Rudolf Nussbaumer
Schweiz

«Beigemüse von Iten», Entschuldigung für «Bauernsprache»: Rudolf Nussbaumer poltert weiter

Der Verhaltenskodex des Bistums Chur enthalte «Beigemüse von Iten», kritisiert Dekan Rudolf Nussbaumer auf «Facebook» – und kritisiert erneut die Präventionsbeauftragte Karin Iten. Später bittet er dafür um Entschuldigung. Nun wird bekannt: Im Kanton Schwyz gibt es die Möglichkeit, den Verhaltenskodex mit einer Art Sondervotum oder Dubia zu unterschreiben. Bischof Bonnemain will sich nicht äussern.

Raphael Rauch

Rudolf Nussbaumer sorgt mal wieder für rote Köpfe. Am Donnerstag ist im «Boten der Urschweiz» ein Leserbrief von ihm erschienen, der es in sich hat. 

Kritik am Verhaltenskodex

Der Dekan von Innerschwyz und Pfarrer von Steinen kritisiert hierin den Verhaltenskodex des Bistums Chur und greift die Churer Präventionsbeauftragte Karin Iten direkt an: «Warum lässt man weiterhin die Agnostikerin Iten gewähren?»

Chur hat bereits den Verhaltenskodex zum Umgang mit Macht eingeführt.
Chur hat bereits den Verhaltenskodex zum Umgang mit Macht eingeführt.

Die Priester des Bistums Chur seien sehr wohl für ein Schutzkonzept à la Bistum Basel oder St. Gallen – jedoch gegen einen weitreichenden Verhaltenskodex à la Bistum Chur. Nussbaumer stört sich an «LGBTQ-Zutaten», die der kirchlichen Lehre widersprächen. Entsprechend solle der Verhaltenskodex abgelehnt werden.

Lorenz Bösch baut Rudolf Nussbaumer eine Brücke

Kein Verständnis für diese Haltung hat Lorenz Bösch, Präsident der Kantonalkirche Schwyz. Zugleich kommt er Rudolf Nussbaumer entgegen. «Für die Anstellung von Geistlichen in den Kirchgemeinden des Kantons Schwyz besteht zwischen dem Bistum Chur und der Abtei Einsiedeln eine Vereinbarung», teilt Lorenz Bösch kath.ch mit.

Lorenz Bösch (links) von der Kantonalkirche Schwyz unterschreibt den neuen Verhaltenskodex des Bistums Chur.
Lorenz Bösch (links) von der Kantonalkirche Schwyz unterschreibt den neuen Verhaltenskodex des Bistums Chur.

«Im Geiste dieser Vereinbarung» habe die Kantonalkirche Schwyz zusammen mit dem Generalvikariat der Urschweiz «ein Merkblatt zur Umsetzung des Verhaltenskodex geschaffen und den Kirchgemeinden zur Verfügung gestellt».

Eine Art Sondervotum

Die Vereinbarung sehe vor, dass der «Verhaltenskodex von den Führungspersonen integral unterzeichnet» werde. «Haben Führungspersönlichkeiten grundsätzliche Vorbehalte zu einzelnen Punkten des Kodexes, empfiehlt es sich, in einem Gespräch bei der Unterzeichnung diese Vorbehalte klar festzuhalten. Zentral bleibt die gemeinsame Überzeugung, dass ein positiver und transparenter Umgang mit Macht gepflegt wird und Machtmissbrauch durch Vorsicht und Achtsamkeit vermieden wird.»

Lorenz Bösch ist Präsident der Kantonalkirche Schwyz und gehört zu den Kritikern Loppachers.
Lorenz Bösch ist Präsident der Kantonalkirche Schwyz und gehört zu den Kritikern Loppachers.

Will heissen: Im Kanton Schwyz gibt es die Möglichkeit, das Dilemma konservativer Seelsorgender zu lösen, indem diese ihre Kritik am Verhaltenskodex mit einer Art Sondervotum oder mit Dubia zu Protokoll bringen können. «Wir sind überzeugt, dass dadurch in Einzelfällen akzeptierbare Lösungen gefunden werden können. Ich gehe davon aus, dass sich auch in der Kirchgemeinde Steinen eine Lösung finden lässt», sagt Lorenz Bösch.

Franziska Driessen-Reding: Ich kann Rudolf Nussbaumer nicht ernst nehmen

Kritik am Verhalten Nussbaumers kommt auch aus Zürich. Die Präsidentin des Synodalrats, Franziska Driessen-Reding, sagt zu kath.ch: «Jemand, der unseren vom Bischof und allen Landeskirchen im Bistum Chur gemeinsam erarbeiteten Verhaltenskodex nicht unterschreiben will, kann ich nicht mehr ernstnehmen, weder als Priester, noch als kirchlichen Verantwortungsträger, noch als Mann. Deshalb äussere ich mich nicht zu seinem Leserbrief.»

Noch eine kritische Frau, die selbst beim Papst klare Worte findet: Franziska Driessen-Reding.
Noch eine kritische Frau, die selbst beim Papst klare Worte findet: Franziska Driessen-Reding.

Allerdings hofft Franziska Driessen-Reding, dass Bischof Joseph Bonnemain nun «die richtigen Konsequenzen» zieht. Zugleich stärkt die oberste Katholikin im Kanton Zürich den Präventionsbeauftragten den Rücken: «Ich bin Karin Iten und Stefan Loppacher sehr dankbar. Wir dürfen nichts unversucht lassen, um dem schrecklichen Missbrauch in der Kirche endlich ein Ende zu setzen und müssen alles dafür tun, kirchliche Strukturen zu schaffen, die jede Vertuschung verunmöglichen.»

Bischof Bonnemain will nicht «über die Medien kommunizieren»

Bischof Joseph Bonnemain will sich öffentlich nicht zur Causa Rudolf Nussbaumer äussern. «Auch in dieser Angelegenheit möchte der Bischof das direkte Gespräch mit Pfarrer und Dekan Rudolf Nussbaumer suchen», sagt Sprecherin Nicole Büchel zu kath.ch. «Wie in anderen, ähnlichen Situationen vermeidet Bischof Joseph Maria, mit den Seelsorgenden über die Medien zu kommunizieren.»

Bischof Joseph Bonnemain unterschreibt den neuen Verhaltenskodex am 5. April 2022.
Bischof Joseph Bonnemain unterschreibt den neuen Verhaltenskodex am 5. April 2022.

Derweil feuert Rudolf Nussbaumer die Debatte an. Auf Facebook reagierte er auf einen Kommentar und legte nach: «Selbstverständlich gebe ich Ihnen recht, dass der Kodex verbieten will, dass Kleriker aus eigener Initiative sich ins Sexleben anderer einmischen, was leider – wie Sie sagen – vor allem bei konservativen (Ergänzung: junger übereifriger Priester) die Gefahr ist! Deshalb möchte ich beim Bischof auch erreichen, dass vor allem für Priester der ersten zehn Jahre verpflichtend ein entsprechender Kurs verlangt wird, über den Umgang in der Seelsorge beziehungsweise bei Beichtgesprächen.» 

«Ohne das Beigemüse von Iten»

Ausserdem schrieb Rudolf Nussbaumer: «Dafür reichen jedoch die Schutzkonzepte der Diözesen Basel und Sankt Gallen, ohne das Beigemüse von Iten.»

Später entschuldigte sich Rudolf Nussbaumer für diese Wortwahl. Auf Facebook schrieb er: «Ich entschuldige mich bei allen, wenn ich jemand von Ihnen/euch verletzt haben sollte! Das war nicht absichtlich boshaft. Ich habe in meiner Gemeinde mir die direkte Bauernsprache angewöhnt, wo man aber trotzdem fähig ist, trotz unterschiedlicher Standpunkte miteinander zu feiern. Könnt euch ruhig anmelden: Mein Pfarrhaus war schon immer für alle (ohne Vorbehalt) offen.»


Rudolf Nussbaumer | © Christian Merz
11. Februar 2023 | 00:01
Lesezeit: ca. 3 Min.
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