Unehrenhafte Entlassung: Freiburg wäre ein bitteres Altenteil für Gänswein
Der Vorschlag von Papst Franziskus, Gänswein könne in sein Heimatbistum zurückkehren, kommt einer unehrenhaften Entlassung gleich. In Freiburg gibt es keine Aufgabe für den Erzbischof. Und nach 20 Jahren Dienst steht ihm nur eine bescheidene Vatikan-Rente zu.
Ludwig Ring-Eifel
Wieder einmal hat Papst Franziskus einen ungewöhnlichen Kommunikationsweg gewählt, um Dinge mitzuteilen, die ihm wichtig sind. Er vertraute dem argentinischen Journalisten Joaquin Morales Sola an, dass er 2024 endlich wieder in sein Heimatland reisen will. Morales kennt der Papst seit langem, beinahe jedes Jahr gibt er seinem Landsmann Einblicke in seine Gedanken und Pläne.
Papst kommuniziert Gänsweins Zukunft in Interview
Doch während die Nachricht vom geplanten Heimatbesuch vor allem in Südamerika für Schlagzeilen sorgte, fand in Deutschland und der Schweiz ein Exkurs am Rande des Gesprächs viel Beachtung. Darin ging es um das berufliche Schicksal des langjährigen Privatsekretärs von Papst Benedikt XVI.
Der aus dem Erzbistum Freiburg stammende Erzbischof Georg Gänswein (66) hat inzwischen das private Testament seines Dienstherrn weitgehend vollstreckt. Und wartet nach eigener Auskunft gespannt auf seine künftige Rolle. Franziskus erinnerte im Gespräch mit Morales daran, dass frühere Papstsekretäre in ihre Heimat zurückgekehrt seien. Konkret verwies er auf Stanislaw Dziwisz, der nach dem Tod seines langjährigen Chefs Johannes Paul II. wieder nach Krakau ging.
Situation von Stanislaw Dziwisz und Georg Gänswein nicht vergleichbar
Dass Gänswein in die Fussstapfen dieses Vorgängers tritt, ist jedoch ziemlich unwahrscheinlich: Dziwisz wurde nämlich vom damals neuen Papst Benedikt XVI. im Juni 2005 ganz rasch zum Erzbischof von Krakau ernannt und knapp ein Jahr später zum Kardinal erhoben. Dass Franziskus mit Gänswein Ähnliches vorhaben könnte, gilt als ausgeschlossen – zumal Freiburg mit Erzbischof Stephan Burger (60) einen Erzbischof im besten Alter hat.
Das Vorbild anderer Papstsekretäre taugt ebenfalls nur bedingt. So wurde Loris Capovilla, der Assistent von Johannes XXIII. (1958-1963), vom Nachfolger-Papst Paul VI. zunächst zum Erzbischof von Chietiernannt, vier Jahre später wurde er «Päpstlicher Delegat» für den grossen italienischen Marienwallfahrtsort Loreto und blieb dort bis 1988. Vergleichbares wäre in Deutschland nur in Bayern denkbar, in den anderen Bundesländern darf der Papst laut Konkordat Bischöfe nicht nach eigenem Gutdünken ernennen.
Gänswein in Freiburg: Erzbischof ohne Bistum
Ganz bescheiden ging es zunächst für Pasquale Macchi weiter, der 24 Jahre lang Persönlicher Sekretär von Giovanni Battista Montini war. Montini führte von 1963 bis 1978 als Paul VI. die katholische Weltkirche. Sein Persönlicher Sekretär Macchi ging nach dem Tod des Papstes in seine Heimatpfarrei Varese zurück und betreute dort die Wallfahrtsstätte Sacro Monte di Varese. 1988 übernahm er die Stelle Capovillas in Loreto und wurde zum Erzbischof ernannt.
Doch anders als diese beiden Vorgänger ist Gänswein bereits Erzbischof. Deshalb müsste er, wenn er sich wieder in seinem Heimatbistum Freiburg niederlassen wollte, den dort regierenden
Erzbischof zumindest informieren. Gänswein könnte gegebenenfalls auch seinen Sitz im Freiburger Domkapitel wiederbeleben, der ihm 1994 verliehen wurde.
Nur geringe Rente und keine Kardinals-Privilegien
Interessant ist auch die Frage nach der finanziellen Absicherung. Da Gänswein mehr als 20 Jahre in Diensten des Heiligen Stuhls stand, ist ihm die dortige (bescheidene) Altersversorgung sicher – vermutlich plus einer Aufstockung durch sein Heimatbistum. Hinzu kommen Einnahmen aus seinen Büchern. Möglicherweise kämen noch Honorare für einen Universitätslehrauftrag hinzu, falls der promovierte Kirchenrechtler einen solchen übernehmen würde.
Aber vor alledem ist die Frage zu klären: Kann der Papst Gänswein überhaupt «hinauswerfen»? Die Antwort lautet: Ja, er kann. Da Gänswein das Ruhestandsalter für Vatikanangestellte erreicht hat, kann der Papst das aktive Dienstverhältnis für beendet erklären – zumal der Deutsche seit seiner Ernennung zum «Präfekten des Päpstlichen Hauses» im Jahr 2012 bereits zwei volle Amtszeiten zu je fünf Jahren absolviert hat.
In einem wichtigen Punkt unterscheidet sich Gänswein kirchenrechtlich von einem anderen prominenten deutschen «Frühpensionär» im Vatikan, dem ehemaligen Glaubens-Präfekten Gerhard Ludwig Müller: Ihn stellte Franziskus im Jahr 2017 durch Nichtverlängerung seines Amtes faktisch ausser Dienst, doch blieb Müller Kurienkardinal mit allen Rechten und Pflichten. Gänswein hingegen fehlen der Kardinalsrang und die damit verbundenen Privilegien einer Kardinalswohnung sowie der Teilnahme an Kardinalsversammlungen. (cic)
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