Caritas-Tagung Zuwanderung: SVP beleidigt – übrige Parteien hoffen auf Impulse

Zürich, 26.1.15 (kath.ch) Mit «Zuwanderung» betitelt die Caritas ihre nationale sozialpolitische Tagung 2015 vom kommenden Freitag. Kath.ch bat die sechs grossen Schweizer Parteien, der Caritas ihre Vorschläge mit auf den Weg zu geben.

Georges Scherrer

Die Redaktion kath.ch stellte den grossen politischen Parteien in der Schweiz zwei Fragen:

Ist das Thema mit «Zuwanderung» richtig überschrieben oder wäre «Migration» besser. Müsste ein anderer Begriff eingesetzt werden?

Was gibt Ihre Partei der Tagung mit auf den Weg?

 

Die Parteien antworteten (alphabetisch geordnet):

CVP Schweiz

«Wenn an der Tagung hauptsächlich die Problematiken rund um die Einwanderung/Zuwanderung und deren Folgen behandelt werden sollen, dann ist der Titel m.E. schon richtig gewählt. Ist eine generellere Diskussion gewünscht, dann wäre Migration vielleicht treffender.
Die Tagung sollte sich mit der Frage befassen, warum es in der Schweiz so viele Ängste rund um die Zuwanderung gibt und was man tun könnte, um diese Ängste abzubauen.»

FDP Schweiz

«Die FDP benutzt sowohl den Begriff ‹Zuwanderung›, als auch ‹Migration›. Da ja Letzterer im Grunde nur ein Fremdwort für Ersteren ist, scheint es für uns keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen diesen Begriffen zu geben.

Die Zuwanderung ist eines der wichtigsten Themen momentan in der Schweizer Politik. Die FDP befürwortet jede konstruktive und sachliche Diskussion zur Zuwanderung und wünscht Ihnen eine spannende und aufschlussreiche Tagung.»

Grüne

«Migration tönt – auch wenn in Fachkreisen verbreitet – eher technisch. Der Titel Zuwanderung trägt der Tatsache Rechnung, dass seit Jahren viele Menschen in die Schweiz kommen, um hier zu bleiben. Die Schweiz ist ein Einwanderungsland – und wir hoffen natürlich, dass die Tagung herausarbeiten kann, dass dies nicht einfach – wie in den Augen vieler SchweizerInnen – ein Problem ist.

Wenn es gelingt, in der Tagung den Fokus zu richten nicht nur auf die Frage nach der jeweiligen Herkunft, dem «Rucksack» der zugewanderten Menschen, sondern auf die Frage nach einer neuen gemeinsamen Zukunft aller, die neu in der Schweiz leben, dann kann sie etwas Wertvolles zu einer neue Interkultur (im Sinne von Terkessidis’ gleichnamigem Buch) beitragen und die Irrwege der ‹Integrations-Debatte› überwinden.»

Grünliberale

«Wir Grünliberalen stehen zur humanitären Tradition der Schweiz und wollen diese hoch halten.

Unser Land soll auch in Zukunft verfolgten Menschen Sicherheit bieten. Die Grünliberalen sind der Überzeugung, dass unsere Wirtschaft und Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten von der Migration profitierte und auch in Zukunft profitieren wird und ebenso, dass der Zugang zu ausländischen Arbeitsmärkten für viele Schweizerinnen und Schweizer eine Bereicherung darstellt.

Um die begrenzten Ressourcen und Raum den Personen zur Verfügung zu stellen, die an Leib und Leben bedroht sind, bedarf es dringender Verbesserungen bei der Umsetzung der Asylgesetzgebung. Das heisst aber nicht, dass wir Grünliberalen in die allgemeine aufgeheizte Stimmung gegen Ausländer und Asylanten miteinstimmen, sondern wir wollen auch in diesem Dossier sachlich und pragmatisch nach Lösungen suchen. Zum Wohl der Personen, die zu Recht in der Schweiz nach Sicherheit suchen.»

SP Schweiz

«Es kommt auf den Blickwinkel an. ‘Migration’ ist offener und umfasst Wanderungsbewegungen in beide Richtungen und aus beiden Perspektiven, also sowohl Zuwanderung wie auch Abwanderung. Wer von ‘Migration’ spricht, interessiert sich auch für die Ursachen und Gründe (von Abwanderung) und nicht nur für die Folgen (von Zuwanderung). Wer von ‘Zuwanderung’ spricht, nimmt deshalb den Blickwinkel der ansässigen Bevölkerung ein. Leider ist die daraus resultierende Haltung in vielen Fällen skeptisch bis negativ, das Fremde wird oft zu stark betont.

Für die SP bringt Migration sowohl Herausforderungen wie Chancen. Es sind zwei Seiten derselben Medaille, Einwanderung wie Auswanderung. Die Konzentration auf eine Seite wäre eine Einschränkung. Wir bevorzugen in unseren Positionspapieren deshalb den Begriff «Migration»: http://www.sp-ps.ch/sites/default/files/documents/migrationspapier_2012.pdf

Zuwanderung wird von der politischen Rechten heute für alle möglichen Probleme verantwortlich gemacht, die sich oft erst noch widersprechen: Arbeitslosigkeit oder Überhitzung, Zersiedelung auf dem Land oder Wohnungsnot in den Zentren, Lohndumping oder Verdrängung von Hochschulabgängern, Kriminalität oder Sozialtourismus. Kurz: Die zugewanderte Bevölkerung dient der Rechten als Sündenbock für all ihre politischen Fehler der letzten Jahrzehnte.

Wir würden uns wünschen, dass Migration an der Tagung ohne Vorurteile diskutiert wird – weder positiver noch negativer Art. Migration lenkt den Blick auf die Probleme unseres Landes, quasi wie durch ein Vergrösserungsglas: Raumplanung, Arbeitsbedingungen, ÖV, Ausbildung von Fachkräften, gemeinnütziger Wohnraum. In all diesen Bereichen hat die Schweiz ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Und die Migration legt die Folgen schonungslos offen. Doch wichtig ist: An den Problemen, die so zum Vorschein kommen, sind nicht die Migrantinnen und Migranten Schuld sondern die verpassten inneren Reformen der letzten Jahre.»

SVP Schweiz

«Als nicht Eingeladene ist es wohl nicht an uns, der Tagung etwas auf den Weg zu geben.» (gs)

Irakische Flüchtlinge warten auf Ausreise in den Westen | © 2014 Andrea Krogmann
26. Januar 2015 | 11:05
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!

Die Antworten der Parteien

CVP

FDP

Grüne

Grünliberale

SP

SVP