Protest gegen den Umgang der Kirche mit sexuellem Missbrauch.
International

Erzbistum Köln: Daten aus geschredderter Liste sind nicht weg

Das Erzbistum Köln hat eine Liste mit mutmasslichen Missbrauchstätern geschreddert. Nun wird bekannt: Die Daten sind an anderer Stelle vorhanden. Die Kritik an Kardinal Woelki reisst nicht ab.

Nach Angaben des Erzbistums Köln sind alle Daten aus einer geschredderten Excel-Tabelle mit Missbrauchstätern weiter vorhanden. Der «Kölner Stadt-Anzeiger» zitiert am Samstag aus einer Antwort des Erzbistums, wonach «die körperliche wie auch die digitale Liste nur Daten enthielt, die an anderer Stelle ohnehin und bis heute vorhanden sind». Durch das Schreddern der ausgedruckten und das Löschen der digitalen Liste seien also keine Daten verloren gegangen.

Warum wurden Täterlisten vernichtet?

Wer 2015 die Excel-Liste für Kardinal Rainer Maria Woelki erstellt habe, sei nicht mehr bekannt. Die Original-Akten, aus denen 2015 die Täterliste «herausgefiltert» worden sei, würden «ordnungsgemäss an den dafür vorgeschriebenen Stellen aufgehoben». Die Frage, wie sich die Vernichtung der Täterliste mit Vorschriften zur Archivierung sensibler Dokumente verträgt, habe das Erzbistum als nicht «hinreichend konkret» und damit als nicht «einlassungsfähig» bewertet, so die Zeitung weiter.

Kardinal Rainer Maria Woelki im Mai 2022 in Köln.
Kardinal Rainer Maria Woelki im Mai 2022 in Köln.

Das Erzbistum hatte am Mittwoch auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) bestätigt, dass eine Liste aus dem Jahr 2015 mit den Namen von Priestern, denen sexuelle Gewalt vorgeworfen wurde, geschreddert worden sei, nachdem Kardinal Woelki sie durchgesehen habe. Dieser Schritt sei aus Datenschutzgründen erfolgt.

«Herr Kardinal Woelki hat keine Erinnerung daran, welche Namen überhaupt auf der vor mehr als sieben Jahren eingesehenen Liste standen», hiess es weiter: «Er weiss auch nicht, ob die Liste hinsichtlich der Priester, denen Missbrauch vorgeworfen wurde, vollständig war.» Es habe sich um eine Excel-Tabelle gehandelt, die die Namen der beschuldigten Geistlichen sowie die jeweilige Zahlung an Missbrauchsbetroffene auswies. Informationen zu den konkreten Vorwürfen und zum Verfahrensstand habe das Dokument nicht enthalten.

Keine Massnahmen gegen beschuldigte Priester

Der Erzbischof habe 2015 keine Massnahmen gegen die auf der Liste benannten Personen unternommen, da bereits die Fachstellen des Erzbistums mit den Fällen befasst gewesen seien und die Liste abgearbeitet gewesen sei. «Kardinal Woelki vertraute auf die ordnungsgemässe Arbeit der zuständigen, unabhängigen und qualifizierten Interventionsstelle», so das Erzbistum weiter.

Im Juli war bekannt geworden, dass das Kölner Erzbistum Missbrauchsvorwürfe gegen den früheren «Sternsinger»-Chef Winfried Pilz erst sehr spät an das Bistum Dresden-Meissen weiterleitete, wo der Priester seinen Ruhestand verbrachte. Das Erzbistum sieht darin aber keine Pflichtverletzung durch Woelki, da der Kardinal nicht gewusst habe, dass die Informationsweitergabe unter seinem Vorgänger Joachim Meisner versäumt worden sei. Ob der Name Pilz auf der Liste von 2015 stand, weiss Woelki nach Angaben des Erzbistums nicht mehr. (kna)


Protest gegen den Umgang der Kirche mit sexuellem Missbrauch. | © KNA
27. August 2022 | 12:46
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