Joseph Bonnemain, Bischof von Chur.
Schweiz

Bischof Bonnemain: «Vitus Huonder war bereit zu sterben»

Joseph Maria Bonnemain hat Vitus Huonder kurz vor dessen Tod in Wangs (SG) besucht. Sein Vorgänger sei «gefasst» gewesen. Wenn es sein Terminkalender erlaubt, will Bischof Bonnemain an Huonders Beerdigung in Ecône teilnehmen. Der Churer Bischof betont: «In der katholischen Kirche gibt es Platz für alle.»

Annalena Müller

Bischof Bonnemain, Sie haben Vitus Huonder in seinen letzten Tagen im Spital und in Wangs besucht. Welchen Eindruck hatten Sie von ihm?

Joseph Maria Bonnemain*: Bischof Vitus Huonder war sich seiner Situation sehr bewusst. Er realisierte, dass eine Heilung nicht mehr möglich war und dass er bald sterben würde. Bischof Vitus Huonder war sehr gefasst und dem Willen Gottes ergeben. Er sagte: «Es ist soweit und ich bin bereit.» Er hoffte, dass es bald so sein werde.

Bischof Huonder wird auf seinen Wunsch nicht in Chur, sondern in Ecône beigesetzt. Werden Sie an dem Begräbnis teilnehmen?

Bonnemain: Das Begräbnis findet bekanntlich beim Sitz der Priesterbruderschaft Pius X. in Ecône statt, wo auch Bischof Marcel Lefebvre begraben liegt. Es war der Wunsch des Verstorbenen.

Erzbischof Marcel Lefebvre, Gründer der Priesterbruderschaft St. Pius X., am 1. Juli 1976 in Econe (Schweiz).
Erzbischof Marcel Lefebvre, Gründer der Priesterbruderschaft St. Pius X., am 1. Juli 1976 in Econe (Schweiz).

«Die Liturgie wird von den Priestern der Priesterbruderschaft Pius X. im alten Ritus gefeiert.»

Das heisst, dass die ganze Liturgie von den Priestern der Priesterbruderschaft Pius X. im alten Ritus gefeiert wird. Ich bin nächste Woche drei Tage an einem internationalen Kongress zur Prävention von sexuellem Missbrauch in kirchlichem Kontext in Wien, wo ich als Vertreter der Schweizer Bischofskonferenz teilnehme. Am nächsten Freitag habe ich eine Priesterweihe in Disentis, deswegen kann es je nach Datum schwierig werden, am Begräbnis im Wallis teilzunehmen. Aber ich werde es auf jeden Fall versuchen.

In Chur wird ein Requiem für Vitus Huonder gefeiert werden, können Sie schon mehr dazu sagen?

Bonnemain: Ich bin im Gespräch mit dem Domkapitel. Das Domkapitel wird zusammen mit dem Diözesanbischof diese Eucharistiefeier zum Andenken an den verstorbenen emeritierten Bischof feiern. Momentan wird alles besprochen und organisiert. Sobald alles feststeht, werden wir das Datum bekannt geben.

Blick auf die Kathedrale Sankt Mariä Himmelfahrt (l.) und das Bischöfliche Schloss (r.)
Blick auf die Kathedrale Sankt Mariä Himmelfahrt (l.) und das Bischöfliche Schloss (r.)

«Wir sollten alle geschwisterlich miteinander umgehen.»

Vitus Huonder war wegen seiner konservativen Ansichten umstritten – dies dominiert auch die Nachrufe, die nun erscheinen. Was geben Sie den Menschen im Bistum Chur mit auf den Weg?

Bonnemain: In diesem Moment ist es mir ein Anliegen zu wiederholen, was ich in den letzten drei Jahren stets versucht habe, zu verkündigen: In der katholischen Kirche gibt es Platz für alle. Wir sollten alle geschwisterlich miteinander umgehen, auch wenn verschiedene Positionen, Ansichten und Überzeugungen aufeinandertreffen. Nur Gott kennt die wahren Beweggründe eines Menschen. Es ist nicht an uns, zu urteilen, sondern den Dialog, die Eintracht und das Verständnis zu fördern. Jeder kann etwas dazu beitragen, weil alles mit einem ersten Schritt beginnt.

*Joseph Maria Bonnemain (75) ist Bischof von Chur und der Nachfolger von Vitus Huonder. Das Interview wurde schriftlich geführt.


Joseph Bonnemain, Bischof von Chur. | © Bistum Chur / Dirk Frischknecht
4. April 2024 | 17:00
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