Liebfrauen Kirche in Zürich
Schweiz

Eklat: Pfarradministrator in Liebfrauen nicht zum Pfarrer gewählt

Fifty-fifty. 50 Prozent der Stimmen dafür, 50 Prozent dagegen. So endete vor kurzem die Pfarrerwahl in der katholischen Pfarrei Liebfrauen in Zürich. Der zur Wahl stehende Pfarradministrator Martin Scheibli wurde nicht gewählt – obwohl er schon über ein Jahr in der Pfarrei als Seelsorger tätig ist. Er wird sich nicht noch einmal dem Votum der Kirchgemeinde stellen. Ein Nachfolger wird gesucht.

Wolfgang Holz

Keiner kann sich die Nichtwahl zum Pfarrer von Pfarradministrator Martin Scheibli so richtig erklären. Die Pfarrerwahl in der katholischen Pfarrei Liebfrauen am 19. April endete unentschieden. 50 Prozent der in geheimer Wahl abgegebenen Stimmen ergaben ein Ja, 50 Prozent ein Nein, ist von der Pfarrei auf Anfrage von kath.ch zu erfahren.

Seit Januar 2023 in Liebfrauen

Pfarradministrator Martin Scheibli wurde nicht zum Pfarrer gewählt.
Pfarradministrator Martin Scheibli wurde nicht zum Pfarrer gewählt.

Aber warum bloss wurde Martin Scheibli nicht zum Pfarrer gewählt? Seit 1. Januar 2023 hatte er an Liebfrauen seine priesterliche Tätigkeit als Pfarradministrator aufgenommen. Nach dem Abgang von Pfarrer Karber wurde eine Übergangslösung gesucht, die er angenommen hatte. Nun bleibt er noch bis Ende 2024, wie es in einer persönlichen Stellungnahme zur Wahl am 25. April auf der Homepage der Liebfrauen Kirche zu lesen ist.

«Neue Stelle in einer anderen Pfarrei»

«Nach Gesprächen, Nachdenken und Gebet habe ich den Entscheid getroffen, eine neue Stelle in einer anderen Pfarrei anzutreten. Generalvikar Luis Varandas unterstützt den Beschluss und wird die Suche nach einem Nachfolger einleiten», so Martin Scheibli.

Anzeige ↓ Anzeige ↑

Für die Übergabe werde er, sofern notwendig, bis maximal Ende 2024 als Pfarradministrator an Liebfrauen tätig sein. «Der Dienst in dieser Pfarrei hat mir immer grosse Freude bereitet, und ich werde bis zum letzten Tag mit vollem Einsatz für alle da sein. Vielen Dank für die grosse Unterstützung und Euer Gebet in der vergangenen und kommenden Zeit.»

Als Spätberufener zum Priester

Martin Scheibli aus dem Kanton Zürich wurde als Spätberufener 2019 zum Priester geweiht. Das wäre nicht weiter ungewöhnlich, wären da nicht seine beiden Kinder, die inzwischen längst erwachsen sind.

«Ich habe schon früh meine Frau kennengelernt und mit 21 Jahren geheiratet. Mit 23 hatten wir das erste Kind, eineinhalb Jahre später das zweite. Dann wurde bei meiner Frau mit 36 Jahren Krebs diagnostiziert. Nach zehnjähriger Leidenszeit starb sie. Nach ihrem Tod fühlte ich, dass etwas Neues in meinem Leben beginnen sollte. Ich hätte aber nie an eine Priesterberufung gedacht!» sagte Scheibli in einem früheren Interview.

Zuvor Firmenkundenberater in einer Bank

Der 57-Jährige war vor seinem Theologiestudium Firmenkundenberater in einer Grossbank, wie er selber im Forum, dem Pfarrblatt der Katholischen Kirche im Kanton Zürich (18/2018), schrieb. «Gott hat mir während Exerzitien die Berufung zum Priestertum ins Herz gelegt», heisst es dort weiter. Theologie studierte Scheibli in Chur und Lugano. «Ich danke Gott, dass es in der katholischen Kirche die Lebensform des Priesters gibt und dass ich sie leben darf.»

«Die Nichtwahl von Martin Scheibli an der Kirchgemeindeversammlung müssen wir so zur Kenntnis nehmen.»

Thomas Boutellier, Informationsbeauftragter Generalvikariat

Zur nicht vollzogenen Priesterwahl nimmt Thomas Boutellier, Informationsbeauftragter Generalvikariat der Katholischen Kirche im Kanton Zürich, gegenüber kath.ch Stellung.

Thomas Boutellier, Informationsbeauftragter Generalvikariat Zürich
Thomas Boutellier, Informationsbeauftragter Generalvikariat Zürich

«Die Nichtwahl von Martin Scheibli an der Kirchgemeindeversammlung müssen wir so zur Kenntnis nehmen. Allfällige Begleitumstände können wir heute aus rechtlicher Sicht nicht kommentieren, da es noch Abklärungen braucht.»

Gesprächsbedarf

Wenn eine Abstimmung wie die letzte Woche so ende wie diese, so Thomas Boutellier, gebe es immer Gesprächsbedarf, auch zur Frage, warum es so weit gekommen sei. «Es ist uns ein grosses Anliegen, das wir miteinander reden, und nicht übereinander, so wie es sich gehört.»

Für die Frage, wie es nun weiter gehe, sei es noch viel zu früh. Boutellier: «Martin Scheibli wird sich, wie in den Mitteilungen geschrieben, neu orientieren und einen neuen Wirkungsort suchen. Das Generalvikariat ist mit allen Beteiligten im Gespräch und wird, sobald eine Lösung in Sicht ist, diese auch kommunizieren. Aber auch hier kann man nach einer Woche noch nichts Konkretes sagen.»


Liebfrauen Kirche in Zürich | © Liebfrauen
26. April 2024 | 16:15
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!