Symbolbild Suizid
International

Angeklagter Ex-Priester wirft sich mit Mutter vor den Zug

Im Elsass hat sich ein ehemaliger Priester am Neujahrstag umgebracht, gegen den ein Verfahren wegen Missbrauchs lief. Kirche und Justiz hätten gegenüber dem vermuteten Sexualstraftäter nicht richtig reagiert, sagt der Strassburger Bischof Luc Ravel laut Medienberichten. Der Fall erinnert an die Causa Christof May im Bistum Limburg.

Der 50-Jährige und seine Mutter (83) hatten sich am Neujahrstag bei Bernoldsheim unter einen Zug geworfen. Das berichtete die Regionalzeitung «Dernière nouvelles d’alsace» am 7. Januar.

Anklage wegen Vergewaltigung

Der Mann war demnach seit sechs Monaten angeklagt wegen Vergewaltigung und sexuellen Übergriffen gegenüber einer Minderjährigen. Die Tat soll sich 2008 zugetragen haben. Der Ex-Priester war von 2003 bis 2009 als Seelsorger am bischöflichen Kollegium Saint-Etienne in Strassburg.

Eine ehemalige Schülerin des Kollegiums hatte im Sommer 2022 Klage gegen den Ex-Priester erhoben. Sie war zur Tatzeit 15 Jahre alt.

Der Ex-Priester war bereits vorbestraft. 2013 verurteilte ihn das Strafgericht in Colmar zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten, weil er im Besitz von Kinderpornografie war. 2014 wurde er aus dem Klerikerstand entlassen.

Erzbischof kritisiert plötzliche Versetzung

Laut Medienberichten hatte es bereits 2009 Hinweise gegeben, dass der Mann online mit Minderjährigen chattete. Er sei dann 2009 plötzlich versetzt und zum Dekan befördert worden sei. Das kritisierte der Erzbischof von Strassburg, Luc Ravel.

Laut Ravel hat auch die Justiz Fehler begangen. Beim Prozess in Colmar seien die Vorkommnisse aus den Jahren 2009 und 2010 nicht berücksichtigt worden – nur spätere. Der Erzbischof will nun – ungeachtet des Todes des Ex-Priesters – «unangenehme Fragen» bezüglich der Verantwortung von Kirche und Staat stellen.

Bei Christof May haben sich Vorwürfe posthum erhärtet

Auch in Deutschland hat vor wenigen Monaten ein Priester Suizid begangen, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen wurden. Christof May (49) schied im letzten Juni aus dem Leben. Er war Leiter des Priesterseminars des Bistums Limburg gewesen. Nach einem persönlichen Gespräch mit seinem Vorgesetzten, Bischof Georg Bätzing, nahm er sich das Leben. Beim Gespräch war es um «Vorwürfe übergriffigen Verhaltens» gegangen. Bätzing hatte May per sofort von allen Ämtern freigestellt, um die Vorwürfe zu klären.

Nach dem Tod Mays setzte das Bistum die Prüfung der Vorwürfe fort, teilt die Limburger Bistumskommunikation auf Anfrage von kath.ch mit. «Die Vorwürfe übergriffigen Verhaltens haben sich dabei erhärtet. Diese Meldungen hätten disziplinarrechtliche Massnahmen für May zur Folge gehabt.» Das Bistum sei mit den von den Übergriffen Betroffenen im Gespräch und stehe mit den früheren Einsatzgemeinden des Priesters in Kontakt. (rp)

Ein Hinweis: Wer Suizidgedanken hat, ist gebeten, sich Hilfe zu holen, etwa bei der Dargebotenen Hand (Telefon 143).


Symbolbild Suizid | © M.E. / pixelio.de
12. Januar 2023 | 07:00
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