Bernhard Kotsch ist Botschafter der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl.
Vatikan

Deutscher Botschafter bekräftigt Kritik an Kardinal Kurt Koch

Der deutsche Botschafter am Heiligen Stuhl, Bernhard Kotsch, hat die Kritik an Kurienkardinal Kurt Koch bekräftigt. Die Juristin Charlotte Kreuter-Kirchhof warb in Rom für den Synodalen Weg: Das Reformprojekt sei ein wahrhaft synodaler und zugleich ein geistlicher Weg – und wolle keine Kirchenspaltung.

Bei einer Veranstaltung in der Deutschen Botschaft beim Heiligen Stuhl zitierte Botschafter Bernhard Kotsch den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein. Dieser hatte mit Blick auf die Kontroverse um Kurienkardinal Kurt Koch gegenüber kath.ch erklärt:

Felix Klein ist Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus.
Felix Klein ist Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus.

«Dass der Vergleich mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte herhalten muss, um zu einem innerkirchlichen Konflikt Stellung zu beziehen, ist irritierend. Die so genannten ‘Deutschen Christen’ dienten sich sehenden Auges dem mörderischen nationalsozialistischen Regime an und unterstützten dessen Antisemitismus.»

Kritik an der Analogie des Kardinals

Der Synodale Weg möge zwar «innerkirchlich umstritten sein, doch ist er in seinem Wesen grundverschieden von der durch den Kardinal in seiner Analogie bemühten Verurteilung der ‘Deutschen Christen’». Koch belasse es nicht bei der Kritik am Zeitgeist, «wenn er insinuiert, dass in Deutschland ‘wieder’ etwas geschehe».

Charlotte Kreuter-Kirchhof
Charlotte Kreuter-Kirchhof

Anlass der Veranstaltung war ein Vortrag der deutschen Juristin Charlotte Kreuter-Kirchhof. Sie ist Mitglied des Synodalen Wegs und betonte, das Reformprojekt der deutschen Katholikinnen und Katholiken sei ein wahrhaft synodaler und zugleich ein geistlicher Weg.

Auch Kardinal Anders Arborelius anwesend

Im Publikum sassen Medienschaffende, Studierende, Diplomatinnen und Diplomaten sowie Mitarbeitende der Kurie, des deutschen Synodalpräsidiums sowie der schwedische Kardinal Anders Arborelius. 

Kardinal Anders Arborelius ist Bischof von Stockholm.
Kardinal Anders Arborelius ist Bischof von Stockholm.

In ihrem Vortrag erinnerte Kreuter-Kirchhof daran, dass der Synodale Weg von den Empfehlungen der bundesweiten kirchlichen Missbrauchsstudie in Deutschland im Jahr 2018 angestossen worden sei. Die Reformdebatten zielten darauf ab, die damals von Wissenschaftlern benannten systemischen Ursachen für sexuellen Missbrauch zu beseitigen.

«Wir sind Teil der katholischen Weltkirche»

Die Juristin betonte, der Synodale Weg bewege sich im Rahmen des Kirchenrechts. Seine Beschlüsse hätten keine Gesetzeskraft, allerdings könnten die deutschen Bischöfe viele Reformen unter Wahrung des Kirchenrechts in eigener Regie umsetzen. Andere Neuerungen, die das universale Kirchenrecht tangierten, seien als Bitten an den Papst formuliert.

Mit Nachdruck wandte sich Kreuter-Kirchhof gegen die Mutmassung, die Mehrheit der katholischen Bischöfe und Laien in Deutschland strebe einen nationalen Sonderweg oder eine Abspaltung an. «Wir sind Teil der katholischen Weltkirche und wollen es bleiben», sagte sie. Zudem sei jetzt schon offensichtlich, dass auch in vielen anderen Ländern ähnliche Fragen und Probleme aufgeworfen würden wie in Deutschland.

Ausbalanciertes Machtverhältnis

Zum Thema Macht und Gewaltenteilung merkte die Professorin für Öffentliches Recht an, es gehe dem Synodalen Weg nicht um die Abschaffung der bischöflichen Macht, sondern um ein ausbalanciertes Verhältnis zwischen bischöflicher Autorität und Beteiligung der Laiinnen und Laien.

Der aus St. Gallen stammende Kirchenhistoriker Franz-Xaver Bischof spricht beim Synodalen Weg in Frankfurt.
Der aus St. Gallen stammende Kirchenhistoriker Franz-Xaver Bischof spricht beim Synodalen Weg in Frankfurt.

Ein in der vergangenen Woche geplanter Vortrag der Synodalpräsidentin Irme Stetter-Karp in Rom war kurzfristig abgesagt worden. Der Vortrag Kreuter-Kirchhofs fand während eines mehrtägigen Vatikan-Besuchs der Spitze der Deutschen Bischofskonferenz statt.

Kurt Koch sorgt für Empörung

Die Bischöfe Georg Bätzing und Franz-Josef Bode sowie Generalsekretärin Beate Gilles trafen in der ersten Wochenhälfte mit Vertretern der römischen Kurie zusammen, um den ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im November vorzubereiten. Bei diesem Besuch sollen erstmals die Reformvorschläge des Synodalen Wegs bei offiziellen Gesprächen im Vatikan diskutiert werden.

Georg Bätzing und Kurt Koch bei der Ökumenischen Vollversammlung in Karlsruhe.
Georg Bätzing und Kurt Koch bei der Ökumenischen Vollversammlung in Karlsruhe.

Unklar ist, ob es zu einer Begegnung zwischen Georg Bätzing und Kurienkardinal Kurt Koch kommt. Mit seiner scharfen Kritik am Synodalen Weg und einem Vergleich mit dem Nationalsozialismus hatte Koch letzte Woche für Empörung gesorgt. Daraufhin forderte Bätzing von Koch eine «eindeutige Distanzierung». (cic/rr)


Bernhard Kotsch ist Botschafter der Bundesrepublik Deutschland beim Heiligen Stuhl. | © KNA
5. Oktober 2022 | 05:30
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