Teilnehmende am Bodensee-Friedensweg 2023
Schweiz

Bodensee Friedensweg: 1000 Franken für Kriegsverweigerer zur Begrüssung

Gut 600 Personen sind an Ostermontag nach Heiden AR gereist – zum Internationalen Bodensee Friedensweg. Im Fokus stand der Ukrainekrieg – und damit verbundene politische Forderungen: Die Schweiz solle auf Waffenproduktion verzichten. Und kriegsabstinente Russen und Ukrainer sollten in der Schweiz ein Begrüssungsgeld erhalten.

Jacqueline Straub

Mit bunten Fahnen und selbstgemachten Plakaten stehen Teilnehmenden des Internationen Bodensee Friedenwegs an der Kirche in Grub AR. Christine Imholz hält eine kurze Begrüssungsrede. Sie ist Teil der Spurgruppe des Bodensee Friedensweg. Seit fast 40 Jahren findet der Friedensweg am Ostermontag statt. Er steht in der Tradition der Ostermärsche. Der Friedensweg wird von einer länderübergreifenden Gruppe aus Deutschland, Österreich und der Schweiz organisiert.

Teilnehmende am Bodensee-Friedensweg 2023
Teilnehmende am Bodensee-Friedensweg 2023

22 Kriege und sechs bewaffnete Konflikte gibt es derzeit auf der Welt, erinnert Christine Imholz. Sie war etliche Jahre in Kolumbien in der Menschenrechts- und Friedensarbeit tätig. Sie weiss, wie schwer es ist, Frieden wiederherzustellen und immer wieder dafür einzutreten.

Christine Imholz
Christine Imholz

Doch nicht nur die Kriege dieser Welt werden angesprochen, auch der weltweite Hunger und die Armut vieler Menschen. «Die Klimaerhitzung zwingt Menschen zur Migration. Klimaerhitzung raubt Lebensraum», sagt Christine Imholz.

Ihr ist es wichtig beim Friedensweg dabei zu sein. «Sei es mit den Füssen, mit Worten oder einem Plakat. So hat man eine Möglichkeit, ein Zeichen für den Frieden zu setzen.» Heutzutage sei es aber schwierig geworden vom Frieden zu sprechen. Man müsse gut überdenken, was passende Aktionen seien, sagt Christine Imholz. So ein Tag unterwegs im Frieden könnten Denkanstösse geben.

Transparente am Bodensee-Friedensweg 2023
Transparente am Bodensee-Friedensweg 2023

In einem Sternmarsch pilgern Menschen von Grub, Wolfhalden und dem Bahnhof Heiden zum Henry-Dunant-Museum. Dort ertönt die «Peace Bell» aus Nagasaki, die in Gedanken an die zerstörerische Wirkung der Atomwaffen steht.

Mehr als 600 Menschen sind zum Internationalen Bodensee Friedensweg gekommen. Viele Grauhäupter sind unter den Teilnehmenden, ein paar Familien. Jugendliche sucht man vergeblich.

Thema erreicht kaum junge Menschen

Zwei junge Männer stehen in der Menschenmasse. Der eine stammt aus Deutschland. Er möchte seinen Namen nicht im Internet lesen. Ihm ist es wichtig, sich ein Bild davon machen, wer hier alles zusammenkommt und wie über Frieden kommuniziert werde. Er unterstützt die Sache und war schon oft auf Ostermärschen. «Trotz der Relevanz des Themas, erreicht es nur noch wenige in meiner Generation», sagt er. Die Medien stellen das Thema Frieden in eine «schwierige Ecke».

Heman Brändli
Heman Brändli

Der andere junge Mann ist Heman Brändli. Er ist 30 Jahre alt und setzt sich seit langem damit auseinander, warum Krieg entsteht. Beim Friedensweg ist er aber zum ersten Mal. «In der Schweiz kennt man Krieg nicht wirklich.» Es gäbe hierzulande kaum Differenzen. «Die Profiteure des Krieges stehen nicht auf dem Schlachtfeld und sterben.» Sein Ziel ist es, sich mit anderen zu vernetzen, um zum Frieden in der Ukraine beizutragen. Wie genau das aussehen mag, lässt es offen.

Schwester Monika Hüppi von den Dominikanerinnen Ilanz
Schwester Monika Hüppi von den Dominikanerinnen Ilanz

Zum Friedensweg kam auch Schwester Monika Hüppi vom Kloster Illanz. Die Dominikanerin ist im Vorstand des Forums für Friedenskultur, das im August eine Friedenskonferenz veranstaltet. «Es ist ganz wichtig, vor allem jetzt, sich für den Frieden einzusetzen.»

Der Internationale Bodensee Friedenweg wird unterstützt vom Bistum St. Gallen und verschiedenen katholischen und evangelischen Kirchgemeinden aus St. Gallen und Appenzell, aber auch aus Süddeutschland und dem Vorarlberg.

Schweizer Waffenindustrie vernachlässigbar

«Ich denke, dass es der Schweiz guttun würde, auf Waffenproduktion und Waffenexporte zu verzichten», sagte Laurent Goetschel, Direktor der Schweizerischen Friedensstiftung und Professor für Politikwissenschaft an der Universität Basel. Er ist sich dessen aber bewusst, dass es politisch ein «relativ aussichtsloses Unterfangen» ist. «Es könnte sich mal ändern.» Er ist der Meinung, dass die Waffenindustrie in der Schweiz wirtschaftlich gesehen, «vernachlässigbar» sei.

Teilnehmende am Bodensee-Friedensweg 2023
Teilnehmende am Bodensee-Friedensweg 2023

Die Schweiz hätte längst die Möglichkeit gehabt, die Oligarchengelder auf Schweizerkonten einzufrieren, sagt Andreas Zumach, Journalist und ehemaliger UN-Korrespondenz in Genf. Er schlägt vor, Menschen, die nicht am Krieg nicht teilnehmen wollen – sowohl Ukrainer als auch Russen – in der Schweiz und anderen europäischen Ländern aufzunehmen und jeden von ihnen ein Begrüssungsgeld von 1000 Franken zu zahlen. «Das wäre ein echter Akt der Unterstützung.»

Krieg wird nochmals eskalieren

«Dieser Krieg wird in den nächsten Monaten nochmals dramatisch eskalieren. Dann werden nochmals viele Millionen Menschen als Geflüchtete zu uns kommen», sagt Andreas Zumach. Er plädiert auch dafür, dass Menschen aus anderen Kriegsregionen «gleich gut aufgenommen werden», wie jene aus der Ukraine und erhält dafür grossen Applaus.


Teilnehmende am Bodensee-Friedensweg 2023 | © Jacqueline Straub
11. April 2023 | 11:55
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