Tabea Fankhauser, kaufmännische Assistentin, mit. Dieses Jahr werde auf fünf Baustellen in der Schweiz eine katholische Messe gefeiert.

Walliser Sprengstofffabrik verzichtet auf Gottesdienst

Barbara gilt auch als Schutzheilige der Artillerie. Früher wurde ihr Bildnis häufig auf Waffenlagern und Pulvermagazinen aufgestellt. Noch heute ist sie wichtig für Menschen, die beruflich mit Sprengstoffen zu tun haben. So organisiert die im Wallis ansässige Sprengstofffabrik «Société Suisse des Explosifs SA» am 4. Dezember seit Jahrzehnten eine Barbara-Feier für ihre Mitarbeiter.

Dazu gehört normalerweise ein Gottesdienst in der Pfarrkirche von Glis, an dem sich auch ein lokaler St. Barbaraverein beteiligt, mit anschliessendem Apéro und Mittagessen. Im vergangenen Jahr und auch dieses Jahr musste die Barbara-Feier in ihrer üblichen Form coronabedingt abgesagt werden. Dazu habe man sich «als verantwortungsvoller Arbeitgeber schweren Herzens entschieden», teilt die Direktionssekretärin Marianne Williner mit. Stattdessen gebe es nun nur eine kleine interne Veranstaltung im Freien.

Kleines Boden-Feuerwerk am Zürcher Flughafen

Am Zürcher Flughafen gedenken die Sprengstoffentschärfer am 4. Dezember seit über 25 Jahren der heiligen Barbara. Am Anlass nehmen jeweils der Zürcher Entschärfungsdienst und wenige geladene Gäste teil, teilt Stefan Oberlin von der Kommunikationsabteilung der Kantonspolizei Zürich mit.

«In diesem bescheidenen Rahmen wird morgens um sieben Uhr mit einem kleinen Boden-Feuerwerk mit sieben Böllerschüssen gestartet.» Anschliessend gebe es zum Frühstück traditionell eine Suppe mit Wurst. Dabei werde die Geschichte der heiligen Barbara allen wieder in Erinnerung gerufen. «Man dankt ihr für das gute Jahr und bittet auch um ein weiteres unfallfreies Jahr.»


Mitte November 2021 auf einer Baustelle der zweiten Gotthardröhre: Ein Mineur hält die Statue der heiligen Barbara während der Einsegnung durch den Priester (Mann mit der grünen Stola). | © ARGE «secondo tubo»
2. Dezember 2021 | 15:46
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Wer ist die heilige Barbara?

Sie ist eine der populärsten Heiligen. In vielen Kalendern ist der 4. Dezember als Namensfest der heiligen Barbara besonders ausgewiesen. Allerdings ist die historische Existenz der Heiligen ziemlich unsicher. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist der Tag deshalb nicht mehr im offiziellen Festkalender der katholischen Kirche aufgeführt.

Die Tochter des reichen griechischen Kaufmanns Dioskoros lebte der Legende nach in Nikodemien, dem heutigen Izmit in der Türkei, und starb 306 den Märtyrertod. Viele Erzählungen ranken sich um Barbara: So soll sie von ihrem heidnischen Vater, dem reichen Dioskuros von Nikomedia, in einen Turm geschlossen worden sein, weil er auf seine bildschöne junge Tochter eifersüchtig war und sie am Heiraten hindern wollte.

Während der Vater auf Reisen war, liess Barbara sich heimlich taufen. Auf der Flucht vor ihm soll sie durch eine Bergspalte entkommen sein und Unterschlupf bei einem Hirten gefunden haben, der sie schliesslich verriet. Ihr Vater soll sie dem Gericht überantwortet und dann selbst enthauptet haben. Anschliessend wurde er von einem Blitzschlag getroffen. Deshalb wird Barbara mit dem Blitz in Verbindung gebracht, bei Stürmen werden Gebete an sie gerichtet. Aus demselben Grund ist sie die Schutzheilige der Artillerie.

Dargestellt wird die Heilige mit dreifenstrigem Turm, Kelch, Hostie, Schwert oder Fackel. Letzteres, weil Barbara vor ihrer Verurteilung mit brennenden Fackeln gequält worden sein soll.

Seit dem Mittelalter gehört die Heilige auch zu den 14 Nothelfern und wird besonders zum Schutz vor jähem Tod und als Beistand der Sterbenden angerufen. Wegen ihrer Flucht durch eine Felsspalte wird sie auch als Schutzheilige der Bergleute verehrt. (kna)