Papst Franziskus.
Schweiz

Die Lust am Korrigieren – «Pro Pope Francis» macht hellhörig

Zürich, 25.10.17 (kath.ch) Papst Franziskus polarisiert. Als oberster Repräsentant der weltweiten katholischen Kirche geht das gar nicht anders. Das Ringen um den wahren Glauben gehört zur Kirche und wird nie abgeschlossen sein. Die Formen, mit denen solches Ringen in den vergangenen Wochen zum Ausdruck gebracht wurden, werfen aber Fragen auf. Ein Kommentar von Martin Spilker.

Das war starker Tabak: Priester und Laien werfen Papst Franziskus Häresie vor. Der höchste Katholik soll also die Lehre der katholischen Kirche nicht richtig ausgelegt haben. Der Vorwurf in dem als «Correctio» bezeichneten Dokument bezieht sich auf das Papstschreiben «Amoris laetitia» (Über die Liebe in der Familie). Ein Schreiben, das mit Ehe, Partnerschaft und Sexualität Themen aufnimmt, die in der katholischen Kirche immer wieder für Diskussionen sorgen.

Kritik am Papst war eher aus progressiven Kreisen zu hören.

Doch unabhängig vom Inhalt ist das Vorgehen der wertkonservativen Leute, die hinter der «Correctio» stehen bemerkenswert: Kritik am Papst, das war in den letzten Jahren und Jahrzehnten eher aus sogenannt progressiven Kreisen zu hören. Die Vorgänger von Papst Franziskus mussten und müssen sich bis heute Vorwürfe gefallen lassen, ihre für die Kirche vorgezeigten Wege führten am Volk vorbei. Auch das wurde in manchem Papier festgehalten.

Mit der Aktion «Pro Pope Francis», die Mitte Oktober lanciert wurde, bekommen die öffentlichen Papiere, die an den Papst adressiert sind, eine weitere Form: Im Internet werden Unterschriften gesammelt, die die Solidarität mit dem Papst zum Ausdruck bringen wollen. Die Aktion wendet sich ausdrücklich gegen die Urheber der «Correctio» und will Papst Franziskus ermutigen, seinen eingeschlagenen Weg in der Führung der Kirche fortzuführen.

Wie sind solche Signale für die Kirche zu deuten?

Kritik an Päpsten mit formalen Mitteln hat es im Lauf der Geschichte immer wieder gegeben. Kirchenführer wurden auch schon zum Rücktritt aufgefordert oder gleich abgesetzt. Das zeigt die Geschichte des Papsttums eindrücklich. Die katholische Kirche hat, etwas salopp gesagt, auch diese Wirren überlebt. Somit wird sie auch heute eine offen ausgefochtene Differenz zwischen Papst und einem Teil der Kirche überstehen. Dass darauf mit modernen Kommunikationsmitteln die Solidarität mit dem Kirchenoberhaupt ausgedrückt wird, dürfte auch nicht neu sein. Im Mittelalter gab es einfach noch keine Online-Petitionen.

Wie aber ist das Signal einer solchen Aktion und Gegenaktion für die Kirche in unserer Zeit zu deuten? Gut und schlecht. Gut, weil hier in aller Öffentlichkeit deutlich gemacht wird, dass Konflikte auch mit dem Papst nicht nur hinter verschlossenen Türen ausgefochten werden. Schlecht, weil damit in einer Zeit, in der die Kirche in der Öffentlichkeit sehr kritisch beobachtet wird, Zeichen der Schwäche gesetzt werden.Eine solche interne Auseinandersetzung ist da alles andere als gute PR für die Kirche. Sie dürfte  bei Kirchenkritikern nicht ohne Häme zur Kenntnis genommen werden.

In der Kirche wird gestritten. Das ist nicht neu.

In der Kirche wird gestritten. Das ist nicht neu. Die Art und Weise wie dies – hier von beiden Seiten – an die Öffentlichkeit getragen wird, gibt aber dennoch zu denken. Dem Papst im 21. Jahrhundert «Häresie» vorzuwerfen ist schwer nachvollziehbar. So wie die Kirche sich in einer sich stets wandelnden Gesellschaft verändert, so tut es auch das Papsttum. Da wirkt die Form der «Correctio» heute nicht mehr ganz zeitgemäss . Dem umgekehrt eine Internetpetition entgegenzuhalten, ist aber auch fragwürdig. Es geht ja nicht darum, ein gefährdetes Kulturgut zu schützen oder eine Tierart vor dem Aussterben zu retten.

Der Papst und die Kirchenleitung werden mit der «Correctio» umzugehen wissen und die Pro-Pope-Francis-Initiative wird zur Kenntnis genommen werden. Ein wirklich neuer Schritt wäre es, wenn Gruppen und Organisationen mit unterschiedlichen Meinungen in Kirchen- und Glaubensfragen sich um der Kirche willen um neue Formen des Gesprächs und der Meinungsfindung bemühen würden. Dafür aber brauchen wir nicht auf einen Startschuss aus dem Vatikan zu warten.

Papst Franziskus. | © Oliver Sittel
25. Oktober 2017 | 17:38
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