Bischof Erwin Kräutler
International

Amazonien-Bischof Kräutler: Mit Bolsonaro kein Dialog möglich

Scharfe Kritik an der Regierung Brasiliens unter Präsident Jair Bolsonaro hat der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie geübt. Das Land verzeichnet laut dem Bischof 400’000 Corona-Tote, die weltweit zweithöchste Zahl an Opfern nach den USA.

Das von Bolsonaro lange Zeit herabgespielte Virus wütet nicht nur in den Städten, sondern auch in den Dörfern Amazoniens. Mehrere indigene Anführer seien verstorben, sagte Kräutler im Interview des Salzburger «Rupertusblattes» (aktuelle Ausgabe).

Brasiliens Bischofskonferenz habe in einem «Brief an das Volk Gottes» auf die Verantwortung der Politik hingewiesen. «Aber Bolsonaro und sein Kabinett scheren sich ziemlich wenig um das, was die Bischöfe hier ansprechen.»

Regierung gegenüber Indigenen «feindlich eingestellt»

Neben Corona gibt es nach den Worten des emeritierten Bischofs von Xingu/Altamira auch andere «Pandemien», die für die Indigenen lebensbedrohlich seien: Deren Lebensraum werde durch die Invasionen der Goldschürfer und illegalen Holzfäller in Amazonien zerstört.

«Wir haben mehrere Völker, bei denen die Lage mittlerweile sehr kritisch ist, weil die Politik nichts oder fast gar nichts unternimmt, um sie zu schützen», beklagte Kräutler. Diese Entwicklung sei «tragisch und kommt doch nicht zufällig». Die Regierung sei den Indigenen gegenüber «absolut feindlich eingestellt». Präsident Bolsonaro wolle von ihnen am liebsten überhaupt nichts wissen, so Kräutler.

«Er weiss alles und lässt keine andere Meinung gelten.»

Erwin Kräutler

Der Bischof zeichnete ein düsteres Bild von der Persönlichkeit des Rechtspopulisten: «Mit ihm kann es eigentlich kein wirkliches Gespräch geben.» Bolsonaro akzeptiere keine Widerrede und sei vollkommen überzeugt, dass nur sein Weg der richtige ist. «Da können Bischöfe kommen oder andere Vertreter des Volkes, das ist ihm egal. Er weiss alles und lässt keine andere Meinung gelten.»

Indigenes Land ist bedroht

Der in Vorarlberg geborene Amazonas-Bischof fürchtet um die bisher durch die Verfassung abgesicherten demarkierten Gebiete der Indigenen – also jenes Land, das ihnen zu ihrer exklusiven Nutzung übergeben wurde. Daran werde nun «massiv gerüttelt», die Regierung wolle die entsprechenden Bestimmungen ändern und Unternehmen das Recht einräumen, unter Auflagen in den indigenen Gebieten arbeiten zu können.

Wenn etwa Bergwerksgesellschaften oder Holzfirmen tatsächlich in die indigene Lebenswelt vordringen dürften, «dann halten sie die Beschränkungen hundertprozentig nicht ein», gab sich Kräutler illusionslos. «Daran gibt es absolut keinen Zweifel.»

Eucharistie weiterhin oft unmöglich

Befragt nach den Auswirkungen der Amazoniensynode und des nachsynodalen Papstschreibens «Querida Amazonia», mit dem Franziskus Anregungen wie die Weihe verheirateter Männer oder das Diakonat der Frau aufgriff, sprach Kräutler von einem «Bruch». Es werde wieder von Priesterseminaren gesprochen «und mit keinem Wort die Möglichkeit des Frauendiakonats oder der verheirateten Priester ins Auge gefasst».

Aber die meisten Bischöfe würden denken: «Das ist nicht das letzte Wort. Man kann das Gespräch und den Dialog über diese Themen, über diese Zukunft nicht mehr stoppen. «Der Priestermangel in Amazonien, der Kräutler zur Forderung nach einer Ausweitung des Zugangs zu priesterlichen Aufgaben veranlasste, sei unverändert. (kap)


Bischof Erwin Kräutler | © Jean-Claude Gerez
8. Mai 2021 | 15:57
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