Ein Herrenhut für den Jungen: Mutter und "Verkäuferin" lachen.
Schweiz

Ein Herrenhut für den Jungen: Gratis-Kleiderbörse für die Flüchtlinge in Teufen

Vom Grillspass direkt zur Gratis-Kleiderbörse: Diesen Weg haben die meisten ukrainischen Flüchtlinge am Mittwoch in Teufen AR genommen. Organisiert hat die Aktion Margrit Bumann von der Frauengemeinschaft Teufen-Bühler.

Regula Pfeifer

Die Festbänke vor der katholischen Kirche Teufen sind um zwei Uhr nachmittags voller Kleider. An jedem Tisch steht eine Frau und ordnet die Sachen oder spricht mit den Anwesenden, quasi eine «Verkäuferin» pro Stand. Doch verkauft wird hier nichts. Die Kleider gehen kostenlos über den Tresen, sprich den Festbank-Tisch. Sie gehen an die ukrainischen Flüchtlinge, die seit einer Woche in Teufen und Umgebung wohnen.

Vom Hügel aus zu sehen: die katholische Kirche Teufen mit Ukraine-Fahne und Kleiderständen davor.
Vom Hügel aus zu sehen: die katholische Kirche Teufen mit Ukraine-Fahne und Kleiderständen davor.

Helferinnen für die Frau im Rollstuhl

Eine Frau im Rollstuhl braucht eine Jacke. Die «Verkäuferin» reicht ihr eine nach der anderen zum Anprobieren. Andere ukrainische Frauen helfen der Rollstuhlfahrerin beim An- und Ausziehen.

Ein etwa 15-Jähriger sucht neue Schuhe. Die Mutter und die «Verkäuferin» beraten ihn. Der Junge zieht seine Turnschuhe aus und probiert. Einige Schuhe sind ihm zu klein. Doch ein feiner Lederschuh passt. Er wirkt gleich etwas älter damit. Und dann entdeckt er noch einen filzenen Herrenhut. Den setzt er sich auf. Die beiden Frauen lachen.

Das Mädchen hat einen Minirock entdeckt.
Das Mädchen hat einen Minirock entdeckt.

Ein Mädchen, ebenfalls im Teenager-Alter, hat einen Minirock entdeckt. Sie hält ihn hoch und schaut ihn prüfend an. Ob er wohl passt? Die «Verkäuferin» an diesem Tisch versucht die Grösse abzuschätzen. Garderoben hat es keine bei dieser improvisierten Gratis-Kleiderbörse. Wer will, kann sich in der Toilette des Pfarreizentrums umziehen. Was aber kaum jemand macht.

In drei Tagen auf die Beine gestellt

Im Pfarreizentrum drin gibt es Kaffee und Süsses – gratis vom Vortag aus der lokalen Bäckerei. Und noch mehr Kleidertische. Und ein Gewusel an Leuten drum herum. An einem von ihnen steht «Verkäuferin» Margrit Bumann. Sie versucht Passendes für jede und jeden zu finden.

Margrit Bumann hat die Gratis-Kleiderbörse in Teufen auf die Beine gestellt.
Margrit Bumann hat die Gratis-Kleiderbörse in Teufen auf die Beine gestellt.

30 Kleidertische seien es insgesamt an dieser Kleiderbörse, sagt sie. Die Vizepräsidentin der Frauengemeinschaft Teufen-Bühler hat den Anlass in drei Tagen aus dem Boden gestampft. Genützt haben ihr dabei das Netzwerk dieses Ablegers des Schweizerischen katholischen Frauenbundes – und eine Facebook-Gruppe von Appenzeller Müttern.

Ware für fünf weitere Börsen

Kleiderbörsen organisieren die Frauen hier ab und zu. Meist aber kostenpflichtige. Die Idee der aktuellen Gratis-Kleiderbörse stamme vom Teufener Diakon Stefan Staub, erzählt sie. Ziel sei, die Gastfamilien zu entlasten mit diesem Gratis-Kleiderangebot, und zwar auch finanziell.

Mit dem bisherigen Resultat ist sie mehr als zufrieden. Sie habe mehr Angebote an Gratiskleidern erhalten, als sie annehmen konnte. «Ich könnte diese Aktion noch fünfmal wiederholen», sagt sie. Auch hiesige Ladenbesitzerinnen seien bereit, einige Kleider abzugeben. Sie nimmt eine grosse Solidarität gegenüber den Flüchtlingen wahr.

Sauber und fein drappiert: Kleiderbörse-Stand von Margrit Bumann
Sauber und fein drappiert: Kleiderbörse-Stand von Margrit Bumann

Margrit Bumann hat das Angebot mit Absicht beschränkt. Und sie hat verlangt, dass für jeden Tisch eine Frau die Verantwortung übernimmt. «Ich will hier kein Puff haben», sagt sie. Die Kleider sollten in gutem Zustand und schön präsentiert daherkommen. Auch das Verschenken soll nach ihrer Ansicht mit Würde geschehen. Auch auf ihrem Tisch ist alles fein sortiert. Ein Teddybär steckt mittendrin.

Ein Herrenhut für den Jungen: Mutter und «Verkäuferin» lachen. | © Regula Pfeifer
17. März 2022 | 17:31
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